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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Der Marquis von Hartford ist auch todt und sein Sohn soll seine
Galerie nach London überführen wollen. Dagegen wird wol et'^umale die
Sammlung, die er vom Marschall Maison gekauft hat, in Frankreich lassen.
Dr. Ricord soll auch eine werthvolle Sammlung besitzen und Arsens Houssaye
ist nicht allein an Voltaire's Portraits reich. Die Zeit von Ludwig XV.
ist in seiner Sammlung sehr gut vertreten.

Baron Alphons Rothschild scheint den Geschmack seines Vaters für Ge-
mälde nicht geerbt zu haben. Er zieht Silbergeschirr vor und hat dem
Fürsten Paßkewitsch vergeblich einen hohen Preis für eine Vase von Benvenuto
Cellini geboten. >

Für drei oder vier Auktionen im Jahr, wo außerordentliche Preise erzielt
werden, welche die Fremden dazu verleiten, ihre Gemälde nach Paris zu
schicken, giebt es drei oder vier Versteigerungen täglich, auf denen die Bilder
gerade zu verschleudert werden, so daß es besser wäre sie zum Fenster hinaus¬
zuwerfen als sie ins Hotel prouve zu schicken. Die Werke von Dominichini
werden dann zu 25 Franken, und die von Goltzius zu 13 Franken.veräußert.
Die allgemeine Meinung ist, daß das Verbot dieser Auctionen den Kunst¬
handel allein retten könnte. Regelmäßigkeit würde es ihm sicher verleihen.


w.


Die San-Inn-Irage.

Von übergroßen Sympathien für die Vereinigten Staaten wissen Sie
mich frei und und ich darf daher, obgleich ich vom amerikanischen Boden
schreibe, für mich ein unparteiisches Urtheil in Anspruch nehmen, wo es sich
um eine Streitfrage zwischen Engländern und Nordamerikanern handelt, die
an und für sich höchst interessant, dennoch neben der weit größeren Alabama¬
frage kaum beachtet wurde. Deutschland aber, dessen Kaiser in dieser Frage
das Schiedsrichteramt verwaltet, hat die Pflicht sich besonders mit der San-
Juan-Angelegenheit vertraut zu machen; Deutschland ist für die Entscheidung
ein besonders günstiger Boden, da wesentlich geographische Fragen -- neben
den völkerrechtlichen -- hier zur Entscheidung kommen und Deutschland ist
ja so recht eigentlich das Land der Geographen.

Nehmen Sie eine beliebige Weltkarte zur Hand, auf der, wie gewöhnlich,
die Besitzungen des britischen Leuen mit rother Farbe verzeichnet stehen. Bald
in größeren Complexen, bald in freien Pünktchen vertheilt dieses Roth sich


Der Marquis von Hartford ist auch todt und sein Sohn soll seine
Galerie nach London überführen wollen. Dagegen wird wol et'^umale die
Sammlung, die er vom Marschall Maison gekauft hat, in Frankreich lassen.
Dr. Ricord soll auch eine werthvolle Sammlung besitzen und Arsens Houssaye
ist nicht allein an Voltaire's Portraits reich. Die Zeit von Ludwig XV.
ist in seiner Sammlung sehr gut vertreten.

Baron Alphons Rothschild scheint den Geschmack seines Vaters für Ge-
mälde nicht geerbt zu haben. Er zieht Silbergeschirr vor und hat dem
Fürsten Paßkewitsch vergeblich einen hohen Preis für eine Vase von Benvenuto
Cellini geboten. >

Für drei oder vier Auktionen im Jahr, wo außerordentliche Preise erzielt
werden, welche die Fremden dazu verleiten, ihre Gemälde nach Paris zu
schicken, giebt es drei oder vier Versteigerungen täglich, auf denen die Bilder
gerade zu verschleudert werden, so daß es besser wäre sie zum Fenster hinaus¬
zuwerfen als sie ins Hotel prouve zu schicken. Die Werke von Dominichini
werden dann zu 25 Franken, und die von Goltzius zu 13 Franken.veräußert.
Die allgemeine Meinung ist, daß das Verbot dieser Auctionen den Kunst¬
handel allein retten könnte. Regelmäßigkeit würde es ihm sicher verleihen.


w.


