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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band.

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häute. Von unserer Seite wurde verlangt: Die Modocs unterwerfen sich als
Stamm. Sie werden dann nach einer bei San Francisco gelegenen Insel
geschifft und von da aus allmählig in die ihnen zum ferneren Aufenthalt an¬
gewiesene Reservation im Territorium Arizona übergeführt. Dort können
sie dann ruhig weiter jagen. Ruhig weiter jagen! Wie lange dauert es
denn noch, bis auch Arizona von Eisenbahnen durchschnitten und stärker
besiedelt ist, und werden die Weißen dann nicht an die Modocs abermals
dasselbe Ansinnen stellen, werden sie nicht abermals nach deren Gebiet ver¬
langen?

Die heldenmütigen Indianer der Cooper'schen Erzählungen sind My¬
then, der letzte der Mohikaner ist die Jdealgestalt eines Novellisten. Was
aber auch die Fehler des rothen Mannes sein mögen : Hinterlist, Grausam¬
keit, Egoismus, Faulheit -- eines kann ihm nicht abgestritten werden, eine
tiefe und innige Anhänglichkeit an den Boden, auf dem er seinen Wigmam
aufgeschlagen, auf dem er den Büffel gejagt. Und nun will man sie von
diesem Boden fortführen. Wohin? Das wissen sie nicht; sie haben keine
Ahnung von der Welt draußen und das Hunderte von Meilen entfernte
Land, in das man sie schaffen will, es mag noch so schön und fruchtbar
sein, für sie ist es doch nur ein abschreckendes Gefängniß. Darin liegt der
Schwerpunkt und deßhalb ist es so schwer, mit den Indianern zur Ruhe zu
kommen, wo die vernichtende Civilisation auf sie stößt.

Zweifelhaft aber kann das Ende nicht sein: die Barbarei muß der Cul¬
tur weichen.


".


Die Neuerungen im HffizierMungswesen.

Unter diesem Titel beschäftigte sich jüngst ein Aufsatz in einer deutschen
Wochenschrift mit den Aenderungen, welche durch die allerhöchste Kabinett
Ordre vom 20. November 1872 im Militär-Erziehungs- und Bildungswesen
eingetreten sind. Diese Ordre besagt: .,1) die Kriegs - Akademie scheidet aus
ihrer bisherigen Stellung zum General-Inspekteur des Militär-Erziehungs¬
und Bildungswesens und tritt unter den Chef des Generalstabs der Armee,
welcher die Oberaufsicht über die wissenschaftliche Thätigkeit der Anstalt in
derselben Weise übernimmt, wie sie bisher von der genannten General-In¬
spektion geübt wurde. 2) die Ober-Militär-Eraminations-Kommission wird
bis auf Weiteres von ihrem Verhältniß zur General-Inspektion des Mili-


häute. Von unserer Seite wurde verlangt: Die Modocs unterwerfen sich als
Stamm. Sie werden dann nach einer bei San Francisco gelegenen Insel
geschifft und von da aus allmählig in die ihnen zum ferneren Aufenthalt an¬
gewiesene Reservation im Territorium Arizona übergeführt. Dort können
sie dann ruhig weiter jagen. Ruhig weiter jagen! Wie lange dauert es
denn noch, bis auch Arizona von Eisenbahnen durchschnitten und stärker
besiedelt ist, und werden die Weißen dann nicht an die Modocs abermals
dasselbe Ansinnen stellen, werden sie nicht abermals nach deren Gebiet ver¬
langen?

Die heldenmütigen Indianer der Cooper'schen Erzählungen sind My¬
then, der letzte der Mohikaner ist die Jdealgestalt eines Novellisten. Was
aber auch die Fehler des rothen Mannes sein mögen : Hinterlist, Grausam¬
keit, Egoismus, Faulheit — eines kann ihm nicht abgestritten werden, eine
tiefe und innige Anhänglichkeit an den Boden, auf dem er seinen Wigmam
aufgeschlagen, auf dem er den Büffel gejagt. Und nun will man sie von
diesem Boden fortführen. Wohin? Das wissen sie nicht; sie haben keine
Ahnung von der Welt draußen und das Hunderte von Meilen entfernte
Land, in das man sie schaffen will, es mag noch so schön und fruchtbar
sein, für sie ist es doch nur ein abschreckendes Gefängniß. Darin liegt der
Schwerpunkt und deßhalb ist es so schwer, mit den Indianern zur Ruhe zu
kommen, wo die vernichtende Civilisation auf sie stößt.

