Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

gebere, Dienstboten. -- Der Verkehr mit den Behörden. -- Eingeführte
Gesetze der internationalen Artigkeit.

Drittes Buch. Gesetze der guten Gesellschaft betreffs besonderer Gelegen¬
heiten. Briefwechsel, Besuche, Gesellschaften, Bälle u, f. w. -- Betrachtungen
über die gesellschaftlichen Gebräuche früherer Zeiten. -- Fortschritte der Ge¬
setze des guten Tons mit zunehmender Bildung der Völker u. s. w.

Es könnte trivial erscheinen, daß ich hier so sehr ins Einzelne eingegan¬
gen bin; ich möchte aber kein Mittel unversucht lassen, um meiner Ueber¬
zeugung auch bei Anderen, bei Vielen Eingang zu verschaffen, daß es sich
hier um einen wichtigen, bei uns bis jetzt ^vernachlässigten Zweig der Er¬
ziehung handele.

Kein vernünftiger Grund liegt zu der Annahme vor, daß den romani¬
schen Völkern eine besondere, uns von der Natur versagte Begabung zu dem
savoir Küre eigen sein sollte, wodurch sich z. B. die Franzosen bei allen
übrigen Fehlern auszeichnen. Verwendete man bei uns dieselbe Sorgfalt auf
diese Seite dee Erziehung, so würde man wahrscheinlich dieselben, oder noch
bessere Resultate erzielen.

Es würde zu weit führen, wollte ich hier sofort einen besonderen Plan
aufstellen, wie die Sache anzufassen wäre. Ich überlasse das Männern, deren
Wirkungskreis sich direct auf die Erziehung der Jugend erstreckt, und welche
besser als ich im Stande sind, für praktische Verwirklichung der angeregten
Idee zu sorgen. Daß man die Richtigkeit meiner Behauptungen bestreikn
sollte, glaube ich kaum. Alle Diejenigen, welche oft und langdauernde Ge¬
legenheit gehabt haben, mit den Bewohnern der südlichen Länder zu verkehren,
^. werden mir Recht geben.




Berliner Ariefe.

Ob Sie, verehrter Freund, mit den verehrten Lesern der "Grünen" zu
den Feueranbetern des Wagner'schen Genius gehören, vermag ich natürlich
nicht zu errathen; daß aber hier in Berlin die Gegensätze hart auf einander
prallten, als es sich um den Messias der Mustkwelt handelte, kann ich nach
eigensten Sehen, Hören, Schmecken und Fühlen bezeugen. Schon seit langer
Zeit, scheint es, glimmte die brennende Wagnerfrage hier unter der Asche.
Nicht, als ob es gerade die Männer gewesen wären, deren väterliche Wiege
einst an den Ufern des Jordan gestanden, welche sich angelegen sein ließen,


gebere, Dienstboten. — Der Verkehr mit den Behörden. — Eingeführte
Gesetze der internationalen Artigkeit.

Drittes Buch. Gesetze der guten Gesellschaft betreffs besonderer Gelegen¬
heiten. Briefwechsel, Besuche, Gesellschaften, Bälle u, f. w. — Betrachtungen
über die gesellschaftlichen Gebräuche früherer Zeiten. — Fortschritte der Ge¬
setze des guten Tons mit zunehmender Bildung der Völker u. s. w.

Es könnte trivial erscheinen, daß ich hier so sehr ins Einzelne eingegan¬
gen bin; ich möchte aber kein Mittel unversucht lassen, um meiner Ueber¬
zeugung auch bei Anderen, bei Vielen Eingang zu verschaffen, daß es sich
hier um einen wichtigen, bei uns bis jetzt ^vernachlässigten Zweig der Er¬
ziehung handele.

