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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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würde auch endlich zur Befestigung des Deutschthums in Elsaß-Lothringen
beitragen, wenn unser mächtiges Kaiserhaus der Hohenzollern sich ebenso wie
in den preußischen Rheinlanden kunst- und prachtvolle Pfalzen erbaute, oder
wieder herstellte. Die Bewohner des Landes würden dadurch die Ueberzeu¬
gung gewinnen, daß der deutsche Aar seine herrliche Siegesbeute nun und
nimmermehr aus seinen Fängen lassen wird. Vor allem wäre die Hoh-
königsburg bei Schlettstadt mit ihrer unübertrefflichen, reizenden Aussicht zur
Wiederherstellung als Sommersitz in Vorschlag zu bringen.

Indem wir hiermit die Darstellung unserer verschiedenen Winke für die
innere Wiedergewinnung der deutschen Westmarken schließen, sprechen wir
unsre volle Zuversicht aus, daß das große Werk gelingen werde. Wenn nicht
Deutschland überhaupt, so hat doch die leitende Macht der Deutschen schon
vielfach, feit mehr als einem Jahrhundert und bis auf die neueste Zeit, be¬
wiesen, daß sie nicht blos den neidischen und feindlichen Nachbarn alte deutsche
Reichslande mit den Waffen zu entreißen vermag, sondern auch die Herzen
der zurückgeführten Söhne für das Vaterland wiederzugewinnen versteht. Von
der Regierung aber wird allein oder vorzugsweise abhängen, ob die Elsasser
früher oder später das bisherige staatliche Band vergessen. Nicht ohne dich¬
terische Schönheit und Wahrheit hat man sie mit der von König Ludwig ge¬
raubten Königstochter Gudrun verglichen. Schmach käme über die rechte
Mutter, welche nun die Tochter wieder in ihr Haus genommen hat, verdrängte
sie nicht durch ihre Liebe und Weisheit das Bild der Stiefmutter aus ihrer
Edward Kattner. Tochter Seele!




Wie bereits von der Tagespresse gemeldet worden ist, hat Bischof Hefele
nach langem Schwanken und nachdem er erst noch den Beginn und theil¬
weisen Verlauf des Döllingerschen Handels abgewartet, in letzter Stunde die
Concilsdecrete, wie wir neulich angekündigt haben, doch noch publicirt: "um
des Friedens und der Eintracht in der Kirche willen," die gar hohe Güter
seien, denen man selbst das Opfer der persönlichen Ueberzeugung bringen dürfe.
Der Curie wird dabei, allerdings nur in zarter Andeutung, vorgeworfen, daß
sie auf der Verkündigung beharrt und nicht vielmehr dem 'Bischof, -- welcher
auf dem vaticanischen Concil nur in der Erwartung opponire haben will,
daß er später noch durch ein Hinterpförtchen zu einer Verständigung mit dem
Papst und den Jesuiten gelangen werde -- die harte Demüthigung einer
förmlichen Unterwerfung,' unserer Regierung aber manche unangenehme
Stunde erspart habe, da ja "der obligatorische Charakter allgemein kirchlicher
Decrete nicht von ihrer Verkündigung durch t>le einzelnen Diöcesanbischöfe
abhänge;" eine Behauptung, welche, beiläufig bemerkt, in nackten Worten den
Ungehorsam gegen das neue Württembergische Kirchengesetz proclamirt, welches
die Verkündigung für wesentlich erklärt. Gleichzeitig sucht der Bischof aber
auch der Staatsregierung, welche in der Meinung, die vorliegende Kirchen¬
frage lasse sich in aller Stille abthun, auf das Erforderniß des Planet Ver¬
zicht geleistet hatte, in ihrer plötzlich eingetretenen VerlegenheitzuHülfe zu kommen,
indem er ihr eine Interpretation der Concilsdecrete für den dermaligen Bedarf


