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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

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ausmalte. In der neuern Zeit hat sich ein Graf Fossombroni dadurch großes
Verdienst erworben, daß er durch Kanalifirung und Eindämmung das Thal
so viel als möglich vor den Überschwemmungen der Chiana sicher stellte und
dadurch die ehemalige Fieberluft desselben beseitigte, und die vormals unbe¬
bauten Maremmen in fruchtbaren Culturboden verwandelte.




Jerttner Iriefe.

Uebung macht den Meister, auch in dem Arrangement von Triumph-
zügen: das haben die Berliner diesmal wieder bewährt. Zum dritten Mal
binnen acht Jahren hatten sie ein rückkehrendes Heer zu empfangen und wie
der Sieg größer gewesen war, als einer der vorhergehenden, so war die Zeit
kürzer gemessen, um die nothwendigen Borarbeiten zu treffen. Der Reichsan¬
zeiger hat gestern oder vorgestern aus Guhl und Koner eine Schilderung der
römischen Triumphzüge abgedruckt, deren Kern und Grundlage die via
triumplialis bildete. Um jedem Verdienst seine Ehre zu geben, muß gesagt
werden, daß der eigentliche Wiederentdecker der vis, trimnplialis der
Berliner Oberbürgermeister Seidel war, ein Mann, der bei man¬
chen Eigenheiten, die seine Verwaltung weniger gedeihlich machen, als sich
nach seinen Talenten und Erfahrungen hätte erwarten lassen, doch unstreitig
geistvoll, gelehrt und von reinstem Charakter ist. Die Zeit, welche er seinen
Amtsgeschäften abmüssigen kann, lebt er in seiner reichen Bibliothek und seine
Reden tragen den Stempel einer klassischen Bildung. Die Meisten werden
sich noch des Wortes von dem "Tropfen demokratischen Oels" erinnern, wel¬
ches Herr Seidel bei der Octoberfeier des Jahres 1863 sprach und welches
oft genug in den Jahren des Conflicts von Freund und Feind citirt wurde.
Die große Wendung der preußischen Politik, welche sich zuerst in dem Kriege
gegen Dänemark kund that, übte auf den Berliner Oberbürgermeister eine
mächtige Wirkung aus. Er gab sich voll und ganz der Politik von "Blut
und Eisen" hin und in dem Programm zum ersten Siegeseinzug gebrauchte
er den Ausdruck der via triumpnküis, der merkwürdiges Glück machte und
noch heute der deutschen Siegesstraße den Rang streitig macht, in dem Ber¬
liner Communaldeutsch aber sogar unumschränkt herrscht. Die via triumplig-Ils
Berlins im engern Sinne ist der Raum der Linden zwischen, dem Brander-


ausmalte. In der neuern Zeit hat sich ein Graf Fossombroni dadurch großes
Verdienst erworben, daß er durch Kanalifirung und Eindämmung das Thal
so viel als möglich vor den Überschwemmungen der Chiana sicher stellte und
dadurch die ehemalige Fieberluft desselben beseitigte, und die vormals unbe¬
bauten Maremmen in fruchtbaren Culturboden verwandelte.




Jerttner Iriefe.

