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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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sich unmöglich vorausberechnen.) Was die weitere Entwertung des Silbers
nach der ersten Gesetzesverfügung und vor der endlichen Herstellung der
Goldwährung betrifft, so würde diese also den Schuldner treffen. Entweder
aber wird er das betreffende Silber wieder an einen Dritten geliehen, d. h. es
von ihm zu fordern haben, in welchem Falle ihn der bereits gesetzlich fixirte
Conversionscurs ebenfalls gegen Nachtheil sichert; oder er wird das Silber
baar im Besitze haben, in welchem Falle es in seiner Hand liegt, sich durch
sofortige Umwechselung in Gold gegen weiteren Schaden zu schützen.

Mit diesen beiden Gründen glaube ich die ganze Beweisführung des
Herrn Dr. Weibezcchn widerlegt zu haben, und stehe deßhalb von einer ein¬
gehenderen Kritik seiner Logik ab. Der Durchschnittscurs ist nicht die richtige
Norm für den Uebergang zur Goldwährung. Ferner ist 1 : 15,43 nicht der
Durchschnittscurs, sondern statt dessen 1:15,44 (nach seiner Auffassung
des Durchschnitts) und zu diesem letzteren Curse ergiebt sein Goldgulden einen
Silberwerth von 20 Sgr. iVs Pf-

(Fortsetzung folgt.)




"Ireuszen und die Vereinigten Staaten.

(Friedrich Kapp, Friedrich der Große und die Verein. Staaten von
Amerika, Leipzig, Quandt und Händel 1871.)

I.

Als die Hoffnungen von 1848 gescheitert waren, verließ ein junger preu¬
ßischer Jurist sein deutsches Vaterland, um sich in Amerika eine neue Existenz
zu gründen. Denn er hatte sich in Deutschland "compromittirt" oder "unmög¬
lich gemacht." So nannte man's damals. Jetzt würde man es so ausdrücken:
"Er hatte geglaubt, es lasse sich aus freier Initiative des deutschen
Volkes das Ziel erreichen, das wir nunmehr Dank der organisirten
Macht des preußischen Staats erreicht haben." Zwanzig Jahre hat
der Auswanderer in Amerika zugebracht. Er hat dort als Anwalt eine glän¬
zende und gefeierte Existenz errungen. In der dortigen Literatur nahm er eine
sehr geachtete Stellung ein. Das öffentliche Vertrauen übertrug ihm Aemter,
in welchen er sowohl dem alten als dem neuen Lande nützlich sein konnte
und in der That sehr nützlich war; ich nenne unter den vielen nur eins, --
das Amt eines "(üomnussiollei' ol LnuLratiou tlo Leake ot Rep-Iorl:,"


sich unmöglich vorausberechnen.) Was die weitere Entwertung des Silbers
nach der ersten Gesetzesverfügung und vor der endlichen Herstellung der
Goldwährung betrifft, so würde diese also den Schuldner treffen. Entweder
aber wird er das betreffende Silber wieder an einen Dritten geliehen, d. h. es
von ihm zu fordern haben, in welchem Falle ihn der bereits gesetzlich fixirte
Conversionscurs ebenfalls gegen Nachtheil sichert; oder er wird das Silber
baar im Besitze haben, in welchem Falle es in seiner Hand liegt, sich durch
sofortige Umwechselung in Gold gegen weiteren Schaden zu schützen.

Mit diesen beiden Gründen glaube ich die ganze Beweisführung des
Herrn Dr. Weibezcchn widerlegt zu haben, und stehe deßhalb von einer ein¬
gehenderen Kritik seiner Logik ab. Der Durchschnittscurs ist nicht die richtige
Norm für den Uebergang zur Goldwährung. Ferner ist 1 : 15,43 nicht der
Durchschnittscurs, sondern statt dessen 1:15,44 (nach seiner Auffassung
des Durchschnitts) und zu diesem letzteren Curse ergiebt sein Goldgulden einen
Silberwerth von 20 Sgr. iVs Pf-

(Fortsetzung folgt.)




"Ireuszen und die Vereinigten Staaten.

(Friedrich Kapp, Friedrich der Große und die Verein. Staaten von
Amerika, Leipzig, Quandt und Händel 1871.)

I.

Als die Hoffnungen von 1848 gescheitert waren, verließ ein junger preu¬
ßischer Jurist sein deutsches Vaterland, um sich in Amerika eine neue Existenz
zu gründen. Denn er hatte sich in Deutschland „compromittirt" oder „unmög¬
lich gemacht." So nannte man's damals. Jetzt würde man es so ausdrücken:
„Er hatte geglaubt, es lasse sich aus freier Initiative des deutschen
Volkes das Ziel erreichen, das wir nunmehr Dank der organisirten
Macht des preußischen Staats erreicht haben." Zwanzig Jahre hat
der Auswanderer in Amerika zugebracht. Er hat dort als Anwalt eine glän¬
zende und gefeierte Existenz errungen. In der dortigen Literatur nahm er eine
sehr geachtete Stellung ein. Das öffentliche Vertrauen übertrug ihm Aemter,
in welchen er sowohl dem alten als dem neuen Lande nützlich sein konnte
und in der That sehr nützlich war; ich nenne unter den vielen nur eins, —
das Amt eines „(üomnussiollei' ol LnuLratiou tlo Leake ot Rep-Iorl:,"


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/306>, abgerufen am 30.04.2024.