würde auch endlich zur Befestigung des Deutschthums in Elsaß-Lothringen
beitragen, wenn unser mächtiges Kaiserhaus der Hohenzollern sich ebenso wie
in den preußischen Rheinlanden kunst- und prachtvolle Pfalzen erbaute, oder
wieder herstellte. Die Bewohner des Landes würden dadurch die Ueberzeu¬
gung gewinnen, daß der deutsche Aar seine herrliche Siegesbeute nun und
nimmermehr aus seinen Fängen lassen wird. Vor allem wäre die Hoh-
königsburg bei Schlettstadt mit ihrer unübertrefflichen, reizenden Aussicht zur
Wiederherstellung als Sommersitz in Vorschlag zu bringen.

Indem wir hiermit die Darstellung unserer verschiedenen Winke für die
innere Wiedergewinnung der deutschen Westmarken schließen, sprechen wir
unsre volle Zuversicht aus, daß das große Werk gelingen werde. Wenn nicht
Deutschland überhaupt, so hat doch die leitende Macht der Deutschen schon
vielfach, feit mehr als einem Jahrhundert und bis auf die neueste Zeit, be¬
wiesen, daß sie nicht blos den neidischen und feindlichen Nachbarn alte deutsche
Reichslande mit den Waffen zu entreißen vermag, sondern auch die Herzen
der zurückgeführten Söhne für das Vaterland wiederzugewinnen versteht. Von
der Regierung aber wird allein oder vorzugsweise abhängen, ob die Elsasser
früher oder später das bisherige staatliche Band vergessen. Nicht ohne dich¬
terische Schönheit und Wahrheit hat man sie mit der von König Ludwig ge¬
raubten Königstochter Gudrun verglichen. Schmach käme über die rechte
Mutter, welche nun die Tochter wieder in ihr Haus genommen hat, verdrängte
sie nicht durch ihre Liebe und Weisheit das Bild der Stiefmutter aus ihrer
Edward Kattner. Tochter Seele!




Wie bereits von der Tagespresse gemeldet worden ist, hat Bischof Hefele
nach langem Schwanken und nachdem er erst noch den Beginn und theil¬
weisen Verlauf des Döllingerschen Handels abgewartet, in letzter Stunde die
Concilsdecrete, wie wir neulich angekündigt haben, doch noch publicirt: „um
des Friedens und der Eintracht in der Kirche willen," die gar hohe Güter
seien, denen man selbst das Opfer der persönlichen Ueberzeugung bringen dürfe.
Der Curie wird dabei, allerdings nur in zarter Andeutung, vorgeworfen, daß
sie auf der Verkündigung beharrt und nicht vielmehr dem 'Bischof, — welcher
auf dem vaticanischen Concil nur in der Erwartung opponire haben will,
daß er später noch durch ein Hinterpförtchen zu einer Verständigung mit dem
Papst und den Jesuiten gelangen werde — die harte Demüthigung einer
förmlichen Unterwerfung,' unserer Regierung aber manche unangenehme
Stunde erspart habe, da ja „der obligatorische Charakter allgemein kirchlicher
Decrete nicht von ihrer Verkündigung durch t>le einzelnen Diöcesanbischöfe
abhänge;" eine Behauptung, welche, beiläufig bemerkt, in nackten Worten den
Ungehorsam gegen das neue Württembergische Kirchengesetz proclamirt, welches
die Verkündigung für wesentlich erklärt. Gleichzeitig sucht der Bischof aber
auch der Staatsregierung, welche in der Meinung, die vorliegende Kirchen¬
frage lasse sich in aller Stille abthun, auf das Erforderniß des Planet Ver¬
zicht geleistet hatte, in ihrer plötzlich eingetretenen VerlegenheitzuHülfe zu kommen,
indem er ihr eine Interpretation der Concilsdecrete für den dermaligen Bedarf


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/240>, abgerufen am 30.04.2024.