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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Line interessante Staatsschrift aus dem Kölner
Mchofsstreit.

Als wirksamstes Mittel zur Faradisirung der Massen in der Rebellion
wider die Ordnung und Gesetze des Staates gebraucht der Ultramontanismus
die Behauptung, daß niemals seit Nero und Diocletian der Staat
ähnliche Schritte gegen die Kirche unternommen habe, wie in unsern
Tagen. Diese Behauptung ist genau so wahr wie die übrigen Behauptungen
der Jesuiten, wobei ihnen allerdings der mildernde Umstand zu Statten
kommt, daß in ihrem Sittencodex das Lügen zu guten Zwecken als verdienst¬
liche Handlung gepriesen wird. Und wann wäre die Faradisirung der Massen
gegen den Staat, sofern sie nur den Planen der Jesuiten dient, nicht ein
guter Zweck? Um so mehr ist es Pflicht der Presse, durch unbestreitbare
Documente darzuthun, daß die Ultramontanen eben einfach lügen, wenn sie
behaupten, daß die Regierung des Kaisers Wilhelm gegen rebellirende Bi¬
schöfe andere Mittel anwende, als der Staat in einem ähnlichen Stande der
Nothwehr sie früher jemals angewendet habe. Die nachstehende Staatsschrift
bedarf keiner Erläuterung. Sie liegt uns im Originaldruck der Officin von
M. Du Mont-Schauberg in Köln auf vergilbten Papier vor, und es wird
um recht vielseitigen Abdruck derselben gebeten. Sie lautet:

" Publikandum! Der Erzbischof von Köln, Clemens August, Frei¬
herr Droste zu Vischering, hat bald nach dem Antritte seiner Würde die mit
derselben verbundene amtliche Wirksamkeit auf eine Weise auszuüben gesucht,
welche, ganz unverträglich mit den Grundgesetzen der Monarchie, von keinem
anderen Bischof derselben in Anspruch genommen wird, auch in keinem andern
deutschen Lande zugelassen ist.

Seine Majestät der König durfte ein solches Benehmen um so weniger
erwarten, als Allerhöchstdieselben in den Rheinlanden die Herstellung der
daselbst während der Fremdherrschaft in tiefen Verfall gerathenen katholischen
Kirche Sich mit besonderer Sorgfalt haben angelegen sein lassen. Die Wieder¬
herstellung der Kirchengewalt durch eine von allen Angehörigen der katholischen
Kirche dankbar aufgenommene Übereinkunft mit dem Papste, die treue und
gewissenhafte Ausführung derselben von Seiten der Staatsbehörden, die großen
Anstalten für die Bildung und Erziehung der katholischen Bevölkerung und
Geistlichkeit, das förderliche Zusammenwirken der Staats- und kirchlichen Be¬
hörden mußten den Erzbischof auf das eindringlichste an seine Pflicht erinnern,
daß er auch seinerseits nichts verabsäumen dürfe, um die freundlichen Ver¬
hältnisse, welche sich während des Laufes der letzten Jahrzehende zwischen der
Staats- und katholischen Kirchew Gewalt gebildet hatten und die er bei dem


Line interessante Staatsschrift aus dem Kölner
Mchofsstreit.

Als wirksamstes Mittel zur Faradisirung der Massen in der Rebellion
wider die Ordnung und Gesetze des Staates gebraucht der Ultramontanismus
die Behauptung, daß niemals seit Nero und Diocletian der Staat
ähnliche Schritte gegen die Kirche unternommen habe, wie in unsern
Tagen. Diese Behauptung ist genau so wahr wie die übrigen Behauptungen
der Jesuiten, wobei ihnen allerdings der mildernde Umstand zu Statten
kommt, daß in ihrem Sittencodex das Lügen zu guten Zwecken als verdienst¬
liche Handlung gepriesen wird. Und wann wäre die Faradisirung der Massen
gegen den Staat, sofern sie nur den Planen der Jesuiten dient, nicht ein
guter Zweck? Um so mehr ist es Pflicht der Presse, durch unbestreitbare
Documente darzuthun, daß die Ultramontanen eben einfach lügen, wenn sie
behaupten, daß die Regierung des Kaisers Wilhelm gegen rebellirende Bi¬
schöfe andere Mittel anwende, als der Staat in einem ähnlichen Stande der
Nothwehr sie früher jemals angewendet habe. Die nachstehende Staatsschrift
bedarf keiner Erläuterung. Sie liegt uns im Originaldruck der Officin von
M. Du Mont-Schauberg in Köln auf vergilbten Papier vor, und es wird
um recht vielseitigen Abdruck derselben gebeten. Sie lautet:

„ Publikandum! Der Erzbischof von Köln, Clemens August, Frei¬
herr Droste zu Vischering, hat bald nach dem Antritte seiner Würde die mit
derselben verbundene amtliche Wirksamkeit auf eine Weise auszuüben gesucht,
welche, ganz unverträglich mit den Grundgesetzen der Monarchie, von keinem
anderen Bischof derselben in Anspruch genommen wird, auch in keinem andern
deutschen Lande zugelassen ist.

