Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Fremde. Die hawaiische Bevölkerung im Allgemeinen. Hawaiische Cavalerie.
Polizei.

Als die Procession durch das Thor ging, schwenkte das Militär nach
rechts und links ab und bildete einen Durchgang, durch den die lange Reihe
der Leidtragenden auf die Gruft zuschritt. Der Sarg wurde durch die Thür
des Mausoleums getragen, gefolgt vom König und seinen obersten Beamten, den
Gesandten, Konsuln und hervorragenden Gästen wie Burlingame und General
Van Valkenborg. Mehrere von den Kasius wurden dann an einem Gitter¬
werk vor dem Grabe befestigt, um dort zu verbleiben und zu zerfallen, bis ein
anderer Sproß des königlichen Hauses starb. In diesem Augenblicke stieß
die Menge ein herzzerreißendes Geheul aus, wie ich es nicht mehr zu hören
hoffe. Nachdem Ruhe geboten worden, gaben die Soldaten drei Salven ab.
S. H. der Prinz William (der "echte Fürst", da er der Sproß des alten von'
der jetzigen Dynastie gestürzten Königshauses war, und früher mit der ver¬
storbenen Prinzessin verlobt) stand in prächtiger Uniform Wache und ging
innerhalb der Thür hin und her. Die wenigen Bevorrechteten, welche dem
Sarge in das Mausoleum gefolgt waren, blieben dort einige Zeit, aber der
König kam bald wieder heraus und blieb an der Thür stehen. Ein Fremder
hätte seinen Rang durch die diese Ehrerbietung, die alle Personen um ihn
herum ihm erwiesen, errathen. Seine Oberbeamten empfingen seine leisen
Befehle mit gebeugtem und unbedecktem Haupte, alle aus dem Mausoleum
Kommenden hielten sich sorgfältig davon fern, Gedränge um ihn zu veran¬
lassen, drückten sich, obwohl Raum genug für einen Frachtwagen gewesen
wäre, rücksichtsvoll an der Wand hin, kehrten Seiner Majestät immer ihre
Vorderseite zu und setzten ihre Hüte erst wieder auf, nachdem sie weit von
ihm entfernt waren.

Er war sehr einfach gekleidet, in einem schwarzen Frack und dergleichen
Weste und Beinkleider, trug einen schwarzen Seidenhut und sah inmitten der
prunkenden Uniformen um ihn herum ziemlich demokratisch aus. Halb ver¬
borgen von der Brustklappe seines Fracks glänzte ein großer goldner Stern.
Er blieb etwa eine halbe Stunde vor der Thür stehen und gab gelegentlich
den Leuten Befehle, welche die Kasius aufpflanzten. Er hatte den guten Ge¬
schmack, einen derselben darauf aufmerksam zu machen, daß schwarzer Krepp
sich zur Befestigung derselben an das Gitter besser eigne, als der ordinäre
Hanfstrick, den er dazu nehmen wollte. Schließlich stieg er in seine Kutsche
und fuhr weg, und das Volk folgte nach und nach in seinem Kielwasser. Als er
noch zu sehen war, zog nur ein Mann meine Aufmerksamkeit mehr auf sich
als er, Harris, der Uankee, welcher seinen Premier spielt. Diese klägliche Per¬
sönlichkeit hatte mehr Flor um seinen Hut, als genügt hätte, um die Trauer
einer ganzen Nation auszudrücken, und vernachlässigte, wie gewöhnlich, keine


Fremde. Die hawaiische Bevölkerung im Allgemeinen. Hawaiische Cavalerie.
Polizei.

Als die Procession durch das Thor ging, schwenkte das Militär nach
rechts und links ab und bildete einen Durchgang, durch den die lange Reihe
der Leidtragenden auf die Gruft zuschritt. Der Sarg wurde durch die Thür
des Mausoleums getragen, gefolgt vom König und seinen obersten Beamten, den
Gesandten, Konsuln und hervorragenden Gästen wie Burlingame und General
Van Valkenborg. Mehrere von den Kasius wurden dann an einem Gitter¬
werk vor dem Grabe befestigt, um dort zu verbleiben und zu zerfallen, bis ein
anderer Sproß des königlichen Hauses starb. In diesem Augenblicke stieß
die Menge ein herzzerreißendes Geheul aus, wie ich es nicht mehr zu hören
hoffe. Nachdem Ruhe geboten worden, gaben die Soldaten drei Salven ab.
S. H. der Prinz William (der „echte Fürst", da er der Sproß des alten von'
der jetzigen Dynastie gestürzten Königshauses war, und früher mit der ver¬
storbenen Prinzessin verlobt) stand in prächtiger Uniform Wache und ging
innerhalb der Thür hin und her. Die wenigen Bevorrechteten, welche dem
Sarge in das Mausoleum gefolgt waren, blieben dort einige Zeit, aber der
König kam bald wieder heraus und blieb an der Thür stehen. Ein Fremder
hätte seinen Rang durch die diese Ehrerbietung, die alle Personen um ihn
herum ihm erwiesen, errathen. Seine Oberbeamten empfingen seine leisen
Befehle mit gebeugtem und unbedecktem Haupte, alle aus dem Mausoleum
Kommenden hielten sich sorgfältig davon fern, Gedränge um ihn zu veran¬
lassen, drückten sich, obwohl Raum genug für einen Frachtwagen gewesen
wäre, rücksichtsvoll an der Wand hin, kehrten Seiner Majestät immer ihre
Vorderseite zu und setzten ihre Hüte erst wieder auf, nachdem sie weit von
ihm entfernt waren.