Die San-Inn-Irage.

Von übergroßen Sympathien für die Vereinigten Staaten wissen Sie
mich frei und und ich darf daher, obgleich ich vom amerikanischen Boden
schreibe, für mich ein unparteiisches Urtheil in Anspruch nehmen, wo es sich
um eine Streitfrage zwischen Engländern und Nordamerikanern handelt, die
an und für sich höchst interessant, dennoch neben der weit größeren Alabama¬
frage kaum beachtet wurde. Deutschland aber, dessen Kaiser in dieser Frage
das Schiedsrichteramt verwaltet, hat die Pflicht sich besonders mit der San-
Juan-Angelegenheit vertraut zu machen; Deutschland ist für die Entscheidung
ein besonders günstiger Boden, da wesentlich geographische Fragen — neben
den völkerrechtlichen — hier zur Entscheidung kommen und Deutschland ist
ja so recht eigentlich das Land der Geographen.

Nehmen Sie eine beliebige Weltkarte zur Hand, auf der, wie gewöhnlich,
die Besitzungen des britischen Leuen mit rother Farbe verzeichnet stehen. Bald
in größeren Complexen, bald in freien Pünktchen vertheilt dieses Roth sich


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[0235] Der Marquis von Hartford ist auch todt und sein Sohn soll seine Galerie nach London überführen wollen. Dagegen wird wol et'^umale die Sammlung, die er vom Marschall Maison gekauft hat, in Frankreich lassen. Dr. Ricord soll auch eine werthvolle Sammlung besitzen und Arsens Houssaye ist nicht allein an Voltaire's Portraits reich. Die Zeit von Ludwig XV. ist in seiner Sammlung sehr gut vertreten. Baron Alphons Rothschild scheint den Geschmack seines Vaters für Ge- mälde nicht geerbt zu haben. Er zieht Silbergeschirr vor und hat dem Fürsten Paßkewitsch vergeblich einen hohen Preis für eine Vase von Benvenuto Cellini geboten. > Für drei oder vier Auktionen im Jahr, wo außerordentliche Preise erzielt werden, welche die Fremden dazu verleiten, ihre Gemälde nach Paris zu schicken, giebt es drei oder vier Versteigerungen täglich, auf denen die Bilder gerade zu verschleudert werden, so daß es besser wäre sie zum Fenster hinaus¬ zuwerfen als sie ins Hotel prouve zu schicken. Die Werke von Dominichini werden dann zu 25 Franken, und die von Goltzius zu 13 Franken.veräußert. Die allgemeine Meinung ist, daß das Verbot dieser Auctionen den Kunst¬ handel allein retten könnte. Regelmäßigkeit würde es ihm sicher verleihen. w. Die San-Inn-Irage. Von übergroßen Sympathien für die Vereinigten Staaten wissen Sie mich frei und und ich darf daher, obgleich ich vom amerikanischen Boden schreibe, für mich ein unparteiisches Urtheil in Anspruch nehmen, wo es sich um eine Streitfrage zwischen Engländern und Nordamerikanern handelt, die an und für sich höchst interessant, dennoch neben der weit größeren Alabama¬ frage kaum beachtet wurde. Deutschland aber, dessen Kaiser in dieser Frage das Schiedsrichteramt verwaltet, hat die Pflicht sich besonders mit der San- Juan-Angelegenheit vertraut zu machen; Deutschland ist für die Entscheidung ein besonders günstiger Boden, da wesentlich geographische Fragen — neben den völkerrechtlichen — hier zur Entscheidung kommen und Deutschland ist ja so recht eigentlich das Land der Geographen. Nehmen Sie eine beliebige Weltkarte zur Hand, auf der, wie gewöhnlich, die Besitzungen des britischen Leuen mit rother Farbe verzeichnet stehen. Bald in größeren Complexen, bald in freien Pünktchen vertheilt dieses Roth sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/235>, abgerufen am 03.05.2024.