Seine Majestät der König durfte ein solches Benehmen um so weniger
erwarten, als Allerhöchstdieselben in den Rheinlanden die Herstellung der
daselbst während der Fremdherrschaft in tiefen Verfall gerathenen katholischen
Kirche Sich mit besonderer Sorgfalt haben angelegen sein lassen. Die Wieder¬
herstellung der Kirchengewalt durch eine von allen Angehörigen der katholischen
Kirche dankbar aufgenommene Übereinkunft mit dem Papste, die treue und
gewissenhafte Ausführung derselben von Seiten der Staatsbehörden, die großen
Anstalten für die Bildung und Erziehung der katholischen Bevölkerung und
Geistlichkeit, das förderliche Zusammenwirken der Staats- und kirchlichen Be¬
hörden mußten den Erzbischof auf das eindringlichste an seine Pflicht erinnern,
daß er auch seinerseits nichts verabsäumen dürfe, um die freundlichen Ver¬
hältnisse, welche sich während des Laufes der letzten Jahrzehende zwischen der
Staats- und katholischen Kirchew Gewalt gebildet hatten und die er bei dem


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[0156] Line interessante Staatsschrift aus dem Kölner Mchofsstreit. Als wirksamstes Mittel zur Faradisirung der Massen in der Rebellion wider die Ordnung und Gesetze des Staates gebraucht der Ultramontanismus die Behauptung, daß niemals seit Nero und Diocletian der Staat ähnliche Schritte gegen die Kirche unternommen habe, wie in unsern Tagen. Diese Behauptung ist genau so wahr wie die übrigen Behauptungen der Jesuiten, wobei ihnen allerdings der mildernde Umstand zu Statten kommt, daß in ihrem Sittencodex das Lügen zu guten Zwecken als verdienst¬ liche Handlung gepriesen wird. Und wann wäre die Faradisirung der Massen gegen den Staat, sofern sie nur den Planen der Jesuiten dient, nicht ein guter Zweck? Um so mehr ist es Pflicht der Presse, durch unbestreitbare Documente darzuthun, daß die Ultramontanen eben einfach lügen, wenn sie behaupten, daß die Regierung des Kaisers Wilhelm gegen rebellirende Bi¬ schöfe andere Mittel anwende, als der Staat in einem ähnlichen Stande der Nothwehr sie früher jemals angewendet habe. Die nachstehende Staatsschrift bedarf keiner Erläuterung. Sie liegt uns im Originaldruck der Officin von M. Du Mont-Schauberg in Köln auf vergilbten Papier vor, und es wird um recht vielseitigen Abdruck derselben gebeten. Sie lautet: „ Publikandum! Der Erzbischof von Köln, Clemens August, Frei¬ herr Droste zu Vischering, hat bald nach dem Antritte seiner Würde die mit derselben verbundene amtliche Wirksamkeit auf eine Weise auszuüben gesucht, welche, ganz unverträglich mit den Grundgesetzen der Monarchie, von keinem anderen Bischof derselben in Anspruch genommen wird, auch in keinem andern deutschen Lande zugelassen ist. Seine Majestät der König durfte ein solches Benehmen um so weniger erwarten, als Allerhöchstdieselben in den Rheinlanden die Herstellung der daselbst während der Fremdherrschaft in tiefen Verfall gerathenen katholischen Kirche Sich mit besonderer Sorgfalt haben angelegen sein lassen. Die Wieder¬ herstellung der Kirchengewalt durch eine von allen Angehörigen der katholischen Kirche dankbar aufgenommene Übereinkunft mit dem Papste, die treue und gewissenhafte Ausführung derselben von Seiten der Staatsbehörden, die großen Anstalten für die Bildung und Erziehung der katholischen Bevölkerung und Geistlichkeit, das förderliche Zusammenwirken der Staats- und kirchlichen Be¬ hörden mußten den Erzbischof auf das eindringlichste an seine Pflicht erinnern, daß er auch seinerseits nichts verabsäumen dürfe, um die freundlichen Ver¬ hältnisse, welche sich während des Laufes der letzten Jahrzehende zwischen der Staats- und katholischen Kirchew Gewalt gebildet hatten und die er bei dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/156>, abgerufen am 28.04.2024.