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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band.

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Mitbürger bereichert haben; ein Fall, der nicht allein in Ville d'Avray vor¬
gekommen ist.

Die Behauptung, daß Pianos eingepackt sein sollen, ist geradezu absurd.

In Ville d'Avray gelangten alle durch die militairische Situation ge¬
botenen Maßregeln mit der größten Humanität zur Ausführung; so kam die
Ausweisung der Einwohner aus dem Vorposten-Rayon dort nie zur völligen
Durchführung. Der Maire und der ganze ärmere Theil der Bevölkerung
verblieb bis zum Fall von Paris in dem Ort, obgleich der Verdacht der
Spionage durch das periodische wohldirigirte Feuer des Mont Valerien nur
allzusehr begründet erschien.

Betreffs der Anklage, daß aus dem Hause der Mdme Furtado zu
Roequencourt das Silberzeug gestohlen worden sei, ist berichtet worden, daß
in dem Hause Silberzeug nie zum Vorschein gekommen ist.

Der Maitre d'Hotel in dem Hause der Mdme Furtado Namens Do-
minique, der vom ersten bis zum letzten Tage anwesend war, hat wiederholt
erklärt, daß die vor dem 19. September 1870 daselbst einquartirten
Franctireurs alle Bettdecken und sonstigen Sachen mit sich weggeführt hätten.
Dieser Maitre d'Hütel führte über jeden Stock, den die Soldaten unberechtigt
aus einem Zaune nahmen, über jede Kleinigkeit, die ihm möglicherweise
Schaden verursachen konnte, bei den Offizieren heftige Klage, hat jedoch nie¬
mals wegen Verlust oder Entwertung von Silberzeug ein Wort' geäußert,
was ohne Zweifel geschehen, wenn an den in der Kevuiz des cieux luonäss
enthaltenen verdächtigenden Angaben etwas Wahres wäre.

Eine gerichtliche Vernehmung des:c. Dominique würde dies constatiren.


Der commandirende General,
gez. von Kirchbach


.Berliner Ariefe.

Schon vor acht Tagen konnte man hier
in Kreisen, welche den Ideen des Reichskanzlers nahe stehen, als den Zweck
und Sinn der Gasteiner Zusammenkunft das Wort Friedensliga hören.
Seitdem hat es seinen Weg in die Oeffentlichkeit gemacht. Ein Wiener Blatt,
wenn wir nicht irren, hat es zuerst gebraucht und dann der Telegraph es in
die Welt getragen, die es mit freudigem Gruße empfängt. Vielleicht stand
uns nicht an, dasselbe zuerst zu gebrauchendenn wir sind im Kriege die


Mitbürger bereichert haben; ein Fall, der nicht allein in Ville d'Avray vor¬
gekommen ist.

Die Behauptung, daß Pianos eingepackt sein sollen, ist geradezu absurd.

In Ville d'Avray gelangten alle durch die militairische Situation ge¬
botenen Maßregeln mit der größten Humanität zur Ausführung; so kam die
Ausweisung der Einwohner aus dem Vorposten-Rayon dort nie zur völligen
Durchführung. Der Maire und der ganze ärmere Theil der Bevölkerung
verblieb bis zum Fall von Paris in dem Ort, obgleich der Verdacht der
Spionage durch das periodische wohldirigirte Feuer des Mont Valerien nur
allzusehr begründet erschien.

Betreffs der Anklage, daß aus dem Hause der Mdme Furtado zu
Roequencourt das Silberzeug gestohlen worden sei, ist berichtet worden, daß
in dem Hause Silberzeug nie zum Vorschein gekommen ist.

