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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.

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großer Anlage, bedeutenden Inhaltes, ausgezeichneter Ausführung verdient
wohl, daß an dieser Stelle die Leser darauf aufmerksam gemacht werden. Es
handelt sich um ein Werk, das nicht allein durch die solideste Forschung und
die durch und durch wissenschaftliche Natur der Grundlegung, sondern auch
durch die künstlerische Gestaltung und die Feinheit der Darstellung auf einen
allgemeinen Leserkreis berechnet ist.

Der Verfasser, Professor Karl von N vo rden, gehört zu den aller-
tüchtigsten unter der jüngeren Generation unserer Historiker. Kritische An¬
lagen, weite und erschöpfende Gesichtspunkte zeichnen auch seine Arbeiten in
mittelalterlicher Geschichte schon aus. Seit einer Reihe von Jahren hat er
dann der Geschichte des parlamentarischen England und seiner Politik in
europäischen Fragen seine Thäiigkeit zugewendet. Eine Reihe von Abhand¬
lungen sind ihm aus diesen Studien erwachsen (Zur Literatur und Geschichte
des englischen Selfgovernement -- die parlamentarische Parteiregierung in
England -- Ranke und Macaulay -- die preußische Politik im spanischen
Erbfolgekrieg -- der Rücktritt Pitts im Jahre 1801), welche alle in der von
H. v. Sybel herausgegebenen historischen Zeitschrift erschienen sind und zu
den besten Zierden derselben gehören. Als Privatdozent in Bonn war er
schon mit großem Erfolge thätig. Im Frühling 1868 in Greifswald zum
ordentlichen Professor der Geschichte ernannt, wurde der Verfasser im Som¬
mer 1870 zum Nachfolger von Reinhold Pauli auf dem Lehrstühle in
Marburg berufen. Und zu unseren wirksamsten akademischen Lehrern dür¬
fen wir ihn zählen. Was das Amt des historischen Lehrers auf den Univer¬
sitäten vornehmlich sein soll, auch die weiteren Kreise der Studirenden aller
Facultäten und Wissenszweige weiß Novrden durch seine Borträge anzuziehen
und zu fesseln: möchten aus solcher Arbeit ihm selbst und seinen Hörern die
segensreichen Früchte nicht ausbleiben!

Der erste Band, der bis jetzt vor uns liegt, kündigt sich an als den An¬
fang einer Darstellung des spanischen Erbfolgekrieges, welche selbst den Theil
eines größeren Ganzen bildet. Die europäischen Verhältnisse, die Fragen der
großen europäischen Gesammtpolitik sind es, welche den Gegenstand der Er¬
zählung ausmachen. Wir sehen dem Buche selbst an, daß der Verfasser
zuerst die englische Geschichte des 18. Jahrhunderts sich zum Vorwurf ge¬
wählt hatte. Die Grundlegung und erste Entwicklung des parlamentarischen



') Carl von Noordcn Europäische Geschichte im achtzehnten Jahrhundert. Erste Ab¬
theilung: Der spanische Erbfolgcrricg. . Erster Land, Düsseldorf, Buddeus 1870.
Lin neues HeschichtsWerK*)

großer Anlage, bedeutenden Inhaltes, ausgezeichneter Ausführung verdient
wohl, daß an dieser Stelle die Leser darauf aufmerksam gemacht werden. Es
handelt sich um ein Werk, das nicht allein durch die solideste Forschung und
die durch und durch wissenschaftliche Natur der Grundlegung, sondern auch
durch die künstlerische Gestaltung und die Feinheit der Darstellung auf einen
allgemeinen Leserkreis berechnet ist.

Der Verfasser, Professor Karl von N vo rden, gehört zu den aller-
tüchtigsten unter der jüngeren Generation unserer Historiker. Kritische An¬
lagen, weite und erschöpfende Gesichtspunkte zeichnen auch seine Arbeiten in
mittelalterlicher Geschichte schon aus. Seit einer Reihe von Jahren hat er
dann der Geschichte des parlamentarischen England und seiner Politik in
europäischen Fragen seine Thäiigkeit zugewendet. Eine Reihe von Abhand¬
lungen sind ihm aus diesen Studien erwachsen (Zur Literatur und Geschichte
des englischen Selfgovernement — die parlamentarische Parteiregierung in
England — Ranke und Macaulay — die preußische Politik im spanischen
Erbfolgekrieg — der Rücktritt Pitts im Jahre 1801), welche alle in der von
H. v. Sybel herausgegebenen historischen Zeitschrift erschienen sind und zu
den besten Zierden derselben gehören. Als Privatdozent in Bonn war er
schon mit großem Erfolge thätig. Im Frühling 1868 in Greifswald zum
ordentlichen Professor der Geschichte ernannt, wurde der Verfasser im Som¬
mer 1870 zum Nachfolger von Reinhold Pauli auf dem Lehrstühle in
Marburg berufen. Und zu unseren wirksamsten akademischen Lehrern dür¬
fen wir ihn zählen. Was das Amt des historischen Lehrers auf den Univer¬
sitäten vornehmlich sein soll, auch die weiteren Kreise der Studirenden aller
Facultäten und Wissenszweige weiß Novrden durch seine Borträge anzuziehen
und zu fesseln: möchten aus solcher Arbeit ihm selbst und seinen Hörern die
segensreichen Früchte nicht ausbleiben!

