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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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lediglich von der Regierung zu erwarten. Ihr, der Presse, darf man mit Recht
einen Vorwurf daraus machen, wenn sie sich auf die Opposition beschränkt.
So ist denn auch nicht unsere Absicht, solche Beschränkung zu üben. Wir
sind nicht im Zweifel, was an die Stelle der Matricularbeiträge zu setzen sei,
insoweit die unmittelbaren Reichseinnahmen zur Bedeckung des Normalbe¬
darfes nicht zureichen. Aber bevor wir unsere Vorschläge formuliren, müssen
wir erst den Haushalts-Etat des Reiches vor Augen haben, und bedarf es
auch einer Kenntniß mancher anderer Gesetze, mit denen sich der Reichstag
noch in dieser Session zu beschäftigen haben wird.




Zur Keform der Verwaltung unserer UniverWts-
IMiotheKen.

Seitdem sich die Aussichten für die künftige Universitätsbibliothek der
deutschen Reichsuniversität Straßburg durch die großartige Liberalität des
deutschen Buchhandels und des ganzen deutschen Volkes so glänzend gestalten,
drängt sich immer lauter die Frage auf, wie bei ihr die Leitung und Ver¬
waltung organisirt werden wird? Werden bei ihr dieselben Zustände einge¬
bürgert werden, welche neuerdings zu so zahlreichen und gerechten Klagen
über die bereits bestehenden Universitäts - Bibliotheken Veranlassung gegeben
haben? Denn es ist bekannt, daß gerade in letzter Zeit das Bedürfniß einer
gründlichen Reorganisation dieser Institute energisch betont worden ist; dahin
zielende Forderungen beginnen immer mehr die lebhafte Aufmerksamkeit der
gelehrten Kreise auf sich zu ziehen, und in der That ist die Bedeutung dieses
Strebens eine so außerordentlich hervorragende, daß mehr als gerechtfertigt ist,
wenn an dessen Lösung mit aller Macht gearbeitet wird. Einen höchst be-
achtenswerthen Beitrag hierfür liefert eine eben bei B. G. Teubner in Leipzig
erschienene Brochüre "Die Selbständigkeit des bibliothekarischen Berufes mit
Rücksicht auf die deutschen Universitäts-Bibliotheken." Der sehr sachkundige
Verfasser erkennt als die Wurzel alles Uebels und den Grund aller Fehler,
welche verhinderten, daß unsere Universitäts-Bibliotheken der Wissenschaft das¬
jenige leisteten, was sie leisten könnten und müßten, -- die zwar gesetzlich
normirte, aber in ihren Folgen sehr verderbliche Doppelstellung der bisherigen
Bibliotheks-Beamten. Am weitesten gehen in dieser Beziehung wohl die
Statuten der preußischen Universitäten; einmal verordnen sie, "daß der Ober¬
bibliothekar stets ein Professor der Universität sein muß, und die übrigen
Beamten soviel als möglich aus den Docenten der Universität genommen


lediglich von der Regierung zu erwarten. Ihr, der Presse, darf man mit Recht
einen Vorwurf daraus machen, wenn sie sich auf die Opposition beschränkt.
So ist denn auch nicht unsere Absicht, solche Beschränkung zu üben. Wir
sind nicht im Zweifel, was an die Stelle der Matricularbeiträge zu setzen sei,
insoweit die unmittelbaren Reichseinnahmen zur Bedeckung des Normalbe¬
darfes nicht zureichen. Aber bevor wir unsere Vorschläge formuliren, müssen
wir erst den Haushalts-Etat des Reiches vor Augen haben, und bedarf es
auch einer Kenntniß mancher anderer Gesetze, mit denen sich der Reichstag
noch in dieser Session zu beschäftigen haben wird.




Zur Keform der Verwaltung unserer UniverWts-
IMiotheKen.

Seitdem sich die Aussichten für die künftige Universitätsbibliothek der
deutschen Reichsuniversität Straßburg durch die großartige Liberalität des
deutschen Buchhandels und des ganzen deutschen Volkes so glänzend gestalten,
drängt sich immer lauter die Frage auf, wie bei ihr die Leitung und Ver¬
waltung organisirt werden wird? Werden bei ihr dieselben Zustände einge¬
bürgert werden, welche neuerdings zu so zahlreichen und gerechten Klagen
über die bereits bestehenden Universitäts - Bibliotheken Veranlassung gegeben
haben? Denn es ist bekannt, daß gerade in letzter Zeit das Bedürfniß einer
gründlichen Reorganisation dieser Institute energisch betont worden ist; dahin
zielende Forderungen beginnen immer mehr die lebhafte Aufmerksamkeit der
gelehrten Kreise auf sich zu ziehen, und in der That ist die Bedeutung dieses
Strebens eine so außerordentlich hervorragende, daß mehr als gerechtfertigt ist,
wenn an dessen Lösung mit aller Macht gearbeitet wird. Einen höchst be-
achtenswerthen Beitrag hierfür liefert eine eben bei B. G. Teubner in Leipzig
erschienene Brochüre „Die Selbständigkeit des bibliothekarischen Berufes mit
Rücksicht auf die deutschen Universitäts-Bibliotheken." Der sehr sachkundige
Verfasser erkennt als die Wurzel alles Uebels und den Grund aller Fehler,
welche verhinderten, daß unsere Universitäts-Bibliotheken der Wissenschaft das¬
jenige leisteten, was sie leisten könnten und müßten, — die zwar gesetzlich
normirte, aber in ihren Folgen sehr verderbliche Doppelstellung der bisherigen
Bibliotheks-Beamten. Am weitesten gehen in dieser Beziehung wohl die
Statuten der preußischen Universitäten; einmal verordnen sie, „daß der Ober¬
bibliothekar stets ein Professor der Universität sein muß, und die übrigen
Beamten soviel als möglich aus den Docenten der Universität genommen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/341>, abgerufen am 30.04.2024.