Zweifelhaft aber kann das Ende nicht sein: die Barbarei muß der Cul¬
tur weichen.


«.


Die Neuerungen im HffizierMungswesen.

Unter diesem Titel beschäftigte sich jüngst ein Aufsatz in einer deutschen
Wochenschrift mit den Aenderungen, welche durch die allerhöchste Kabinett
Ordre vom 20. November 1872 im Militär-Erziehungs- und Bildungswesen
eingetreten sind. Diese Ordre besagt: .,1) die Kriegs - Akademie scheidet aus
ihrer bisherigen Stellung zum General-Inspekteur des Militär-Erziehungs¬
und Bildungswesens und tritt unter den Chef des Generalstabs der Armee,
welcher die Oberaufsicht über die wissenschaftliche Thätigkeit der Anstalt in
derselben Weise übernimmt, wie sie bisher von der genannten General-In¬
spektion geübt wurde. 2) die Ober-Militär-Eraminations-Kommission wird
bis auf Weiteres von ihrem Verhältniß zur General-Inspektion des Mili-


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[0237] häute. Von unserer Seite wurde verlangt: Die Modocs unterwerfen sich als Stamm. Sie werden dann nach einer bei San Francisco gelegenen Insel geschifft und von da aus allmählig in die ihnen zum ferneren Aufenthalt an¬ gewiesene Reservation im Territorium Arizona übergeführt. Dort können sie dann ruhig weiter jagen. Ruhig weiter jagen! Wie lange dauert es denn noch, bis auch Arizona von Eisenbahnen durchschnitten und stärker besiedelt ist, und werden die Weißen dann nicht an die Modocs abermals dasselbe Ansinnen stellen, werden sie nicht abermals nach deren Gebiet ver¬ langen? Die heldenmütigen Indianer der Cooper'schen Erzählungen sind My¬ then, der letzte der Mohikaner ist die Jdealgestalt eines Novellisten. Was aber auch die Fehler des rothen Mannes sein mögen : Hinterlist, Grausam¬ keit, Egoismus, Faulheit — eines kann ihm nicht abgestritten werden, eine tiefe und innige Anhänglichkeit an den Boden, auf dem er seinen Wigmam aufgeschlagen, auf dem er den Büffel gejagt. Und nun will man sie von diesem Boden fortführen. Wohin? Das wissen sie nicht; sie haben keine Ahnung von der Welt draußen und das Hunderte von Meilen entfernte Land, in das man sie schaffen will, es mag noch so schön und fruchtbar sein, für sie ist es doch nur ein abschreckendes Gefängniß. Darin liegt der Schwerpunkt und deßhalb ist es so schwer, mit den Indianern zur Ruhe zu kommen, wo die vernichtende Civilisation auf sie stößt. Zweifelhaft aber kann das Ende nicht sein: die Barbarei muß der Cul¬ tur weichen. «. Die Neuerungen im HffizierMungswesen. Unter diesem Titel beschäftigte sich jüngst ein Aufsatz in einer deutschen Wochenschrift mit den Aenderungen, welche durch die allerhöchste Kabinett Ordre vom 20. November 1872 im Militär-Erziehungs- und Bildungswesen eingetreten sind. Diese Ordre besagt: .,1) die Kriegs - Akademie scheidet aus ihrer bisherigen Stellung zum General-Inspekteur des Militär-Erziehungs¬ und Bildungswesens und tritt unter den Chef des Generalstabs der Armee, welcher die Oberaufsicht über die wissenschaftliche Thätigkeit der Anstalt in derselben Weise übernimmt, wie sie bisher von der genannten General-In¬ spektion geübt wurde. 2) die Ober-Militär-Eraminations-Kommission wird bis auf Weiteres von ihrem Verhältniß zur General-Inspektion des Mili-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_129525/237>, abgerufen am 08.05.2024.