Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

einer so etwas aussetzen, so darf es nichts Geringes sein; mit diesem guten
Wunsche schließend, behalte ich mir weitere Mittheilungen vor als Ihr
ergebener


P. P.


Ca Stück chauvinistischer PuvlicistiK.

Nachdem die Vorgänge der letzten Wochen in Fülle den Beweis ge¬
liefert haben. daß das französische Gouvernement und seine diplomati¬
schen Agenten als getreue Organe desselben die Zeit für gekommen
halten, in einem Tone zu Preußen und den deutschen Regierungen zu rede",
den kaum ein Ludwig XIV. und Napoleon I. anschlug, obschon diese nur ein
ohnmächtiges Deutschland sich gegenüber hatten, dürften nachstehende Zeilen
nicht unwillkommen sein, wenn sie mit Hinweis auf ein literarisches Product
der letzten Wochen das Auftreten und die Pläne der französischen Diplo¬
matie zu einer Zeit kennzeichnen, wo es sich um eine ähnliche Entscheidung
in den Geschicken der deutschen Regierungen und der Nation handelte.

Das durchaus Preußen feindselige Journal der Revue ach äeux irwväös
brachte unter dem 15. Mai, 1. und Is. Juni von dem Akademiker vue cle
LroZIie einen Artikel, welcher unter dem Titel: "die geheime Diplomatie
Ludwig XV." aus Familienpapteren und den officiellen Aktenstücken des
auswärtigen Ministeriums die Thätigkeit des in officieller und geheimer
Sendung bei dem König von Polen und Kurfürsten von Sachsen beglaubig¬
ten Grafen Broglie in den Jahren vor dem Ausbruch des 7 jährigen Krieges
darlegte und zwar geschieht es mit so offenkundiger, böswilliger Verleum¬
dung der preußischen Politik jener Tage und mit so deutlichem Hinweis auf
die preußische Politik der Zeit seit 1866, als dem getreuen Abklatsch der¬
selben, daß auch in diesen Tagen der Aufregung es sich wohl verlohnt, das
schlechte Machwerk näher zu kennzeichnen, geschehe es auch nur, um einen
weiteren Beleg zu finden, wie unfähig die historische Wissenschaft Frankreichs
für objective Auffassung der historischen Dinge ist, wie der Chauvinismus
selbst die gelehrten Leser bis zum Ekel beherrscht.

Längst war bekannt, daß Ludwig XV. in seiner grenzenlosen Schwäche
aus Mißtrauen gegen seine eigenen Minister zu dem würdigen Mittel griff,
durch geheime Agenten die Politik der französischen Botschafter zu contro-
liren, ja eine neue, oft entgegengesetzte zu beginnen, mochten die Minister
dann sehen, wie sie die officielle Politik des Hofes, die der König im Con¬
seil billigte, durchführten, oder wenn sie Wind von jener geheimen erhielten,


einer so etwas aussetzen, so darf es nichts Geringes sein; mit diesem guten
Wunsche schließend, behalte ich mir weitere Mittheilungen vor als Ihr
ergebener


P. P.


Ca Stück chauvinistischer PuvlicistiK.

Nachdem die Vorgänge der letzten Wochen in Fülle den Beweis ge¬
liefert haben. daß das französische Gouvernement und seine diplomati¬
schen Agenten als getreue Organe desselben die Zeit für gekommen
halten, in einem Tone zu Preußen und den deutschen Regierungen zu rede»,
den kaum ein Ludwig XIV. und Napoleon I. anschlug, obschon diese nur ein
ohnmächtiges Deutschland sich gegenüber hatten, dürften nachstehende Zeilen
nicht unwillkommen sein, wenn sie mit Hinweis auf ein literarisches Product
der letzten Wochen das Auftreten und die Pläne der französischen Diplo¬
matie zu einer Zeit kennzeichnen, wo es sich um eine ähnliche Entscheidung
in den Geschicken der deutschen Regierungen und der Nation handelte.

