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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Auch hier aber siegte die Jury durch die berühmte von Fox durchgesetzte
Libellacte von 1792.

Nun steht es fest, daß die Jury vollkommen frei auch die Rechtsfrage
mitentscheidet, und daß sie, während allerdings die Straffestsetzung lediglich
Sache des Richrers ist, nur in ihrem Gewissen verpflichtet ist, bei Beurthei¬
lung der Schuldfrage der Rechtsbelehrung des Richters zu folgen, und so
gilt denn in England bei der Controle, welche die Richter über das Verdict
ausüben, wirklich die doppelte Garantie für den Angeklagten, daß er nicht
verurtheilt werden darf gegen die freie Ueberzeugung der Männer aus dem
Volke, aber auch nicht gegen die Ansicht des Richters, wenn dieser nach Rechts¬
grundsätzen, oder weil ihm der Beweis auf unsicherer Grundlage zu beruhen
L. v. Bar. scheint, eine Verurteilung für ungerechtfertigt erklärt.




Lin Besuch auf den Sandwichsinseln
von
Mark Twain.
III.

Indem wir über dem Marktplatz gingen, sahen wir Honolulu unter
den günstigsten Verhältnissen, d. h. in der vollen Glorie eines Sonnabends
Nachmittags. Der Sonnabend ist bei den Eingeborenen ein Festtag. Die
Mädchen des Landes jagten zu zweien, zu dreien, zu Dutzenden und bisweilen
in ganzen Compagnien, wie Männer im Sattel sitzend, auf schnellen, aber
unschönen Pferden die Straßen auf und nieder, wobei ihnen ihre bunten
Reiikleider wie Banner nachwehten. Ein solcher Trupp behaglicher fröhlicher
Reiterinnen auf ihrer natürlichen Heimstätte, dem Sattel, giebt ein heiteres
und anmuthiges Bild. Das Reitkleid von dem ich spreche, ist nichts als
eine lange, breite Schärpe, die wie ein Wirthshaus-Tafeltuch prächtig ge¬
färbt, einmal um die Lenden geschlagen, dann offenbar zwischen den Beinen
durchgezogen und mit jedem Ende von rückwärts über dieselben geworfen ist
und hinten auf beiden Seiten bis über den Schweif des Pferdes hinaus flat¬
tert wie ein Paar Phantasie-Flaggen. Dann läßt das Mädchen die Steig¬
bügel zwischen ihr" nackten Zehen schlüpfen, wirft die Brust vor, sitzt gerade
wie ein Generalmajor und fegt vorüber wie der Wind.

Die Mädchen legen Sonnabends Nachmittags allen ihren Putz an, feine
schwarze Seidenkleider, rothe, die so grell lodern, daß es einem die Augen
ausbrennen könnte/ andere so weiß wie Schnee, noch andere, die über den
Regenbogen gehen. Sie tragen ihre Haare in Netzen und verzieren ihre brau¬
nen Hüte mit natürlichen Blumen und umhängen sich den dunklen Hals mit


Auch hier aber siegte die Jury durch die berühmte von Fox durchgesetzte
Libellacte von 1792.

Nun steht es fest, daß die Jury vollkommen frei auch die Rechtsfrage
mitentscheidet, und daß sie, während allerdings die Straffestsetzung lediglich
Sache des Richrers ist, nur in ihrem Gewissen verpflichtet ist, bei Beurthei¬
lung der Schuldfrage der Rechtsbelehrung des Richters zu folgen, und so
gilt denn in England bei der Controle, welche die Richter über das Verdict
ausüben, wirklich die doppelte Garantie für den Angeklagten, daß er nicht
verurtheilt werden darf gegen die freie Ueberzeugung der Männer aus dem
Volke, aber auch nicht gegen die Ansicht des Richters, wenn dieser nach Rechts¬
grundsätzen, oder weil ihm der Beweis auf unsicherer Grundlage zu beruhen
L. v. Bar. scheint, eine Verurteilung für ungerechtfertigt erklärt.




Lin Besuch auf den Sandwichsinseln
von
Mark Twain.
III.

Indem wir über dem Marktplatz gingen, sahen wir Honolulu unter
den günstigsten Verhältnissen, d. h. in der vollen Glorie eines Sonnabends
Nachmittags. Der Sonnabend ist bei den Eingeborenen ein Festtag. Die
Mädchen des Landes jagten zu zweien, zu dreien, zu Dutzenden und bisweilen
in ganzen Compagnien, wie Männer im Sattel sitzend, auf schnellen, aber
unschönen Pferden die Straßen auf und nieder, wobei ihnen ihre bunten
Reiikleider wie Banner nachwehten. Ein solcher Trupp behaglicher fröhlicher
Reiterinnen auf ihrer natürlichen Heimstätte, dem Sattel, giebt ein heiteres
und anmuthiges Bild. Das Reitkleid von dem ich spreche, ist nichts als
eine lange, breite Schärpe, die wie ein Wirthshaus-Tafeltuch prächtig ge¬
färbt, einmal um die Lenden geschlagen, dann offenbar zwischen den Beinen
durchgezogen und mit jedem Ende von rückwärts über dieselben geworfen ist
und hinten auf beiden Seiten bis über den Schweif des Pferdes hinaus flat¬
tert wie ein Paar Phantasie-Flaggen. Dann läßt das Mädchen die Steig¬
bügel zwischen ihr« nackten Zehen schlüpfen, wirft die Brust vor, sitzt gerade
wie ein Generalmajor und fegt vorüber wie der Wind.

Die Mädchen legen Sonnabends Nachmittags allen ihren Putz an, feine
schwarze Seidenkleider, rothe, die so grell lodern, daß es einem die Augen
ausbrennen könnte/ andere so weiß wie Schnee, noch andere, die über den
Regenbogen gehen. Sie tragen ihre Haare in Netzen und verzieren ihre brau¬
nen Hüte mit natürlichen Blumen und umhängen sich den dunklen Hals mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/108>, abgerufen am 02.05.2024.