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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band.

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zuweilen den ganzen Gegenstand verdeckende Zettel, welche seinen Namen,
seine Adresse, und die Art seines Geschäfts allen Besuchern der Ausstellung
bekannt macht, bemerklich gemacht. Ein gewisser PH. Hickmann aus Kaa-
den in Böhmen hat ein großes Modell des Salomonischen Tempels aus¬
gestellt, das mit vielem Fleiß gearbeitet, aber absolut werthlos ist. Er
will es um 2000 Gulden verkaufen. Ein Schirm-Fabrikant verkauft Sonnen-
schirme mit dem Bilde des Weltausstellungs-Palastes und dem Portrait des
Kaisers, des Baron Schwarz ze. Auch "Alterthümer" aller Art werden uns
geboten, griechische Vasen aus Athen, ein alter Nürnberger Schrank, eine alte
Wandvertäfelung u. A. Viele Aussteller haben einen vollständigen Laden
etablirr, aus welchem sie alle gewünschten Gegenstände sofort fortgehen und
viele derselben, vor Allem die beiden Damen aus Rio de Janeiro, welche die
allerdings überaus werthvollen Brasilianischen Federblumen verkaufen, machen
glänzende Geschäfte.

Im Park, welcher den Industrie-Palast umgiebt, findet sich eine reiche
Sammlung von ^Annexen und Pavillons verschiedenster Art und verschie¬
densten Zweckes, Ausstellungs-Räume, Luxusbauten wie der Kaiser-Pavillon,
der Palast des Khedive, das Persische Haus ze. Leuchtthurm, von welchem
Abends elektrisches Licht gezeigt wird, Grab-Denkmäler, eine Wasseruhr, Gar¬
tenmöbel, eine Buchhandlung, Buden in welchen Pariser Waffeln gebacken,
Bouillon aus Wildpret aus dem nördlichen Rußland verschenkt, Billets für
alle Vergnügungsorte Wiens verkauft werden und vor Allem Restaurationen
und Cafes aller Art mit und ohne Musik. Ein Cafehaus hat zur Be¬
dienung Mädchen in Schweizer-Costüm, ein anderes solche in (ganz unechtem)
Italienischem Costüm. Die Kellnerinnen in einem Wiener Cafehaus sind als
"Türkinnen" verkleidet, bei welchen aber nichts echt ist. als die Unsauberkeit
dieser Mädchen. An anderen Orten wird Chokolade und Eis fabricirt und
sogleich verkauft, an einem dritten Taschentücher mit bildlichen Darstellungen
bedruckt. Auch die "Neue Freie Presse" kann man hier in einem besondern
eleganten Pavillon entstehen sehen. Und das bunte, schaulustige Publikum
trägt wesentlich mit dazu bei, das interessante Bild dieser großen Weltachse
zu vervollständigen.


B--an.


Ariefe eines Luxemburgers an einen Landsmann.
Erster Brief.

Ich bin gerne bereit, die Frage: -- "Deutschland oder Frank¬
reich" -- mit dir zu erörtern, und dir die Gründe für meine Ansichten an¬
zugeben. Ich wünsche, daß diese unsere Erörterung mit aller Gelassenheit,


zuweilen den ganzen Gegenstand verdeckende Zettel, welche seinen Namen,
seine Adresse, und die Art seines Geschäfts allen Besuchern der Ausstellung
bekannt macht, bemerklich gemacht. Ein gewisser PH. Hickmann aus Kaa-
den in Böhmen hat ein großes Modell des Salomonischen Tempels aus¬
gestellt, das mit vielem Fleiß gearbeitet, aber absolut werthlos ist. Er
will es um 2000 Gulden verkaufen. Ein Schirm-Fabrikant verkauft Sonnen-
schirme mit dem Bilde des Weltausstellungs-Palastes und dem Portrait des
Kaisers, des Baron Schwarz ze. Auch „Alterthümer" aller Art werden uns
geboten, griechische Vasen aus Athen, ein alter Nürnberger Schrank, eine alte
Wandvertäfelung u. A. Viele Aussteller haben einen vollständigen Laden
etablirr, aus welchem sie alle gewünschten Gegenstände sofort fortgehen und
viele derselben, vor Allem die beiden Damen aus Rio de Janeiro, welche die
allerdings überaus werthvollen Brasilianischen Federblumen verkaufen, machen
glänzende Geschäfte.

Im Park, welcher den Industrie-Palast umgiebt, findet sich eine reiche
Sammlung von ^Annexen und Pavillons verschiedenster Art und verschie¬
densten Zweckes, Ausstellungs-Räume, Luxusbauten wie der Kaiser-Pavillon,
der Palast des Khedive, das Persische Haus ze. Leuchtthurm, von welchem
Abends elektrisches Licht gezeigt wird, Grab-Denkmäler, eine Wasseruhr, Gar¬
tenmöbel, eine Buchhandlung, Buden in welchen Pariser Waffeln gebacken,
Bouillon aus Wildpret aus dem nördlichen Rußland verschenkt, Billets für
alle Vergnügungsorte Wiens verkauft werden und vor Allem Restaurationen
und Cafes aller Art mit und ohne Musik. Ein Cafehaus hat zur Be¬
dienung Mädchen in Schweizer-Costüm, ein anderes solche in (ganz unechtem)
Italienischem Costüm. Die Kellnerinnen in einem Wiener Cafehaus sind als
„Türkinnen" verkleidet, bei welchen aber nichts echt ist. als die Unsauberkeit
dieser Mädchen. An anderen Orten wird Chokolade und Eis fabricirt und
sogleich verkauft, an einem dritten Taschentücher mit bildlichen Darstellungen
bedruckt. Auch die „Neue Freie Presse" kann man hier in einem besondern
eleganten Pavillon entstehen sehen. Und das bunte, schaulustige Publikum
trägt wesentlich mit dazu bei, das interessante Bild dieser großen Weltachse
zu vervollständigen.


B—an.


Ariefe eines Luxemburgers an einen Landsmann.
Erster Brief.

Ich bin gerne bereit, die Frage: — „Deutschland oder Frank¬
reich" — mit dir zu erörtern, und dir die Gründe für meine Ansichten an¬
zugeben. Ich wünsche, daß diese unsere Erörterung mit aller Gelassenheit,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_130059/39>, abgerufen am 02.05.2024.