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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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wir den Adjutanten erkennen, wie er aus dem Dunkel auf uns zuritt. Das
Heer sollte sich zurückziehen und eine Stellung auf den Epsom Downs ein¬
nehmen, fagte er, wir sollten uns dem Marsche anschließen und versuchen,
unsere Brigade am Morgen wiederzufinden. So wendeten wir uns wieder
dem Gedränge zu und machten unsern Weg so gut wir konnten. Er gab
uns dann, als er neben unserer ersten Section hinritt, einige andere Nach¬
richten. Die Armee hatte ihre Stellung eine Zeitlang gut behauptet, aber
der Feind hatte zuletzt die Linie zwischen uns und Guildford durchbrochen und
ebenso in unserer Front, und hatte seine Leute durch die genommene Stelle
ergossen, wodurch er die Linie in Verwirrung gebracht hatte, und das erste
Armeecorps bei Guildford ging ebenfalls zurück, um einer Umgehung auszu¬
weichen- Die regulären Truppen deckten den Rückzug. Wir sollten so rasch
wie möglich marschiren, um ihnen nicht im Wege zu sein und ihnen zu ge¬
statten, sich am Morgen regelrecht zurückzuziehen. Der tapfere alte Lord, der
unser Corps befehligte, war frühzeitig am Tage schwer verwundet und vom
Schlachtfelde weggeschafft worden. Die Garden hatten furchtbar gelitten, die
Gardereiter hatten die feindlichen Kürassiere niedergeritten, waren aber in ge-
brochnes Terrain gerathen und schrecklich zugerichtet worden.

Dies waren die unzusammenhängenden Nachrichten, die in unserer müden
Colonne von Mann zu Mann gingen. Was aus unseren Verwundeten ge¬
worden, wußte niemand und wagte niemand zu fragen. So marschirten wir
mit müden schweren Beinen weiter. (Schluß folgt.)




Deutsches und französisches Mngstfest.

Wir waren durch die Bergstraße heraufgekommen zum Heidelberger Schloß,
eine Schaar alter Freunde aus Süd und Nord, die im wonnigen Maiengrün
der Pfingsttage ihr Wiedersehen hier zu feiern gedachte. Ueberall in den
Städten und Dörfern, welche die Bahn berührt, wallte der Schmuck der
neuen Reichsfarben, drängten sich Hunderte aus nah und fern in den Bahn¬
höfen. Ueberall Laubgewinde, und herzliche "Willkommen" in gutgemeinter
Poesie und Prosa um die langen hölzernen Hallen geschlungen, wo Speise
und Trank für die heimkehrenden Krieger bereit stand. Und wenn man die
freudig versammelte Menge frug: "Erwartet Ihr Eure Söhne und Brüder,
die Kinder dieses Landes hier auf der Rückkehr aus Frankreich? so riefen sie
Nein und Ja durch einander. Die aber Ja riefen, setzten hinzu: "Die wir


wir den Adjutanten erkennen, wie er aus dem Dunkel auf uns zuritt. Das
Heer sollte sich zurückziehen und eine Stellung auf den Epsom Downs ein¬
nehmen, fagte er, wir sollten uns dem Marsche anschließen und versuchen,
unsere Brigade am Morgen wiederzufinden. So wendeten wir uns wieder
dem Gedränge zu und machten unsern Weg so gut wir konnten. Er gab
uns dann, als er neben unserer ersten Section hinritt, einige andere Nach¬
richten. Die Armee hatte ihre Stellung eine Zeitlang gut behauptet, aber
der Feind hatte zuletzt die Linie zwischen uns und Guildford durchbrochen und
ebenso in unserer Front, und hatte seine Leute durch die genommene Stelle
ergossen, wodurch er die Linie in Verwirrung gebracht hatte, und das erste
Armeecorps bei Guildford ging ebenfalls zurück, um einer Umgehung auszu¬
weichen- Die regulären Truppen deckten den Rückzug. Wir sollten so rasch
wie möglich marschiren, um ihnen nicht im Wege zu sein und ihnen zu ge¬
statten, sich am Morgen regelrecht zurückzuziehen. Der tapfere alte Lord, der
unser Corps befehligte, war frühzeitig am Tage schwer verwundet und vom
Schlachtfelde weggeschafft worden. Die Garden hatten furchtbar gelitten, die
Gardereiter hatten die feindlichen Kürassiere niedergeritten, waren aber in ge-
brochnes Terrain gerathen und schrecklich zugerichtet worden.

Dies waren die unzusammenhängenden Nachrichten, die in unserer müden
Colonne von Mann zu Mann gingen. Was aus unseren Verwundeten ge¬
worden, wußte niemand und wagte niemand zu fragen. So marschirten wir
mit müden schweren Beinen weiter. (Schluß folgt.)




Deutsches und französisches Mngstfest.

Wir waren durch die Bergstraße heraufgekommen zum Heidelberger Schloß,
eine Schaar alter Freunde aus Süd und Nord, die im wonnigen Maiengrün
der Pfingsttage ihr Wiedersehen hier zu feiern gedachte. Ueberall in den
Städten und Dörfern, welche die Bahn berührt, wallte der Schmuck der
neuen Reichsfarben, drängten sich Hunderte aus nah und fern in den Bahn¬
höfen. Ueberall Laubgewinde, und herzliche „Willkommen" in gutgemeinter
Poesie und Prosa um die langen hölzernen Hallen geschlungen, wo Speise
und Trank für die heimkehrenden Krieger bereit stand. Und wenn man die
freudig versammelte Menge frug: „Erwartet Ihr Eure Söhne und Brüder,
die Kinder dieses Landes hier auf der Rückkehr aus Frankreich? so riefen sie
Nein und Ja durch einander. Die aber Ja riefen, setzten hinzu: „Die wir


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/431>, abgerufen am 30.04.2024.