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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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Eigenschaft, auf welche man glücklicher Weise in neuerer Zeit etwas mehr
Gewicht zu legen scheint, als früher.




Me Ileldpost.

Neben der genialen Armeeführung ist es. wie auch von unseren Feinden
anerkannt wird, der von Preußen ausgegangene vorzügliche Organismus
des Deutschen Heerwesens, welcher unseren Waffen die großen Erfolge ver¬
schafft hat. Das Communicationssystem, in der preußischen Armee
zuerst durch Friedrich's des Großen unablässige Sorge zu höherer Ausbildung
gebracht, nimmt dabei eine der ersten Stellen ein. Gleichwie die Kriegs¬
leistungen des eben vergangenen Jahres diejenigen der früheren Zeiten über¬
ragen, so lassen auch die Organisationen, welche in dem Niesenlcibe der Ar¬
mee die Lebensströmung und Nervenspannung unterhalten müssen, alle frü¬
heren Leistungen auf diesem Gebiete weit hinter sich. Wir wollen versuchen,
dem Leser einen näheren Einblick in einen wichtigen Theil dieser Organisa¬
tionen: in das Getriebe der Feldpost zu eröffnen. Die Feldpost! Gewiß
in Millionen von Gemüthern erweckt dies Wort, das schon in seiner Zu¬
sammensetzung den ehernen Kriegsklang mit dem freundlicheren Ausdruck der
Friedensarbeir vereinigt, eine tiefere Theilnahme. Wie Vielen hat die Feld¬
post den unendlichen Trost der sicheren Nachricht gespendet, wie viel Liebes¬
zeichen hat sie den Truppen aus der fernen Heimath überbracht! Die Ge¬
fechtsbeschreibungen, die Siegesberichte in den Zeitungen, die Erzählungen
vom Bivak. von den Feldwachen und vom gefahrvollen Vorposten- oder Pa¬
trouillendienst, -- es sind Feldv ostbriese. Ja selbst die letzte traurige
Gewißheit über das Schicksal eines treuen Herzens, immer noch eine weh¬
müthige Beruhigung nach so viel quälender Angst -- muß die Feldpost den
Zurückgebliebenen bringen. Was knüpft sich nicht im Gemüthsleben Alles an
einen Brief aus dem Felde oder aus der Heimath! -- Und dieser Briefe
gehen täglich über 400.000 durch unsre Feldpost -- als ebensoviel? sichtbare
Zeichen des innigen Bandes, das Armee und Vaterland umschlingt. Welche
unermeßliche Wohlthat unserer Civilisation, wenn man sich die früheren Zei¬
ten vergegenwärtigt, wo man mittelst der Pfeile eommunicirte -- welche mit
daran befestigten Briefen in einen belagerten Platz abgeschossen -- den Be¬
lagerten Kunde überbrachten, oder wo man sich mit Feuerzeichen half, durch
welche z. B. Agamemnon die Einnahme von Troja nach Mykene meldete.
Denn der Schiffscatalog der..Zlias erwähnt keiner griechischen Feldpost, wes-


Eigenschaft, auf welche man glücklicher Weise in neuerer Zeit etwas mehr
Gewicht zu legen scheint, als früher.




Me Ileldpost.

