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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Parteikämpfe sich selbst zu zerstören. Was bleibt den Franzosen übrig, als
die Wahl zwischen der monarchisch-demokratischen Dictatur, oder dem
Schreckensregiment eines radicalen Parteiführers? Von dem Kampf dieser
Extreme scheint die Zukunft Frankreichs bedingt zu sein, und in diesem Ver¬
hältniß liegt eben die Stärke des Bonapartismus. Denn mehr und mehr
befestigt sich nach der Niederlage der königlichen Partei in dem Lande der
Glaube, daß nur die cäsarische Monarchie Frankreich vor den Schrecken des
Radicalismus zu schützen im Stande sei.


Georg Zelle.


Die Aesultate der pariser WünzKonferenz.

Die Pariser Münzkonferenz war vorzüglich auf den wiederholt zu er¬
kennen gegebenen Wunsch des schweizerischen Gesandten in Paris, Herrn Kern,
zusammenberufen worden. In der Schweiz nämlich ist die Agitation auf das
Lebhafteste entbrannt, die Doppelwährung durch die alleinige Goldwährung
zu ersetzen. Und dieses Bestreben war innerhalb der Länder der lateinischen
Münzkonvention nicht neu. Schon vor dem Abschlüsse der Pariser Münz¬
konferenz vom 23. Dezember 1865 hatten sich die Schweiz, Belgien und Italien
entschieden geweigert, statt der alleinigen Goldwährung die Doppelwährung
anzunehmen. Die entscheidenden Stimmen in den Regierungen dieser Länder
wiesen richtig darauf hin, daß die Doppelwährung der logischen Begründung
entbehre; sie zeigten, daß bei jeder nur einigermaßen fühlbaren Schwankung
in der Werthrelation der beiden Edelmetalle auf dem Weltmarkte das gesetz¬
liche Werthverhältniß von 1:16^/, unwirksam werden müsse; sie prophezeiten,
daß beim Steigen des Goldpreises große Mengen dieses Metalles von Speku¬
lanten verkauft werden und daß das dafür eingetauschte Silber in die Münze
wandern würde, um, in Fünffrankenstücken ausgeprägt, alleiniges und nicht
nur unbequemes, sondern auch im Welthandel unwirksameres Zahlungsmittel
zu werden. Falls aber dem Silber die Rolle der Preissteigerung zufalle, so
würde das umgekehrte Verhältniß eintreten.

Die Vertreter dieser Ansicht konnten sich darauf berufen, daß Erfahrungen
vorlagen, welche die Richtigkeit ihres Raisonnement als unzweifelhaft bewahr¬
heiten. So hatte die Schweiz, trotz ihrer sogenannten Doppelwährung, wählend
der Jahre 1846--1860 in Wirklichkeit Silberwährung, weil das Silber so
billig war, daß man für ein Pfund Gold 16,88 Pfund Silber kaufen konnte.
In den Jahren 1861-1866 lautete die Werthrelation gleich 1:16,37, in


Parteikämpfe sich selbst zu zerstören. Was bleibt den Franzosen übrig, als
die Wahl zwischen der monarchisch-demokratischen Dictatur, oder dem
Schreckensregiment eines radicalen Parteiführers? Von dem Kampf dieser
Extreme scheint die Zukunft Frankreichs bedingt zu sein, und in diesem Ver¬
hältniß liegt eben die Stärke des Bonapartismus. Denn mehr und mehr
befestigt sich nach der Niederlage der königlichen Partei in dem Lande der
Glaube, daß nur die cäsarische Monarchie Frankreich vor den Schrecken des
Radicalismus zu schützen im Stande sei.


Georg Zelle.


Die Aesultate der pariser WünzKonferenz.

Die Pariser Münzkonferenz war vorzüglich auf den wiederholt zu er¬
kennen gegebenen Wunsch des schweizerischen Gesandten in Paris, Herrn Kern,
zusammenberufen worden. In der Schweiz nämlich ist die Agitation auf das
Lebhafteste entbrannt, die Doppelwährung durch die alleinige Goldwährung
zu ersetzen. Und dieses Bestreben war innerhalb der Länder der lateinischen
Münzkonvention nicht neu. Schon vor dem Abschlüsse der Pariser Münz¬
konferenz vom 23. Dezember 1865 hatten sich die Schweiz, Belgien und Italien
entschieden geweigert, statt der alleinigen Goldwährung die Doppelwährung
anzunehmen. Die entscheidenden Stimmen in den Regierungen dieser Länder
wiesen richtig darauf hin, daß die Doppelwährung der logischen Begründung
entbehre; sie zeigten, daß bei jeder nur einigermaßen fühlbaren Schwankung
in der Werthrelation der beiden Edelmetalle auf dem Weltmarkte das gesetz¬
liche Werthverhältniß von 1:16^/, unwirksam werden müsse; sie prophezeiten,
daß beim Steigen des Goldpreises große Mengen dieses Metalles von Speku¬
lanten verkauft werden und daß das dafür eingetauschte Silber in die Münze
wandern würde, um, in Fünffrankenstücken ausgeprägt, alleiniges und nicht
nur unbequemes, sondern auch im Welthandel unwirksameres Zahlungsmittel
zu werden. Falls aber dem Silber die Rolle der Preissteigerung zufalle, so
würde das umgekehrte Verhältniß eintreten.

Die Vertreter dieser Ansicht konnten sich darauf berufen, daß Erfahrungen
vorlagen, welche die Richtigkeit ihres Raisonnement als unzweifelhaft bewahr¬
heiten. So hatte die Schweiz, trotz ihrer sogenannten Doppelwährung, wählend
der Jahre 1846—1860 in Wirklichkeit Silberwährung, weil das Silber so
billig war, daß man für ein Pfund Gold 16,88 Pfund Silber kaufen konnte.
In den Jahren 1861-1866 lautete die Werthrelation gleich 1:16,37, in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/500>, abgerufen am 27.04.2024.