Der Maitre d'Hotel in dem Hause der Mdme Furtado Namens Do-
minique, der vom ersten bis zum letzten Tage anwesend war, hat wiederholt
erklärt, daß die vor dem 19. September 1870 daselbst einquartirten
Franctireurs alle Bettdecken und sonstigen Sachen mit sich weggeführt hätten.
Dieser Maitre d'Hütel führte über jeden Stock, den die Soldaten unberechtigt
aus einem Zaune nahmen, über jede Kleinigkeit, die ihm möglicherweise
Schaden verursachen konnte, bei den Offizieren heftige Klage, hat jedoch nie¬
mals wegen Verlust oder Entwertung von Silberzeug ein Wort' geäußert,
was ohne Zweifel geschehen, wenn an den in der Kevuiz des cieux luonäss
enthaltenen verdächtigenden Angaben etwas Wahres wäre.

Eine gerichtliche Vernehmung des:c. Dominique würde dies constatiren.


Der commandirende General,
gez. von Kirchbach


.Berliner Ariefe.

Schon vor acht Tagen konnte man hier
in Kreisen, welche den Ideen des Reichskanzlers nahe stehen, als den Zweck
und Sinn der Gasteiner Zusammenkunft das Wort Friedensliga hören.
Seitdem hat es seinen Weg in die Oeffentlichkeit gemacht. Ein Wiener Blatt,
wenn wir nicht irren, hat es zuerst gebraucht und dann der Telegraph es in
die Welt getragen, die es mit freudigem Gruße empfängt. Vielleicht stand
uns nicht an, dasselbe zuerst zu gebrauchendenn wir sind im Kriege die


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[0444] Mitbürger bereichert haben; ein Fall, der nicht allein in Ville d'Avray vor¬ gekommen ist. Die Behauptung, daß Pianos eingepackt sein sollen, ist geradezu absurd. In Ville d'Avray gelangten alle durch die militairische Situation ge¬ botenen Maßregeln mit der größten Humanität zur Ausführung; so kam die Ausweisung der Einwohner aus dem Vorposten-Rayon dort nie zur völligen Durchführung. Der Maire und der ganze ärmere Theil der Bevölkerung verblieb bis zum Fall von Paris in dem Ort, obgleich der Verdacht der Spionage durch das periodische wohldirigirte Feuer des Mont Valerien nur allzusehr begründet erschien. Betreffs der Anklage, daß aus dem Hause der Mdme Furtado zu Roequencourt das Silberzeug gestohlen worden sei, ist berichtet worden, daß in dem Hause Silberzeug nie zum Vorschein gekommen ist. Der Maitre d'Hotel in dem Hause der Mdme Furtado Namens Do- minique, der vom ersten bis zum letzten Tage anwesend war, hat wiederholt erklärt, daß die vor dem 19. September 1870 daselbst einquartirten Franctireurs alle Bettdecken und sonstigen Sachen mit sich weggeführt hätten. Dieser Maitre d'Hütel führte über jeden Stock, den die Soldaten unberechtigt aus einem Zaune nahmen, über jede Kleinigkeit, die ihm möglicherweise Schaden verursachen konnte, bei den Offizieren heftige Klage, hat jedoch nie¬ mals wegen Verlust oder Entwertung von Silberzeug ein Wort' geäußert, was ohne Zweifel geschehen, wenn an den in der Kevuiz des cieux luonäss enthaltenen verdächtigenden Angaben etwas Wahres wäre. Eine gerichtliche Vernehmung des:c. Dominique würde dies constatiren. Der commandirende General, gez. von Kirchbach .Berliner Ariefe. Schon vor acht Tagen konnte man hier in Kreisen, welche den Ideen des Reichskanzlers nahe stehen, als den Zweck und Sinn der Gasteiner Zusammenkunft das Wort Friedensliga hören. Seitdem hat es seinen Weg in die Oeffentlichkeit gemacht. Ein Wiener Blatt, wenn wir nicht irren, hat es zuerst gebraucht und dann der Telegraph es in die Welt getragen, die es mit freudigem Gruße empfängt. Vielleicht stand uns nicht an, dasselbe zuerst zu gebrauchendenn wir sind im Kriege die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_126315/444>, abgerufen am 02.05.2024.