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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band.

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"Der Dialekt, in welchem diese Gedichte verfaßt sind, mag ihre Benennung
rechtfertigen. Er herrscht in dem Winkel des Rheines zwischen dem Frickthal
und ehemaligen Sundgau, und weiterhin in mancherlei Abwandlungen bis
an die Vogesen und Alpen, und über den Schwarzwald hin in einem großen
Theile von Schwaben." So schreibt Peter Hebel an der Spitze der Vorrede,
mit welcher er zuerst diese Gedichte bei dem deutschen Volke einführte. Seinen
Marggräflern brauchte er das eigentlich nicht erst zu sagen, denn die sprachen
doch nicht anders als ihnen der Schnabel gewachsen war. Und den übrigen
Deutschen, zumal Norddeutschen, ward auch durch die Beherzigung dieser dia¬
lektischen Fingerzeige die Zunge nicht soweit gelöst um die Hebelschen Gedichte
in der Ursprache richtig oder auch nur erträglich lesen, zumal vorlesen zu
können. -- Daher mannigfach die Unternehmungen, den goldenen Kern dieser
Gedichte durch Uebersetzung ins Hochdeutsche allen zugänglich zu machen. Diesem
Bestreben verdanken die B liber Ludwig Richter's zu Hebels allemanni-
schen Gedichten eigentlich ihre Entstehung. Denn sie zierten manche Auflage
der hochdeutschen Uebersetzung, welche dieselbe Verlagshandlung von Hebels
Gedichten veranstaltet hatte. Aber sie muthen uns jetzt bei den allemannischen
Klängen der vorliegenden Ausgabe viel heimeliger und ursprünglicher an. als
neben den hochdeutschen Versen der früheren Auflagen. So sehr hat Ludwig
Richter in diesem Werke von des süddeutschen Dichters Eigenthümlichkeit
und der Klangfarbe seiner Worte und Bildungen sich con genial berührt
gefühlt -- und geschaffen.

Und warum ist die Verlagshandlung zum allemannischen Urtext zurück¬
gekehrt? Die deutsche Geschichte der letzten vierzig Jahre gibt Antwort darauf.
Alle deutschen Stämme haben sich kennen und lieben lernen, und namentlich
den Norddeutschen treibt es alljährlich mächtig gen Süden: Sprache, Sitten,
Land und Art der süddeutschen Brüder kennen zu lernen. Und nun ist unsrer
Reiselust auch das neue Reichsland das liebste Ziel. Auch dort wie diesseit
des Rheins das -- freilich etwas weichlichere -- allemannische Idiom. Da wird
Jeder gerne die verwandten Bilder und Laute, die ihm glückliche Reisestunden
begleiteten, nach Hause zurückgekehrt, aus dieser ewig schönen und reinen
B. Quelle schöpfen.




Mit Ur. 2V beginnt diese Zeitschrift ein neues Kuartal, welches
durch alle Buchhattdl"engen und Postämter des Zu- und Aus¬
landes zu beziehe" ist.
Leipzig, im Zum 1872.Die Verlogshandlung




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Haus Bl"in.
Verlag von F. L. Httbig. -- Druck von Hüthel 6 Legte" in Leipzig.

„Der Dialekt, in welchem diese Gedichte verfaßt sind, mag ihre Benennung
rechtfertigen. Er herrscht in dem Winkel des Rheines zwischen dem Frickthal
und ehemaligen Sundgau, und weiterhin in mancherlei Abwandlungen bis
an die Vogesen und Alpen, und über den Schwarzwald hin in einem großen
Theile von Schwaben." So schreibt Peter Hebel an der Spitze der Vorrede,
mit welcher er zuerst diese Gedichte bei dem deutschen Volke einführte. Seinen
Marggräflern brauchte er das eigentlich nicht erst zu sagen, denn die sprachen
doch nicht anders als ihnen der Schnabel gewachsen war. Und den übrigen
Deutschen, zumal Norddeutschen, ward auch durch die Beherzigung dieser dia¬
lektischen Fingerzeige die Zunge nicht soweit gelöst um die Hebelschen Gedichte
in der Ursprache richtig oder auch nur erträglich lesen, zumal vorlesen zu
können. — Daher mannigfach die Unternehmungen, den goldenen Kern dieser
Gedichte durch Uebersetzung ins Hochdeutsche allen zugänglich zu machen. Diesem
Bestreben verdanken die B liber Ludwig Richter's zu Hebels allemanni-
schen Gedichten eigentlich ihre Entstehung. Denn sie zierten manche Auflage
der hochdeutschen Uebersetzung, welche dieselbe Verlagshandlung von Hebels
Gedichten veranstaltet hatte. Aber sie muthen uns jetzt bei den allemannischen
Klängen der vorliegenden Ausgabe viel heimeliger und ursprünglicher an. als
neben den hochdeutschen Versen der früheren Auflagen. So sehr hat Ludwig
Richter in diesem Werke von des süddeutschen Dichters Eigenthümlichkeit
und der Klangfarbe seiner Worte und Bildungen sich con genial berührt
gefühlt — und geschaffen.