Das durchaus Preußen feindselige Journal der Revue ach äeux irwväös
brachte unter dem 15. Mai, 1. und Is. Juni von dem Akademiker vue cle
LroZIie einen Artikel, welcher unter dem Titel: „die geheime Diplomatie
Ludwig XV." aus Familienpapteren und den officiellen Aktenstücken des
auswärtigen Ministeriums die Thätigkeit des in officieller und geheimer
Sendung bei dem König von Polen und Kurfürsten von Sachsen beglaubig¬
ten Grafen Broglie in den Jahren vor dem Ausbruch des 7 jährigen Krieges
darlegte und zwar geschieht es mit so offenkundiger, böswilliger Verleum¬
dung der preußischen Politik jener Tage und mit so deutlichem Hinweis auf
die preußische Politik der Zeit seit 1866, als dem getreuen Abklatsch der¬
selben, daß auch in diesen Tagen der Aufregung es sich wohl verlohnt, das
schlechte Machwerk näher zu kennzeichnen, geschehe es auch nur, um einen
weiteren Beleg zu finden, wie unfähig die historische Wissenschaft Frankreichs
für objective Auffassung der historischen Dinge ist, wie der Chauvinismus
selbst die gelehrten Leser bis zum Ekel beherrscht.

Längst war bekannt, daß Ludwig XV. in seiner grenzenlosen Schwäche
aus Mißtrauen gegen seine eigenen Minister zu dem würdigen Mittel griff,
durch geheime Agenten die Politik der französischen Botschafter zu contro-
liren, ja eine neue, oft entgegengesetzte zu beginnen, mochten die Minister
dann sehen, wie sie die officielle Politik des Hofes, die der König im Con¬
seil billigte, durchführten, oder wenn sie Wind von jener geheimen erhielten,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0235" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124385"/>
          <p xml:id="ID_651" prev="#ID_650"> einer so etwas aussetzen, so darf es nichts Geringes sein; mit diesem guten<lb/>
Wunsche schließend, behalte ich mir weitere Mittheilungen vor als Ihr<lb/>
ergebener</p><lb/>
          <note type="bibl"> P. P.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Ca Stück chauvinistischer PuvlicistiK.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_652"> Nachdem die Vorgänge der letzten Wochen in Fülle den Beweis ge¬<lb/>
liefert haben. daß das französische Gouvernement und seine diplomati¬<lb/>
schen Agenten als getreue Organe desselben die Zeit für gekommen<lb/>
halten, in einem Tone zu Preußen und den deutschen Regierungen zu rede»,<lb/>
den kaum ein Ludwig XIV. und Napoleon I. anschlug, obschon diese nur ein<lb/>
ohnmächtiges Deutschland sich gegenüber hatten, dürften nachstehende Zeilen<lb/>
nicht unwillkommen sein, wenn sie mit Hinweis auf ein literarisches Product<lb/>
der letzten Wochen das Auftreten und die Pläne der französischen Diplo¬<lb/>
matie zu einer Zeit kennzeichnen, wo es sich um eine ähnliche Entscheidung<lb/>
in den Geschicken der deutschen Regierungen und der Nation handelte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_653"> Das durchaus Preußen feindselige Journal der Revue ach äeux irwväös<lb/>
brachte unter dem 15. Mai, 1. und Is. Juni von dem Akademiker vue cle<lb/>
LroZIie einen Artikel, welcher unter dem Titel: &#x201E;die geheime Diplomatie<lb/>
Ludwig XV." aus Familienpapteren und den officiellen Aktenstücken des<lb/>
auswärtigen Ministeriums die Thätigkeit des in officieller und geheimer<lb/>
Sendung bei dem König von Polen und Kurfürsten von Sachsen beglaubig¬<lb/>
ten Grafen Broglie in den Jahren vor dem Ausbruch des 7 jährigen Krieges<lb/>
darlegte und zwar geschieht es mit so offenkundiger, böswilliger Verleum¬<lb/>
dung der preußischen Politik jener Tage und mit so deutlichem Hinweis auf<lb/>