Kein vernünftiger Grund liegt zu der Annahme vor, daß den romani¬
schen Völkern eine besondere, uns von der Natur versagte Begabung zu dem
savoir Küre eigen sein sollte, wodurch sich z. B. die Franzosen bei allen
übrigen Fehlern auszeichnen. Verwendete man bei uns dieselbe Sorgfalt auf
diese Seite dee Erziehung, so würde man wahrscheinlich dieselben, oder noch
bessere Resultate erzielen.

Es würde zu weit führen, wollte ich hier sofort einen besonderen Plan
aufstellen, wie die Sache anzufassen wäre. Ich überlasse das Männern, deren
Wirkungskreis sich direct auf die Erziehung der Jugend erstreckt, und welche
besser als ich im Stande sind, für praktische Verwirklichung der angeregten
Idee zu sorgen. Daß man die Richtigkeit meiner Behauptungen bestreikn
sollte, glaube ich kaum. Alle Diejenigen, welche oft und langdauernde Ge¬
legenheit gehabt haben, mit den Bewohnern der südlichen Länder zu verkehren,
^. werden mir Recht geben.




Berliner Ariefe.

Ob Sie, verehrter Freund, mit den verehrten Lesern der „Grünen" zu
den Feueranbetern des Wagner'schen Genius gehören, vermag ich natürlich
nicht zu errathen; daß aber hier in Berlin die Gegensätze hart auf einander
prallten, als es sich um den Messias der Mustkwelt handelte, kann ich nach
eigensten Sehen, Hören, Schmecken und Fühlen bezeugen. Schon seit langer
Zeit, scheint es, glimmte die brennende Wagnerfrage hier unter der Asche.
Nicht, als ob es gerade die Männer gewesen wären, deren väterliche Wiege
einst an den Ufern des Jordan gestanden, welche sich angelegen sein ließen,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126098"/>
          <p xml:id="ID_1001" prev="#ID_1000"> gebere, Dienstboten. &#x2014; Der Verkehr mit den Behörden. &#x2014; Eingeführte<lb/>
Gesetze der internationalen Artigkeit.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1002"> Drittes Buch. Gesetze der guten Gesellschaft betreffs besonderer Gelegen¬<lb/>
heiten. Briefwechsel, Besuche, Gesellschaften, Bälle u, f. w. &#x2014; Betrachtungen<lb/>
über die gesellschaftlichen Gebräuche früherer Zeiten. &#x2014; Fortschritte der Ge¬<lb/>
setze des guten Tons mit zunehmender Bildung der Völker u. s. w.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1003"> Es könnte trivial erscheinen, daß ich hier so sehr ins Einzelne eingegan¬<lb/>
gen bin; ich möchte aber kein Mittel unversucht lassen, um meiner Ueber¬<lb/>
zeugung auch bei Anderen, bei Vielen Eingang zu verschaffen, daß es sich<lb/>
hier um einen wichtigen, bei uns bis jetzt ^vernachlässigten Zweig der Er¬<lb/>
ziehung handele.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1004"> Kein vernünftiger Grund liegt zu der Annahme vor, daß den romani¬<lb/>
schen Völkern eine besondere, uns von der Natur versagte Begabung zu dem<lb/>
savoir Küre eigen sein sollte, wodurch sich z. B. die Franzosen bei allen<lb/>
übrigen Fehlern auszeichnen. Verwendete man bei uns dieselbe Sorgfalt auf<lb/>
diese Seite dee Erziehung, so würde man wahrscheinlich dieselben, oder noch<lb/>
bessere Resultate erzielen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1005"> Es würde zu weit führen, wollte ich hier sofort einen besonderen Plan<lb/>
aufstellen, wie die Sache anzufassen wäre. Ich überlasse das Männern, deren<lb/>
Wirkungskreis sich direct auf die Erziehung der Jugend erstreckt, und welche<lb/>
besser als ich im Stande sind, für praktische Verwirklichung der angeregten<lb/>
Idee zu sorgen. Daß man die Richtigkeit meiner Behauptungen bestreikn<lb/>