Der erste Band, der bis jetzt vor uns liegt, kündigt sich an als den An¬
fang einer Darstellung des spanischen Erbfolgekrieges, welche selbst den Theil
eines größeren Ganzen bildet. Die europäischen Verhältnisse, die Fragen der
großen europäischen Gesammtpolitik sind es, welche den Gegenstand der Er¬
zählung ausmachen. Wir sehen dem Buche selbst an, daß der Verfasser
zuerst die englische Geschichte des 18. Jahrhunderts sich zum Vorwurf ge¬
wählt hatte. Die Grundlegung und erste Entwicklung des parlamentarischen



') Carl von Noordcn Europäische Geschichte im achtzehnten Jahrhundert. Erste Ab¬
theilung: Der spanische Erbfolgcrricg. . Erster Land, Düsseldorf, Buddeus 1870.
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[0192] Lin neues HeschichtsWerK*) großer Anlage, bedeutenden Inhaltes, ausgezeichneter Ausführung verdient wohl, daß an dieser Stelle die Leser darauf aufmerksam gemacht werden. Es handelt sich um ein Werk, das nicht allein durch die solideste Forschung und die durch und durch wissenschaftliche Natur der Grundlegung, sondern auch durch die künstlerische Gestaltung und die Feinheit der Darstellung auf einen allgemeinen Leserkreis berechnet ist. Der Verfasser, Professor Karl von N vo rden, gehört zu den aller- tüchtigsten unter der jüngeren Generation unserer Historiker. Kritische An¬ lagen, weite und erschöpfende Gesichtspunkte zeichnen auch seine Arbeiten in mittelalterlicher Geschichte schon aus. Seit einer Reihe von Jahren hat er dann der Geschichte des parlamentarischen England und seiner Politik in europäischen Fragen seine Thäiigkeit zugewendet. Eine Reihe von Abhand¬ lungen sind ihm aus diesen Studien erwachsen (Zur Literatur und Geschichte des englischen Selfgovernement — die parlamentarische Parteiregierung in England — Ranke und Macaulay — die preußische Politik im spanischen Erbfolgekrieg — der Rücktritt Pitts im Jahre 1801), welche alle in der von H. v. Sybel herausgegebenen historischen Zeitschrift erschienen sind und zu den besten Zierden derselben gehören. Als Privatdozent in Bonn war er schon mit großem Erfolge thätig. Im Frühling 1868 in Greifswald zum ordentlichen Professor der Geschichte ernannt, wurde der Verfasser im Som¬ mer 1870 zum Nachfolger von Reinhold Pauli auf dem Lehrstühle in Marburg berufen. Und zu unseren wirksamsten akademischen Lehrern dür¬ fen wir ihn zählen. Was das Amt des historischen Lehrers auf den Univer¬ sitäten vornehmlich sein soll, auch die weiteren Kreise der Studirenden aller Facultäten und Wissenszweige weiß Novrden durch seine Borträge anzuziehen und zu fesseln: möchten aus solcher Arbeit ihm selbst und seinen Hörern die segensreichen Früchte nicht ausbleiben! Der erste Band, der bis jetzt vor uns liegt, kündigt sich an als den An¬ fang einer Darstellung des spanischen Erbfolgekrieges, welche selbst den Theil eines größeren Ganzen bildet. Die europäischen Verhältnisse, die Fragen der großen europäischen Gesammtpolitik sind es, welche den Gegenstand der Er¬ zählung ausmachen. Wir sehen dem Buche selbst an, daß der Verfasser zuerst die englische Geschichte des 18. Jahrhunderts sich zum Vorwurf ge¬ wählt hatte. Die Grundlegung und erste Entwicklung des parlamentarischen ') Carl von Noordcn Europäische Geschichte im achtzehnten Jahrhundert. Erste Ab¬ theilung: Der spanische Erbfolgcrricg. . Erster Land, Düsseldorf, Buddeus 1870.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_192299/192>, abgerufen am 08.05.2024.