die preußische Politik der Zeit seit 1866, als dem getreuen Abklatsch der¬<lb/>
selben, daß auch in diesen Tagen der Aufregung es sich wohl verlohnt, das<lb/>
schlechte Machwerk näher zu kennzeichnen, geschehe es auch nur, um einen<lb/>
weiteren Beleg zu finden, wie unfähig die historische Wissenschaft Frankreichs<lb/>
für objective Auffassung der historischen Dinge ist, wie der Chauvinismus<lb/>
selbst die gelehrten Leser bis zum Ekel beherrscht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_654" next="#ID_655"> Längst war bekannt, daß Ludwig XV. in seiner grenzenlosen Schwäche<lb/>
aus Mißtrauen gegen seine eigenen Minister zu dem würdigen Mittel griff,<lb/>
durch geheime Agenten die Politik der französischen Botschafter zu contro-<lb/>
liren, ja eine neue, oft entgegengesetzte zu beginnen, mochten die Minister<lb/>
dann sehen, wie sie die officielle Politik des Hofes, die der König im Con¬<lb/>
seil billigte, durchführten, oder wenn sie Wind von jener geheimen erhielten,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0235] einer so etwas aussetzen, so darf es nichts Geringes sein; mit diesem guten Wunsche schließend, behalte ich mir weitere Mittheilungen vor als Ihr ergebener P. P. Ca Stück chauvinistischer PuvlicistiK. Nachdem die Vorgänge der letzten Wochen in Fülle den Beweis ge¬ liefert haben. daß das französische Gouvernement und seine diplomati¬ schen Agenten als getreue Organe desselben die Zeit für gekommen halten, in einem Tone zu Preußen und den deutschen Regierungen zu rede», den kaum ein Ludwig XIV. und Napoleon I. anschlug, obschon diese nur ein ohnmächtiges Deutschland sich gegenüber hatten, dürften nachstehende Zeilen nicht unwillkommen sein, wenn sie mit Hinweis auf ein literarisches Product der letzten Wochen das Auftreten und die Pläne der französischen Diplo¬ matie zu einer Zeit kennzeichnen, wo es sich um eine ähnliche Entscheidung in den Geschicken der deutschen Regierungen und der Nation handelte. Das durchaus Preußen feindselige Journal der Revue ach äeux irwväös brachte unter dem 15. Mai, 1. und Is. Juni von dem Akademiker vue cle LroZIie einen Artikel, welcher unter dem Titel: „die geheime Diplomatie Ludwig XV." aus Familienpapteren und den officiellen Aktenstücken des auswärtigen Ministeriums die Thätigkeit des in officieller und geheimer Sendung bei dem König von Polen und Kurfürsten von Sachsen beglaubig¬ ten Grafen Broglie in den Jahren vor dem Ausbruch des 7 jährigen Krieges darlegte und zwar geschieht es mit so offenkundiger, böswilliger Verleum¬ dung der preußischen Politik jener Tage und mit so deutlichem Hinweis auf die preußische Politik der Zeit seit 1866, als dem getreuen Abklatsch der¬ selben, daß auch in diesen Tagen der Aufregung es sich wohl verlohnt, das schlechte Machwerk näher zu kennzeichnen, geschehe es auch nur, um einen weiteren Beleg zu finden, wie unfähig die historische Wissenschaft Frankreichs für objective Auffassung der historischen Dinge ist, wie der Chauvinismus selbst die gelehrten Leser bis zum Ekel beherrscht. Längst war bekannt, daß Ludwig XV. in seiner grenzenlosen Schwäche aus Mißtrauen gegen seine eigenen Minister zu dem würdigen Mittel griff, durch geheime Agenten die Politik der französischen Botschafter zu contro- liren, ja eine neue, oft entgegengesetzte zu beginnen, mochten die Minister dann sehen, wie sie die officielle Politik des Hofes, die der König im Con¬ seil billigte, durchführten, oder wenn sie Wind von jener geheimen erhielten,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/235
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124151/235>, abgerufen am 06.05.2024.