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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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ohne dieselbe unmöglich sei. Gleichzeitig, um den Bund mit dem rechten
Centrum unauflöslich zu besiegeln, erklärte sich die Rechte sämmtlich für An¬
nahme der Tricolore. So einigten sich denn auch beide Parteien über ein
endgültiges Programm, welches folgende Punkte enthielt: Wiederherstellung
des Königthums, Einsetzung einer constitutionellen parlamentarischen Regie¬
rung. Annahme der Tricolore unter Hinzufügung eines an das Lilienbanner
erinnernden Emblems und die sofortige Ernennung eines Generalstatthalters
des Königreichs. Wenige Tage darauf wurde eine Specialcommission von
9 Mitgliedern mit Ausarbeitung eines Actionsprogramms beauftragt. So¬
bald sie dasselbe vollendet haben würde, sollte sie es sofort den Bureaus der
royalistischen Fraktionen vorlegen. Die Verhandlungen mit Chambord sollten
selbstverständlich fortgesetzt werden. Der Schlußact des Fusionsdramas be¬
gann. Trotz der noch unklaren Haltung des Prätendenten waren die Hoff¬
nungen der Royalisten hoch gespannt. Frankreich hatte sich bereits mit dem
Gedanken an die Wiederherstellung der Monarchie vertraut gemacht. Es be¬
dürfte nur noch einer entschiedenen Erklärung des Grafen. War es denkbar,
daß diese Erklärung, welche ihm den Besitz der Krone Frankreichs in sichere
Georg Zelle. Aussicht stellte, verweigert wurde?

(Schluß folgt.)




Im LntßelMg des ZsreischWeZtes.

Schon längst gilt es für ausgemacht, daß Friedrich Kind den Stoff zum
Tertbuche des "Freischütz" einer Novelle aus dem seinem Titel nach zwar wohlbe¬
kannten, in Wahrheit aber höchst selten gewordenen "Gespensterbuche" von
Apel und Laun entnommen habe. Ambros hat in der ersten Folge seiner
"Bunten Blätter" das Textbuch Kind's mit Apel's Novelle genau verglichen
und gezeigt, was Kind seiner Quelle entlehnt, was er daran geändert, was
er hinzugethan und was er -- verdorben hat. Daß aber auch Apel seine Ge¬
schichte nicht erfunden haben kann, sondern daß auch ihm ein älteres Origi¬
nal vorgelegen haben muß, darüber konnte eben so wenig ein Zweifel sein.
Kind selbst hat in seinem "Freischützbuche" (Leipzig, Göschen, 1843) -- dem
literarischen Monumente, welches er sich vorsichtiger Weise selbst bei Lebzeiten
setzte -- aufs bestimmteste seine und Apel's Abhängigkeit von einer älteren
Quelle behauptet. Er erzählt dort, wie Apel und er in den achtziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts, als sie beide noch Schüler der Thomcma in Leip-


ohne dieselbe unmöglich sei. Gleichzeitig, um den Bund mit dem rechten
Centrum unauflöslich zu besiegeln, erklärte sich die Rechte sämmtlich für An¬
nahme der Tricolore. So einigten sich denn auch beide Parteien über ein
endgültiges Programm, welches folgende Punkte enthielt: Wiederherstellung
des Königthums, Einsetzung einer constitutionellen parlamentarischen Regie¬
rung. Annahme der Tricolore unter Hinzufügung eines an das Lilienbanner
erinnernden Emblems und die sofortige Ernennung eines Generalstatthalters
des Königreichs. Wenige Tage darauf wurde eine Specialcommission von
9 Mitgliedern mit Ausarbeitung eines Actionsprogramms beauftragt. So¬
bald sie dasselbe vollendet haben würde, sollte sie es sofort den Bureaus der
royalistischen Fraktionen vorlegen. Die Verhandlungen mit Chambord sollten
selbstverständlich fortgesetzt werden. Der Schlußact des Fusionsdramas be¬
gann. Trotz der noch unklaren Haltung des Prätendenten waren die Hoff¬
nungen der Royalisten hoch gespannt. Frankreich hatte sich bereits mit dem
Gedanken an die Wiederherstellung der Monarchie vertraut gemacht. Es be¬
dürfte nur noch einer entschiedenen Erklärung des Grafen. War es denkbar,
daß diese Erklärung, welche ihm den Besitz der Krone Frankreichs in sichere
Georg Zelle. Aussicht stellte, verweigert wurde?

(Schluß folgt.)




Im LntßelMg des ZsreischWeZtes.

Schon längst gilt es für ausgemacht, daß Friedrich Kind den Stoff zum
Tertbuche des „Freischütz" einer Novelle aus dem seinem Titel nach zwar wohlbe¬
kannten, in Wahrheit aber höchst selten gewordenen „Gespensterbuche" von
Apel und Laun entnommen habe. Ambros hat in der ersten Folge seiner
„Bunten Blätter" das Textbuch Kind's mit Apel's Novelle genau verglichen
und gezeigt, was Kind seiner Quelle entlehnt, was er daran geändert, was
er hinzugethan und was er — verdorben hat. Daß aber auch Apel seine Ge¬
schichte nicht erfunden haben kann, sondern daß auch ihm ein älteres Origi¬
nal vorgelegen haben muß, darüber konnte eben so wenig ein Zweifel sein.
Kind selbst hat in seinem „Freischützbuche" (Leipzig, Göschen, 1843) — dem
literarischen Monumente, welches er sich vorsichtiger Weise selbst bei Lebzeiten
setzte — aufs bestimmteste seine und Apel's Abhängigkeit von einer älteren
Quelle behauptet. Er erzählt dort, wie Apel und er in den achtziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts, als sie beide noch Schüler der Thomcma in Leip-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/420>, abgerufen am 28.04.2024.