Neben der genialen Armeeführung ist es. wie auch von unseren Feinden
anerkannt wird, der von Preußen ausgegangene vorzügliche Organismus
des Deutschen Heerwesens, welcher unseren Waffen die großen Erfolge ver¬
schafft hat. Das Communicationssystem, in der preußischen Armee
zuerst durch Friedrich's des Großen unablässige Sorge zu höherer Ausbildung
gebracht, nimmt dabei eine der ersten Stellen ein. Gleichwie die Kriegs¬
leistungen des eben vergangenen Jahres diejenigen der früheren Zeiten über¬
ragen, so lassen auch die Organisationen, welche in dem Niesenlcibe der Ar¬
mee die Lebensströmung und Nervenspannung unterhalten müssen, alle frü¬
heren Leistungen auf diesem Gebiete weit hinter sich. Wir wollen versuchen,
dem Leser einen näheren Einblick in einen wichtigen Theil dieser Organisa¬
tionen: in das Getriebe der Feldpost zu eröffnen. Die Feldpost! Gewiß
in Millionen von Gemüthern erweckt dies Wort, das schon in seiner Zu¬
sammensetzung den ehernen Kriegsklang mit dem freundlicheren Ausdruck der
Friedensarbeir vereinigt, eine tiefere Theilnahme. Wie Vielen hat die Feld¬
post den unendlichen Trost der sicheren Nachricht gespendet, wie viel Liebes¬
zeichen hat sie den Truppen aus der fernen Heimath überbracht! Die Ge¬
fechtsbeschreibungen, die Siegesberichte in den Zeitungen, die Erzählungen
vom Bivak. von den Feldwachen und vom gefahrvollen Vorposten- oder Pa¬
trouillendienst, — es sind Feldv ostbriese. Ja selbst die letzte traurige
Gewißheit über das Schicksal eines treuen Herzens, immer noch eine weh¬
müthige Beruhigung nach so viel quälender Angst — muß die Feldpost den
Zurückgebliebenen bringen. Was knüpft sich nicht im Gemüthsleben Alles an
einen Brief aus dem Felde oder aus der Heimath! — Und dieser Briefe
gehen täglich über 400.000 durch unsre Feldpost — als ebensoviel? sichtbare
Zeichen des innigen Bandes, das Armee und Vaterland umschlingt. Welche
unermeßliche Wohlthat unserer Civilisation, wenn man sich die früheren Zei¬
ten vergegenwärtigt, wo man mittelst der Pfeile eommunicirte — welche mit
daran befestigten Briefen in einen belagerten Platz abgeschossen — den Be¬
lagerten Kunde überbrachten, oder wo man sich mit Feuerzeichen half, durch
welche z. B. Agamemnon die Einnahme von Troja nach Mykene meldete.
Denn der Schiffscatalog der..Zlias erwähnt keiner griechischen Feldpost, wes-


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[0102] Eigenschaft, auf welche man glücklicher Weise in neuerer Zeit etwas mehr Gewicht zu legen scheint, als früher. Me Ileldpost. Neben der genialen Armeeführung ist es. wie auch von unseren Feinden anerkannt wird, der von Preußen ausgegangene vorzügliche Organismus des Deutschen Heerwesens, welcher unseren Waffen die großen Erfolge ver¬ schafft hat. Das Communicationssystem, in der preußischen Armee zuerst durch Friedrich's des Großen unablässige Sorge zu höherer Ausbildung gebracht, nimmt dabei eine der ersten Stellen ein. Gleichwie die Kriegs¬ leistungen des eben vergangenen Jahres diejenigen der früheren Zeiten über¬ ragen, so lassen auch die Organisationen, welche in dem Niesenlcibe der Ar¬ mee die Lebensströmung und Nervenspannung unterhalten müssen, alle frü¬ heren Leistungen auf diesem Gebiete weit hinter sich. Wir wollen versuchen, dem Leser einen näheren Einblick in einen wichtigen Theil dieser Organisa¬ tionen: in das Getriebe der Feldpost zu eröffnen. Die Feldpost! Gewiß in Millionen von Gemüthern erweckt dies Wort, das schon in seiner Zu¬ sammensetzung den ehernen Kriegsklang mit dem freundlicheren Ausdruck der Friedensarbeir vereinigt, eine tiefere Theilnahme. Wie Vielen hat die Feld¬ post den unendlichen Trost der sicheren Nachricht gespendet, wie viel Liebes¬ zeichen hat sie den Truppen aus der fernen Heimath überbracht! Die Ge¬ fechtsbeschreibungen, die Siegesberichte in den Zeitungen, die Erzählungen vom Bivak. von den Feldwachen und vom gefahrvollen Vorposten- oder Pa¬ trouillendienst, — es sind Feldv ostbriese. Ja selbst die letzte traurige Gewißheit über das Schicksal eines treuen Herzens, immer noch eine weh¬ müthige Beruhigung nach so viel quälender Angst — muß die Feldpost den Zurückgebliebenen bringen. Was knüpft sich nicht im Gemüthsleben Alles an einen Brief aus dem Felde oder aus der Heimath! — Und dieser Briefe gehen täglich über 400.000 durch unsre Feldpost — als ebensoviel? sichtbare Zeichen des innigen Bandes, das Armee und Vaterland umschlingt. Welche unermeßliche Wohlthat unserer Civilisation, wenn man sich die früheren Zei¬ ten vergegenwärtigt, wo man mittelst der Pfeile eommunicirte — welche mit daran befestigten Briefen in einen belagerten Platz abgeschossen — den Be¬ lagerten Kunde überbrachten, oder wo man sich mit Feuerzeichen half, durch welche z. B. Agamemnon die Einnahme von Troja nach Mykene meldete. Denn der Schiffscatalog der..Zlias erwähnt keiner griechischen Feldpost, wes-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/102>, abgerufen am 05.05.2024.