Uebung macht den Meister, auch in dem Arrangement von Triumph-
zügen: das haben die Berliner diesmal wieder bewährt. Zum dritten Mal
binnen acht Jahren hatten sie ein rückkehrendes Heer zu empfangen und wie
der Sieg größer gewesen war, als einer der vorhergehenden, so war die Zeit
kürzer gemessen, um die nothwendigen Borarbeiten zu treffen. Der Reichsan¬
zeiger hat gestern oder vorgestern aus Guhl und Koner eine Schilderung der
römischen Triumphzüge abgedruckt, deren Kern und Grundlage die via
triumplialis bildete. Um jedem Verdienst seine Ehre zu geben, muß gesagt
werden, daß der eigentliche Wiederentdecker der vis, trimnplialis der
Berliner Oberbürgermeister Seidel war, ein Mann, der bei man¬
chen Eigenheiten, die seine Verwaltung weniger gedeihlich machen, als sich
nach seinen Talenten und Erfahrungen hätte erwarten lassen, doch unstreitig
geistvoll, gelehrt und von reinstem Charakter ist. Die Zeit, welche er seinen
Amtsgeschäften abmüssigen kann, lebt er in seiner reichen Bibliothek und seine
Reden tragen den Stempel einer klassischen Bildung. Die Meisten werden
sich noch des Wortes von dem „Tropfen demokratischen Oels" erinnern, wel¬
ches Herr Seidel bei der Octoberfeier des Jahres 1863 sprach und welches
oft genug in den Jahren des Conflicts von Freund und Feind citirt wurde.
Die große Wendung der preußischen Politik, welche sich zuerst in dem Kriege
gegen Dänemark kund that, übte auf den Berliner Oberbürgermeister eine
mächtige Wirkung aus. Er gab sich voll und ganz der Politik von „Blut
und Eisen" hin und in dem Programm zum ersten Siegeseinzug gebrauchte
er den Ausdruck der via triumpnküis, der merkwürdiges Glück machte und
noch heute der deutschen Siegesstraße den Rang streitig macht, in dem Ber¬
liner Communaldeutsch aber sogar unumschränkt herrscht. Die via triumplig-Ils
Berlins im engern Sinne ist der Raum der Linden zwischen, dem Brander-


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[0519] ausmalte. In der neuern Zeit hat sich ein Graf Fossombroni dadurch großes Verdienst erworben, daß er durch Kanalifirung und Eindämmung das Thal so viel als möglich vor den Überschwemmungen der Chiana sicher stellte und dadurch die ehemalige Fieberluft desselben beseitigte, und die vormals unbe¬ bauten Maremmen in fruchtbaren Culturboden verwandelte. Jerttner Iriefe. Uebung macht den Meister, auch in dem Arrangement von Triumph- zügen: das haben die Berliner diesmal wieder bewährt. Zum dritten Mal binnen acht Jahren hatten sie ein rückkehrendes Heer zu empfangen und wie der Sieg größer gewesen war, als einer der vorhergehenden, so war die Zeit kürzer gemessen, um die nothwendigen Borarbeiten zu treffen. Der Reichsan¬ zeiger hat gestern oder vorgestern aus Guhl und Koner eine Schilderung der römischen Triumphzüge abgedruckt, deren Kern und Grundlage die via triumplialis bildete. Um jedem Verdienst seine Ehre zu geben, muß gesagt werden, daß der eigentliche Wiederentdecker der vis, trimnplialis der Berliner Oberbürgermeister Seidel war, ein Mann, der bei man¬ chen Eigenheiten, die seine Verwaltung weniger gedeihlich machen, als sich nach seinen Talenten und Erfahrungen hätte erwarten lassen, doch unstreitig geistvoll, gelehrt und von reinstem Charakter ist. Die Zeit, welche er seinen Amtsgeschäften abmüssigen kann, lebt er in seiner reichen Bibliothek und seine Reden tragen den Stempel einer klassischen Bildung. Die Meisten werden sich noch des Wortes von dem „Tropfen demokratischen Oels" erinnern, wel¬ ches Herr Seidel bei der Octoberfeier des Jahres 1863 sprach und welches oft genug in den Jahren des Conflicts von Freund und Feind citirt wurde. Die große Wendung der preußischen Politik, welche sich zuerst in dem Kriege gegen Dänemark kund that, übte auf den Berliner Oberbürgermeister eine mächtige Wirkung aus. Er gab sich voll und ganz der Politik von „Blut und Eisen" hin und in dem Programm zum ersten Siegeseinzug gebrauchte er den Ausdruck der via triumpnküis, der merkwürdiges Glück machte und noch heute der deutschen Siegesstraße den Rang streitig macht, in dem Ber¬ liner Communaldeutsch aber sogar unumschränkt herrscht. Die via triumplig-Ils Berlins im engern Sinne ist der Raum der Linden zwischen, dem Brander-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/519>, abgerufen am 30.04.2024.