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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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wieder einigermaßen besser. -- Unterdessen waren die Approchen bis ganz
nahe an das kleine Ravelin des Thores Se. Thiebault herangeführt und
man gedachte in 5 bis 6 Tagen zu stürmen; allein die Laufgräben waren
noch bei Weitem nicht breit genug, um jetzt schon eine genügende Anzahl
von Truppen aufnehmen zu können.




Zur deutschen Literaturgeschichte.*)

Wir freuen uns, das rüstige Vorwärtsschreiten der 5. Auflage von Kober-
stein's Grundriß von neuem constatiren zu können. Der Umarbeiter und
Herausgeber hat mit dieser exacten Förderung eines so großen Unternehmens
den Beweis geliefert, daß es doch auch deutsche Gelehrte giebt, welche mehr¬
bändige Bücher in etwas kürzerer Zeit als ein Menschenalter abzuschließen im
Stande sind. Es läßt sich denken, daß die anderwärts, z. B. in England
und Frankreich überwiegende Sitte, ein Werk von 2--3 Bänden auf einmal
la die Welt zu schicken, für die engbrüstigeren Verhältnisse unseres Bücher¬
marktes nicht paßt. Indeß, wenn auch die Finanzen unseres laufenden
Publicums ein solches Verfahren nicht räthlich erscheinen lassen dürften, das
auf einmal so starke Zumuthungen -- freilich mehr scheinbar, als wirklich
-- an sie stellt, so liegt es doch so sehr im Vortheil sowohl der Verleger wie
der Leser, daß jene wahrhaft haarsträubende Art von Gemächlichkeit, womit
unsere mehrbändigen Werke gemeinhin ihre Etappen machen, durch das that¬
kräftige Beispiel eines anderen Verfahrens beschämt und überwunden wurde.
Worte thun es auch hier nicht, aber das Handeln selbst. --

Wir möchten es einen pikanten kultur- oder sittengeschichtlichen Zug
nennen, daß sich gerade an Koberstein's so vielgebrauchten und so allgemein
bekanntem Werke die Gegensätze jener gewohnten deutschen Unart und dieser
seltenen Tugend so drastisch begegnen. Die 4. Auflage hat 21 Jahre bedurft
um zum Ziele zu gelangen: die 6. ist allein durch des neuen Herausgebers
Verdienst in etwas länger als Jahresfrist beinahe ebenso weit gediehen und
wird, wie sich mit Sicherheit voraussehen läßt, im Laufe dieses Winters,
höchstens im nächsten Frühjahr abgeschlossen in Aller Händen sein. --



') 1) Aug. Koberstein's Grundriß der Geschichte der deutschen NationaMeratur. Fünfte
umgearbeitete Auflage von K. Lantsch. Vierter Band. Leipzig. F. C. W. Vogel 1873. 2) Archiv für Literaturgeschichte. Herausgegeben von Dr. Franz Schmorr von Carölsfeld.
"I. Band 1 und 2 Heft, Leipzig, Teubner 1873,

wieder einigermaßen besser. — Unterdessen waren die Approchen bis ganz
nahe an das kleine Ravelin des Thores Se. Thiebault herangeführt und
man gedachte in 5 bis 6 Tagen zu stürmen; allein die Laufgräben waren
noch bei Weitem nicht breit genug, um jetzt schon eine genügende Anzahl
von Truppen aufnehmen zu können.




Zur deutschen Literaturgeschichte.*)

Wir freuen uns, das rüstige Vorwärtsschreiten der 5. Auflage von Kober-
stein's Grundriß von neuem constatiren zu können. Der Umarbeiter und
Herausgeber hat mit dieser exacten Förderung eines so großen Unternehmens
den Beweis geliefert, daß es doch auch deutsche Gelehrte giebt, welche mehr¬
bändige Bücher in etwas kürzerer Zeit als ein Menschenalter abzuschließen im
Stande sind. Es läßt sich denken, daß die anderwärts, z. B. in England
und Frankreich überwiegende Sitte, ein Werk von 2—3 Bänden auf einmal
la die Welt zu schicken, für die engbrüstigeren Verhältnisse unseres Bücher¬
marktes nicht paßt. Indeß, wenn auch die Finanzen unseres laufenden
Publicums ein solches Verfahren nicht räthlich erscheinen lassen dürften, das
auf einmal so starke Zumuthungen — freilich mehr scheinbar, als wirklich
— an sie stellt, so liegt es doch so sehr im Vortheil sowohl der Verleger wie
der Leser, daß jene wahrhaft haarsträubende Art von Gemächlichkeit, womit
unsere mehrbändigen Werke gemeinhin ihre Etappen machen, durch das that¬
kräftige Beispiel eines anderen Verfahrens beschämt und überwunden wurde.
Worte thun es auch hier nicht, aber das Handeln selbst. —

Wir möchten es einen pikanten kultur- oder sittengeschichtlichen Zug
nennen, daß sich gerade an Koberstein's so vielgebrauchten und so allgemein
bekanntem Werke die Gegensätze jener gewohnten deutschen Unart und dieser
seltenen Tugend so drastisch begegnen. Die 4. Auflage hat 21 Jahre bedurft
um zum Ziele zu gelangen: die 6. ist allein durch des neuen Herausgebers
Verdienst in etwas länger als Jahresfrist beinahe ebenso weit gediehen und
wird, wie sich mit Sicherheit voraussehen läßt, im Laufe dieses Winters,
höchstens im nächsten Frühjahr abgeschlossen in Aller Händen sein. —



') 1) Aug. Koberstein's Grundriß der Geschichte der deutschen NationaMeratur. Fünfte
umgearbeitete Auflage von K. Lantsch. Vierter Band. Leipzig. F. C. W. Vogel 1873. 2) Archiv für Literaturgeschichte. Herausgegeben von Dr. Franz Schmorr von Carölsfeld.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/61>, abgerufen am 28.04.2024.