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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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ernste Männer, um ihr als Sittenprediger, Satiriker und Publicisten den
Spiegel vorzuhalten: Gener von Kaisersberg, Sebastian Braut und
Jakob Wimpfeling! Aehnliche Charaktere von gleicher Strebelust, von
gleichen Absichten; sie und der Individualismus fördern die Kritik, die For¬
schung und damit die -- Reformation. Capito, Zell und vor Allem
Bucer, haben die letzteren in Straßburg durchgeführt, die beiden Sturm in
großartiger Weise dazu beigetragen, sowie zur Bildung des Volkes, zur
Hebung des Schulwesens u. f. w. -- es ist einer der schönsten Abschnitte des
Buches von Lorenz und Scher er, in dem jener Männer Arbeit und
Leben betrachtet und gewürdigt wird. Nach Allem, was über diese Zeit schon
geschrieben wurde, lesen wir hier doch vorzugsweise Neues, Anregendes, be¬
gegnen wir durchweg großen Gesichtspunkten. Ein Auszug ist da völlig un¬
möglich -- es sind Bilder von einer Frische und Wahrheit, die man eingehend
betrachten muß, um vollen Genuß zu haben. -- Und mit der Aufforderung
für unsere Leser sich diesen Genuß zu verschaffen, mag dieser kurze Bericht
schließen. -- Aus Oestreich, von östreichischen Männern, ist das treffliche Buch
ausgegangen, ein warmer Händedruck ist es den wiedergewonnenen Brüdern
entgegengebracht, -- ein tröstlicher Beweis, wie rein und werdelustig der
deutsche Geist im Elsaß stets gewesen, ein Beweis aber auch, wie stark und
mächtig er noch in den Deutschöstreichern lebt und webt. Ein vornehmes
Weihnachtsgeschenk für Deutschlands Literatur ist dies Buch, das uns Kunde
gibt von dem Wesen und der Bedeutung jener uns so lange entfremdeten
Lande, die durch Gottes Fügung und die herrliche Erhebung unserer Volks¬
kraft nun wieder unser Eigen geworden und es bleiben werden fürderhin für
alle Zeit!


A. H.


Wunde Stellen im französischen Leer.
Von M. v. Eclking.
I.

Wenn die Franzosen bis vor Kurzem in ihr Heer das höchste Ver¬
trauen setzten und es als das beste und schlagfertigste der Welt hielten,
so war ihre Annahme wenigstens in Jahrhunderten der Vergangenheit
begründet. Diese Vergangenheit war, wenn auch harte und widerwär¬
tige Schläge nicht ausgeschlossen blieben, für Land und Heer eine im


ernste Männer, um ihr als Sittenprediger, Satiriker und Publicisten den
Spiegel vorzuhalten: Gener von Kaisersberg, Sebastian Braut und
Jakob Wimpfeling! Aehnliche Charaktere von gleicher Strebelust, von
gleichen Absichten; sie und der Individualismus fördern die Kritik, die For¬
schung und damit die — Reformation. Capito, Zell und vor Allem
Bucer, haben die letzteren in Straßburg durchgeführt, die beiden Sturm in
großartiger Weise dazu beigetragen, sowie zur Bildung des Volkes, zur
Hebung des Schulwesens u. f. w. — es ist einer der schönsten Abschnitte des
Buches von Lorenz und Scher er, in dem jener Männer Arbeit und
Leben betrachtet und gewürdigt wird. Nach Allem, was über diese Zeit schon
geschrieben wurde, lesen wir hier doch vorzugsweise Neues, Anregendes, be¬
gegnen wir durchweg großen Gesichtspunkten. Ein Auszug ist da völlig un¬
möglich — es sind Bilder von einer Frische und Wahrheit, die man eingehend
betrachten muß, um vollen Genuß zu haben. — Und mit der Aufforderung
für unsere Leser sich diesen Genuß zu verschaffen, mag dieser kurze Bericht
schließen. — Aus Oestreich, von östreichischen Männern, ist das treffliche Buch
ausgegangen, ein warmer Händedruck ist es den wiedergewonnenen Brüdern
entgegengebracht, — ein tröstlicher Beweis, wie rein und werdelustig der
deutsche Geist im Elsaß stets gewesen, ein Beweis aber auch, wie stark und
mächtig er noch in den Deutschöstreichern lebt und webt. Ein vornehmes
Weihnachtsgeschenk für Deutschlands Literatur ist dies Buch, das uns Kunde
gibt von dem Wesen und der Bedeutung jener uns so lange entfremdeten
Lande, die durch Gottes Fügung und die herrliche Erhebung unserer Volks¬
kraft nun wieder unser Eigen geworden und es bleiben werden fürderhin für
alle Zeit!


A. H.


Wunde Stellen im französischen Leer.
Von M. v. Eclking.
I.

Wenn die Franzosen bis vor Kurzem in ihr Heer das höchste Ver¬
trauen setzten und es als das beste und schlagfertigste der Welt hielten,
so war ihre Annahme wenigstens in Jahrhunderten der Vergangenheit
begründet. Diese Vergangenheit war, wenn auch harte und widerwär¬
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[0144] ernste Männer, um ihr als Sittenprediger, Satiriker und Publicisten den Spiegel vorzuhalten: Gener von Kaisersberg, Sebastian Braut und Jakob Wimpfeling! Aehnliche Charaktere von gleicher Strebelust, von gleichen Absichten; sie und der Individualismus fördern die Kritik, die For¬ schung und damit die — Reformation. Capito, Zell und vor Allem Bucer, haben die letzteren in Straßburg durchgeführt, die beiden Sturm in großartiger Weise dazu beigetragen, sowie zur Bildung des Volkes, zur Hebung des Schulwesens u. f. w. — es ist einer der schönsten Abschnitte des Buches von Lorenz und Scher er, in dem jener Männer Arbeit und Leben betrachtet und gewürdigt wird. Nach Allem, was über diese Zeit schon geschrieben wurde, lesen wir hier doch vorzugsweise Neues, Anregendes, be¬ gegnen wir durchweg großen Gesichtspunkten. Ein Auszug ist da völlig un¬ möglich — es sind Bilder von einer Frische und Wahrheit, die man eingehend betrachten muß, um vollen Genuß zu haben. — Und mit der Aufforderung für unsere Leser sich diesen Genuß zu verschaffen, mag dieser kurze Bericht schließen. — Aus Oestreich, von östreichischen Männern, ist das treffliche Buch ausgegangen, ein warmer Händedruck ist es den wiedergewonnenen Brüdern entgegengebracht, — ein tröstlicher Beweis, wie rein und werdelustig der deutsche Geist im Elsaß stets gewesen, ein Beweis aber auch, wie stark und mächtig er noch in den Deutschöstreichern lebt und webt. Ein vornehmes Weihnachtsgeschenk für Deutschlands Literatur ist dies Buch, das uns Kunde gibt von dem Wesen und der Bedeutung jener uns so lange entfremdeten Lande, die durch Gottes Fügung und die herrliche Erhebung unserer Volks¬ kraft nun wieder unser Eigen geworden und es bleiben werden fürderhin für alle Zeit! A. H. Wunde Stellen im französischen Leer. Von M. v. Eclking. I. Wenn die Franzosen bis vor Kurzem in ihr Heer das höchste Ver¬ trauen setzten und es als das beste und schlagfertigste der Welt hielten, so war ihre Annahme wenigstens in Jahrhunderten der Vergangenheit begründet. Diese Vergangenheit war, wenn auch harte und widerwär¬ tige Schläge nicht ausgeschlossen blieben, für Land und Heer eine im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/144>, abgerufen am 05.05.2024.