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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band.

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deckt wurden. Würmer, Seesterne, darunter die herrliche Briminga Erinoiden
oder Seelilien, die auf zartem Stamme schwankend ihre Kelche öffnen, welche
gleich Polypenarmen die Beute erfassen, Korallen und namentlich Schwämme
wurden entdeckt, zumal solche, welche man bisher nur versteinert kannte. Die
wunderbarsten Erscheinungen sind sicher die Glas schwämme, bei welchen
die Masse nicht wie bei unserm Badeschwamm aus hornartigen Fasern, sondern
aus feinen Kieselfaden gebildet ist, welche wie gesponnenes Glas aussehen.
Die bekannteste Art, die man bisher im Schlamme der Meere bei den Philip¬
pinen fand, ist der Venusblumenkorb (Cuplectella), welche aussteht, als hätte
man eine Anzahl Düten aus Spitzen in einander gesteckt. Vor wenigen Jahren
war dieses noch die einzige bekannte Art und sie ist noch so selten, daß man
das Stück beim Naturaltenhändler mit 10 bis 12 Thaler bezahlt -- jetzt sind
eine Menge andere Glasschwämme in der Meerestiefe entdeckt worden. Ebenso
werkwürdig ist der Glasseilschwamm (Hyalonema), der sich mit schraubenför¬
mig gestellten Glasnadeln in den Schlamm bohrt. Er fand sich an der japa¬
nischen Küste und die Naturforscher wußten nichts mit ihm anzufangen. War
es ein Schwamm oder ein Zoophyt, wo war das obere und wo das untere
Ende? Alle diese und andere Fragen werden durch die Entdeckung einer Art
Hyalonema bei Setubal (Portugal) gelöst. Kaum minder schön ist die Holte-
ma, ein hohler Schwamm, der aus Glasnadeln aufgebaut ist, zwei bis drei
Fuß lang wird und wie mit silberweißen Spitzen überzogen aussieht. Bei
der Betrachtung aller der werkwürdigen neuen Geschöpfe, die jetzt der Meeres¬
tiefe entrissen werden, erkennt man so recht, wie die Natur groß im Kleinen
ist und wie der Schöpfer auch auf die niedrigsten Formen unendliche Kunst
verwandte, auf Formen, die bisher im Meersschlamm begraben lagen, jetzt aber
durch unermüdliche Forscher an das Tageslicht gebracht werden.




Der gemeinnützige deutsche Derein in Orag.

Gestatten Sie mir heute, Ihnen aus dem vor kurzem ausgegebenen vierten Jah¬
resbericht des "DeutschenVereineszurVerbreitunggemeinnütziger
Kenntnisse" in Prag über das Vereinsjahr 1872 einige nähere Mitthei¬
lungen zu machen. Ihre geehrten Leser werden daraus selbst ermessen können,
wie sehr dieser Verein der nachdrücklichen Unterstützung aller national-deutsch-


deckt wurden. Würmer, Seesterne, darunter die herrliche Briminga Erinoiden
oder Seelilien, die auf zartem Stamme schwankend ihre Kelche öffnen, welche
gleich Polypenarmen die Beute erfassen, Korallen und namentlich Schwämme
wurden entdeckt, zumal solche, welche man bisher nur versteinert kannte. Die
wunderbarsten Erscheinungen sind sicher die Glas schwämme, bei welchen
die Masse nicht wie bei unserm Badeschwamm aus hornartigen Fasern, sondern
aus feinen Kieselfaden gebildet ist, welche wie gesponnenes Glas aussehen.
Die bekannteste Art, die man bisher im Schlamme der Meere bei den Philip¬
pinen fand, ist der Venusblumenkorb (Cuplectella), welche aussteht, als hätte
man eine Anzahl Düten aus Spitzen in einander gesteckt. Vor wenigen Jahren
war dieses noch die einzige bekannte Art und sie ist noch so selten, daß man
das Stück beim Naturaltenhändler mit 10 bis 12 Thaler bezahlt — jetzt sind
eine Menge andere Glasschwämme in der Meerestiefe entdeckt worden. Ebenso
werkwürdig ist der Glasseilschwamm (Hyalonema), der sich mit schraubenför¬
mig gestellten Glasnadeln in den Schlamm bohrt. Er fand sich an der japa¬
nischen Küste und die Naturforscher wußten nichts mit ihm anzufangen. War
es ein Schwamm oder ein Zoophyt, wo war das obere und wo das untere
Ende? Alle diese und andere Fragen werden durch die Entdeckung einer Art
Hyalonema bei Setubal (Portugal) gelöst. Kaum minder schön ist die Holte-
ma, ein hohler Schwamm, der aus Glasnadeln aufgebaut ist, zwei bis drei
Fuß lang wird und wie mit silberweißen Spitzen überzogen aussieht. Bei
der Betrachtung aller der werkwürdigen neuen Geschöpfe, die jetzt der Meeres¬
tiefe entrissen werden, erkennt man so recht, wie die Natur groß im Kleinen
ist und wie der Schöpfer auch auf die niedrigsten Formen unendliche Kunst
verwandte, auf Formen, die bisher im Meersschlamm begraben lagen, jetzt aber
durch unermüdliche Forscher an das Tageslicht gebracht werden.




Der gemeinnützige deutsche Derein in Orag.

Gestatten Sie mir heute, Ihnen aus dem vor kurzem ausgegebenen vierten Jah¬
resbericht des „DeutschenVereineszurVerbreitunggemeinnütziger
Kenntnisse" in Prag über das Vereinsjahr 1872 einige nähere Mitthei¬
lungen zu machen. Ihre geehrten Leser werden daraus selbst ermessen können,
wie sehr dieser Verein der nachdrücklichen Unterstützung aller national-deutsch-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_129525/191>, abgerufen am 08.05.2024.