Und warum ist die Verlagshandlung zum allemannischen Urtext zurück¬
gekehrt? Die deutsche Geschichte der letzten vierzig Jahre gibt Antwort darauf.
Alle deutschen Stämme haben sich kennen und lieben lernen, und namentlich
den Norddeutschen treibt es alljährlich mächtig gen Süden: Sprache, Sitten,
Land und Art der süddeutschen Brüder kennen zu lernen. Und nun ist unsrer
Reiselust auch das neue Reichsland das liebste Ziel. Auch dort wie diesseit
des Rheins das — freilich etwas weichlichere — allemannische Idiom. Da wird
Jeder gerne die verwandten Bilder und Laute, die ihm glückliche Reisestunden
begleiteten, nach Hause zurückgekehrt, aus dieser ewig schönen und reinen
B. Quelle schöpfen.




Mit Ur. 2V beginnt diese Zeitschrift ein neues Kuartal, welches
durch alle Buchhattdl»engen und Postämter des Zu- und Aus¬
landes zu beziehe« ist.
Leipzig, im Zum 1872.Die Verlogshandlung




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Haus Bl»in.
Verlag von F. L. Httbig. — Druck von Hüthel 6 Legte» in Leipzig.
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[0516] „Der Dialekt, in welchem diese Gedichte verfaßt sind, mag ihre Benennung rechtfertigen. Er herrscht in dem Winkel des Rheines zwischen dem Frickthal und ehemaligen Sundgau, und weiterhin in mancherlei Abwandlungen bis an die Vogesen und Alpen, und über den Schwarzwald hin in einem großen Theile von Schwaben." So schreibt Peter Hebel an der Spitze der Vorrede, mit welcher er zuerst diese Gedichte bei dem deutschen Volke einführte. Seinen Marggräflern brauchte er das eigentlich nicht erst zu sagen, denn die sprachen doch nicht anders als ihnen der Schnabel gewachsen war. Und den übrigen Deutschen, zumal Norddeutschen, ward auch durch die Beherzigung dieser dia¬ lektischen Fingerzeige die Zunge nicht soweit gelöst um die Hebelschen Gedichte in der Ursprache richtig oder auch nur erträglich lesen, zumal vorlesen zu können. — Daher mannigfach die Unternehmungen, den goldenen Kern dieser Gedichte durch Uebersetzung ins Hochdeutsche allen zugänglich zu machen. Diesem Bestreben verdanken die B liber Ludwig Richter's zu Hebels allemanni- schen Gedichten eigentlich ihre Entstehung. Denn sie zierten manche Auflage der hochdeutschen Uebersetzung, welche dieselbe Verlagshandlung von Hebels Gedichten veranstaltet hatte. Aber sie muthen uns jetzt bei den allemannischen Klängen der vorliegenden Ausgabe viel heimeliger und ursprünglicher an. als neben den hochdeutschen Versen der früheren Auflagen. So sehr hat Ludwig Richter in diesem Werke von des süddeutschen Dichters Eigenthümlichkeit und der Klangfarbe seiner Worte und Bildungen sich con genial berührt gefühlt — und geschaffen. Und warum ist die Verlagshandlung zum allemannischen Urtext zurück¬ gekehrt? Die deutsche Geschichte der letzten vierzig Jahre gibt Antwort darauf. Alle deutschen Stämme haben sich kennen und lieben lernen, und namentlich den Norddeutschen treibt es alljährlich mächtig gen Süden: Sprache, Sitten, Land und Art der süddeutschen Brüder kennen zu lernen. Und nun ist unsrer Reiselust auch das neue Reichsland das liebste Ziel. Auch dort wie diesseit des Rheins das — freilich etwas weichlichere — allemannische Idiom. Da wird Jeder gerne die verwandten Bilder und Laute, die ihm glückliche Reisestunden begleiteten, nach Hause zurückgekehrt, aus dieser ewig schönen und reinen B. Quelle schöpfen. Mit Ur. 2V beginnt diese Zeitschrift ein neues Kuartal, welches durch alle Buchhattdl»engen und Postämter des Zu- und Aus¬ landes zu beziehe« ist. Leipzig, im Zum 1872.Die Verlogshandlung Verantwortlicher Redacteur: Dr. Haus Bl»in. Verlag von F. L. Httbig. — Druck von Hüthel 6 Legte» in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127395/516>, abgerufen am 04.05.2024.