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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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oder durch Lehren und Worte verkünden. Diesen Zeugen Gottes, -- Goltz war
ein solcher -- lohnt selten die Erkenntniß der Mitlebenden, reicher der Dank
der Nachwelt, und sind sie hinübergegangen in's Jenseits, dann leuchtet noch
in ferner Zeit über ihrem Haupte in strahlendem Glanz der Stern der ewigen
Wahrheit.




Se. Heorge d'Lümna.
Aus Holland.

. Der zweiten Kammer der Generalstaaten ist von Seiten der Regierung
ein mit England geschlossener Vertrag zur Bestätigung vorgelegt worden, nach
welchem die niederländischen Besitzungen an der Küste von Guinea an Gro߬
britannien abgetreten werden. Von einem Verkauf ist dabei nicht die Rede,
da für Uebernahme der Regierungsgebäude u. s, w. die Summe von höch¬
stens vierundzwanzigtausend Pfund Sterling festgesetzt ist. Obgleich diese
Transaction von keiner politischen Bedeutung ist, so knüpfen sich doch an die
Motive dieser Handlung Betrachtungen, die nicht ohne Einfluß auf die Ent>
Wickelung der Verhältnisse der andern niederländischen Colonien bleiben
dürften.

Die Besitzung Se. George d'Elmina hatte in der Zeit der Blüthe des Sclaven¬
handels für diesen großen Werth, der aber nach der Unterdrückung desselben
gänzlich geschwunden ist, denn auch als "Goldküste" hat sie keine Bedeutung
mehr. Der Handel mit dem Mutterlande ist so gering, daß z. B. im Jahre
1869 der Werth der Ausfuhr dahin unter der Summe der Verwaltungskosten
blieb. So kann man begreifen, daß sie für Holland einen Lastposten bildete.
Vor mehreren Jahren schon hat man versucht, die Besitzung zu heben, indem
man anfing, Producte für den europäischen Markt zu cultiviren und die
alten Goldminen zu exploitiren. Aber diese Versuche sind fehlgeschlagen; es
wird gesagt, daß Unkenntniß und Nachlässigkeit Schuld daran gewesen seien.
Aber wären sie auch nicht gescheitert, dann wäre doch noch sehr die Frage,
ob aus den eingeborenen Negern ohne Zwang, ohne verdeckte Sclaverei, je
brauchbare Arbeiter zu machen wären. Aus Allem, waS wir bisher darüber
wissen, ist erwiesen, daß der Afrikaner, auf der Stufe seiner gegenwärtigen
Bildung, freiwillig nicht zu regelmäßiger, schwerer Arbeit zu bewegen ist, und
ohne diese sind Pflanzungen und Bergwerke unmöglich. Dabei ist noch in
Betracht zu ziehen, daß dergleichen Unternehmungen nur in einex gewissen
Entfernung von der Küste stattfinden können, also nicht unter dem unmittel-


Grenzbotm 1. 1871. 129

oder durch Lehren und Worte verkünden. Diesen Zeugen Gottes, — Goltz war
ein solcher — lohnt selten die Erkenntniß der Mitlebenden, reicher der Dank
der Nachwelt, und sind sie hinübergegangen in's Jenseits, dann leuchtet noch
in ferner Zeit über ihrem Haupte in strahlendem Glanz der Stern der ewigen
Wahrheit.




Se. Heorge d'Lümna.
Aus Holland.

. Der zweiten Kammer der Generalstaaten ist von Seiten der Regierung
ein mit England geschlossener Vertrag zur Bestätigung vorgelegt worden, nach
welchem die niederländischen Besitzungen an der Küste von Guinea an Gro߬
britannien abgetreten werden. Von einem Verkauf ist dabei nicht die Rede,
da für Uebernahme der Regierungsgebäude u. s, w. die Summe von höch¬
stens vierundzwanzigtausend Pfund Sterling festgesetzt ist. Obgleich diese
Transaction von keiner politischen Bedeutung ist, so knüpfen sich doch an die
Motive dieser Handlung Betrachtungen, die nicht ohne Einfluß auf die Ent>
Wickelung der Verhältnisse der andern niederländischen Colonien bleiben
dürften.

Die Besitzung Se. George d'Elmina hatte in der Zeit der Blüthe des Sclaven¬
handels für diesen großen Werth, der aber nach der Unterdrückung desselben
gänzlich geschwunden ist, denn auch als „Goldküste" hat sie keine Bedeutung
mehr. Der Handel mit dem Mutterlande ist so gering, daß z. B. im Jahre
1869 der Werth der Ausfuhr dahin unter der Summe der Verwaltungskosten
blieb. So kann man begreifen, daß sie für Holland einen Lastposten bildete.
Vor mehreren Jahren schon hat man versucht, die Besitzung zu heben, indem
man anfing, Producte für den europäischen Markt zu cultiviren und die
alten Goldminen zu exploitiren. Aber diese Versuche sind fehlgeschlagen; es
wird gesagt, daß Unkenntniß und Nachlässigkeit Schuld daran gewesen seien.
Aber wären sie auch nicht gescheitert, dann wäre doch noch sehr die Frage,
ob aus den eingeborenen Negern ohne Zwang, ohne verdeckte Sclaverei, je
brauchbare Arbeiter zu machen wären. Aus Allem, waS wir bisher darüber
wissen, ist erwiesen, daß der Afrikaner, auf der Stufe seiner gegenwärtigen
Bildung, freiwillig nicht zu regelmäßiger, schwerer Arbeit zu bewegen ist, und
ohne diese sind Pflanzungen und Bergwerke unmöglich. Dabei ist noch in
Betracht zu ziehen, daß dergleichen Unternehmungen nur in einex gewissen
Entfernung von der Küste stattfinden können, also nicht unter dem unmittel-


Grenzbotm 1. 1871. 129
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/505>, abgerufen am 30.04.2024.