Er war sehr einfach gekleidet, in einem schwarzen Frack und dergleichen
Weste und Beinkleider, trug einen schwarzen Seidenhut und sah inmitten der
prunkenden Uniformen um ihn herum ziemlich demokratisch aus. Halb ver¬
borgen von der Brustklappe seines Fracks glänzte ein großer goldner Stern.
Er blieb etwa eine halbe Stunde vor der Thür stehen und gab gelegentlich
den Leuten Befehle, welche die Kasius aufpflanzten. Er hatte den guten Ge¬
schmack, einen derselben darauf aufmerksam zu machen, daß schwarzer Krepp
sich zur Befestigung derselben an das Gitter besser eigne, als der ordinäre
Hanfstrick, den er dazu nehmen wollte. Schließlich stieg er in seine Kutsche
und fuhr weg, und das Volk folgte nach und nach in seinem Kielwasser. Als er
noch zu sehen war, zog nur ein Mann meine Aufmerksamkeit mehr auf sich
als er, Harris, der Uankee, welcher seinen Premier spielt. Diese klägliche Per¬
sönlichkeit hatte mehr Flor um seinen Hut, als genügt hätte, um die Trauer
einer ganzen Nation auszudrücken, und vernachlässigte, wie gewöhnlich, keine


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0150" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192953"/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Fremde. Die hawaiische Bevölkerung im Allgemeinen. Hawaiische Cavalerie.<lb/>
Polizei.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_447"> Als die Procession durch das Thor ging, schwenkte das Militär nach<lb/>
rechts und links ab und bildete einen Durchgang, durch den die lange Reihe<lb/>
der Leidtragenden auf die Gruft zuschritt. Der Sarg wurde durch die Thür<lb/>
des Mausoleums getragen, gefolgt vom König und seinen obersten Beamten, den<lb/>
Gesandten, Konsuln und hervorragenden Gästen wie Burlingame und General<lb/>
Van Valkenborg. Mehrere von den Kasius wurden dann an einem Gitter¬<lb/>
werk vor dem Grabe befestigt, um dort zu verbleiben und zu zerfallen, bis ein<lb/>
anderer Sproß des königlichen Hauses starb. In diesem Augenblicke stieß<lb/>
die Menge ein herzzerreißendes Geheul aus, wie ich es nicht mehr zu hören<lb/>
hoffe. Nachdem Ruhe geboten worden, gaben die Soldaten drei Salven ab.<lb/>
S. H. der Prinz William (der &#x201E;echte Fürst", da er der Sproß des alten von'<lb/>
der jetzigen Dynastie gestürzten Königshauses war, und früher mit der ver¬<lb/>
storbenen Prinzessin verlobt) stand in prächtiger Uniform Wache und ging<lb/>
innerhalb der Thür hin und her. Die wenigen Bevorrechteten, welche dem<lb/>
Sarge in das Mausoleum gefolgt waren, blieben dort einige Zeit, aber der<lb/>
König kam bald wieder heraus und blieb an der Thür stehen. Ein Fremder<lb/>
hätte seinen Rang durch die diese Ehrerbietung, die alle Personen um ihn<lb/>
herum ihm erwiesen, errathen. Seine Oberbeamten empfingen seine leisen<lb/>
Befehle mit gebeugtem und unbedecktem Haupte, alle aus dem Mausoleum<lb/>
Kommenden hielten sich sorgfältig davon fern, Gedränge um ihn zu veran¬<lb/>
lassen, drückten sich, obwohl Raum genug für einen Frachtwagen gewesen<lb/>
wäre, rücksichtsvoll an der Wand hin, kehrten Seiner Majestät immer ihre<lb/>
Vorderseite zu und setzten ihre Hüte erst wieder auf, nachdem sie weit von<lb/>
ihm entfernt waren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_448" next="#ID_449"> Er war sehr einfach gekleidet, in einem schwarzen Frack und dergleichen<lb/>
Weste und Beinkleider, trug einen schwarzen Seidenhut und sah inmitten der<lb/>
prunkenden Uniformen um ihn herum ziemlich demokratisch aus. Halb ver¬<lb/>
borgen von der Brustklappe seines Fracks glänzte ein großer goldner Stern.<lb/>
Er blieb etwa eine halbe Stunde vor der Thür stehen und gab gelegentlich<lb/>
den Leuten Befehle, welche die Kasius aufpflanzten. Er hatte den guten Ge¬<lb/>