sollte, glaube ich kaum. Alle Diejenigen, welche oft und langdauernde Ge¬<lb/>
legenheit gehabt haben, mit den Bewohnern der südlichen Länder zu verkehren,<lb/><note type="byline"> ^.</note> werden mir Recht geben. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Berliner Ariefe.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1006" next="#ID_1007"> Ob Sie, verehrter Freund, mit den verehrten Lesern der &#x201E;Grünen" zu<lb/>
den Feueranbetern des Wagner'schen Genius gehören, vermag ich natürlich<lb/>
nicht zu errathen; daß aber hier in Berlin die Gegensätze hart auf einander<lb/>
prallten, als es sich um den Messias der Mustkwelt handelte, kann ich nach<lb/>
eigensten Sehen, Hören, Schmecken und Fühlen bezeugen. Schon seit langer<lb/>
Zeit, scheint es, glimmte die brennende Wagnerfrage hier unter der Asche.<lb/>
Nicht, als ob es gerade die Männer gewesen wären, deren väterliche Wiege<lb/>
einst an den Ufern des Jordan gestanden, welche sich angelegen sein ließen,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0316] gebere, Dienstboten. — Der Verkehr mit den Behörden. — Eingeführte Gesetze der internationalen Artigkeit. Drittes Buch. Gesetze der guten Gesellschaft betreffs besonderer Gelegen¬ heiten. Briefwechsel, Besuche, Gesellschaften, Bälle u, f. w. — Betrachtungen über die gesellschaftlichen Gebräuche früherer Zeiten. — Fortschritte der Ge¬ setze des guten Tons mit zunehmender Bildung der Völker u. s. w. Es könnte trivial erscheinen, daß ich hier so sehr ins Einzelne eingegan¬ gen bin; ich möchte aber kein Mittel unversucht lassen, um meiner Ueber¬ zeugung auch bei Anderen, bei Vielen Eingang zu verschaffen, daß es sich hier um einen wichtigen, bei uns bis jetzt ^vernachlässigten Zweig der Er¬ ziehung handele. Kein vernünftiger Grund liegt zu der Annahme vor, daß den romani¬ schen Völkern eine besondere, uns von der Natur versagte Begabung zu dem savoir Küre eigen sein sollte, wodurch sich z. B. die Franzosen bei allen übrigen Fehlern auszeichnen. Verwendete man bei uns dieselbe Sorgfalt auf diese Seite dee Erziehung, so würde man wahrscheinlich dieselben, oder noch bessere Resultate erzielen. Es würde zu weit führen, wollte ich hier sofort einen besonderen Plan aufstellen, wie die Sache anzufassen wäre. Ich überlasse das Männern, deren Wirkungskreis sich direct auf die Erziehung der Jugend erstreckt, und welche besser als ich im Stande sind, für praktische Verwirklichung der angeregten Idee zu sorgen. Daß man die Richtigkeit meiner Behauptungen bestreikn sollte, glaube ich kaum. Alle Diejenigen, welche oft und langdauernde Ge¬ legenheit gehabt haben, mit den Bewohnern der südlichen Länder zu verkehren, ^. werden mir Recht geben. Berliner Ariefe. Ob Sie, verehrter Freund, mit den verehrten Lesern der „Grünen" zu den Feueranbetern des Wagner'schen Genius gehören, vermag ich natürlich nicht zu errathen; daß aber hier in Berlin die Gegensätze hart auf einander prallten, als es sich um den Messias der Mustkwelt handelte, kann ich nach eigensten Sehen, Hören, Schmecken und Fühlen bezeugen. Schon seit langer Zeit, scheint es, glimmte die brennende Wagnerfrage hier unter der Asche. Nicht, als ob es gerade die Männer gewesen wären, deren väterliche Wiege einst an den Ufern des Jordan gestanden, welche sich angelegen sein ließen,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/316
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/316>, abgerufen am 30.04.2024.