schmack, einen derselben darauf aufmerksam zu machen, daß schwarzer Krepp<lb/>
sich zur Befestigung derselben an das Gitter besser eigne, als der ordinäre<lb/>
Hanfstrick, den er dazu nehmen wollte. Schließlich stieg er in seine Kutsche<lb/>
und fuhr weg, und das Volk folgte nach und nach in seinem Kielwasser. Als er<lb/>
noch zu sehen war, zog nur ein Mann meine Aufmerksamkeit mehr auf sich<lb/>
als er, Harris, der Uankee, welcher seinen Premier spielt. Diese klägliche Per¬<lb/>
sönlichkeit hatte mehr Flor um seinen Hut, als genügt hätte, um die Trauer<lb/>
einer ganzen Nation auszudrücken, und vernachlässigte, wie gewöhnlich, keine</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0150] Fremde. Die hawaiische Bevölkerung im Allgemeinen. Hawaiische Cavalerie. Polizei. Als die Procession durch das Thor ging, schwenkte das Militär nach rechts und links ab und bildete einen Durchgang, durch den die lange Reihe der Leidtragenden auf die Gruft zuschritt. Der Sarg wurde durch die Thür des Mausoleums getragen, gefolgt vom König und seinen obersten Beamten, den Gesandten, Konsuln und hervorragenden Gästen wie Burlingame und General Van Valkenborg. Mehrere von den Kasius wurden dann an einem Gitter¬ werk vor dem Grabe befestigt, um dort zu verbleiben und zu zerfallen, bis ein anderer Sproß des königlichen Hauses starb. In diesem Augenblicke stieß die Menge ein herzzerreißendes Geheul aus, wie ich es nicht mehr zu hören hoffe. Nachdem Ruhe geboten worden, gaben die Soldaten drei Salven ab. S. H. der Prinz William (der „echte Fürst", da er der Sproß des alten von' der jetzigen Dynastie gestürzten Königshauses war, und früher mit der ver¬ storbenen Prinzessin verlobt) stand in prächtiger Uniform Wache und ging innerhalb der Thür hin und her. Die wenigen Bevorrechteten, welche dem Sarge in das Mausoleum gefolgt waren, blieben dort einige Zeit, aber der König kam bald wieder heraus und blieb an der Thür stehen. Ein Fremder hätte seinen Rang durch die diese Ehrerbietung, die alle Personen um ihn herum ihm erwiesen, errathen. Seine Oberbeamten empfingen seine leisen Befehle mit gebeugtem und unbedecktem Haupte, alle aus dem Mausoleum Kommenden hielten sich sorgfältig davon fern, Gedränge um ihn zu veran¬ lassen, drückten sich, obwohl Raum genug für einen Frachtwagen gewesen wäre, rücksichtsvoll an der Wand hin, kehrten Seiner Majestät immer ihre Vorderseite zu und setzten ihre Hüte erst wieder auf, nachdem sie weit von ihm entfernt waren. Er war sehr einfach gekleidet, in einem schwarzen Frack und dergleichen Weste und Beinkleider, trug einen schwarzen Seidenhut und sah inmitten der prunkenden Uniformen um ihn herum ziemlich demokratisch aus. Halb ver¬ borgen von der Brustklappe seines Fracks glänzte ein großer goldner Stern. Er blieb etwa eine halbe Stunde vor der Thür stehen und gab gelegentlich den Leuten Befehle, welche die Kasius aufpflanzten. Er hatte den guten Ge¬ schmack, einen derselben darauf aufmerksam zu machen, daß schwarzer Krepp sich zur Befestigung derselben an das Gitter besser eigne, als der ordinäre Hanfstrick, den er dazu nehmen wollte. Schließlich stieg er in seine Kutsche und fuhr weg, und das Volk folgte nach und nach in seinem Kielwasser. Als er noch zu sehen war, zog nur ein Mann meine Aufmerksamkeit mehr auf sich als er, Harris, der Uankee, welcher seinen Premier spielt. Diese klägliche Per¬ sönlichkeit hatte mehr Flor um seinen Hut, als genügt hätte, um die Trauer einer ganzen Nation auszudrücken, und vernachlässigte, wie gewöhnlich, keine

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/150
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/150>, abgerufen am 02.05.2024.