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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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Sänger, diese Ausgabe selbst zu besitzen, damit, wenn vier derselben sich zu¬
sammenfinden, ihnen, die sonst im Auffinden der besten und zuträglichsten
Quellen so großes Geschick zu bethätigen wissen, die beste Liederquclle nicht
fehlt. Vieles wäre über die Schönheiten und Borzüge, über Geist, Originali¬
tät, Auffassung und Anordnung jedes einzelnen Liedes, der in Rede stehen¬
den Sammlung zu sagen; aber wo bietet sich der Raum zu einem solchen
Unternehmen? und besser ist es doch, die Sänger suchen selbst zu ergründen,
nicht nur worin die Vorzüge der edelsten Weine und des besten Gerstensaftes,
sondern auch worin die Eigenthümlichkeiten eines Tonsetzers und der beson¬
dere Reiz einer Komposition bestehen. Wie mit ganz anderem Genuß wer¬
den sie dann singen und wie wird sich ihnen dann erst das innerste Wesen
der Tondichtungen, die so Vielen unter ihnen häufig nur leerer Sang und
Klang und gedankenloser Zeitvertreib bleiben, erschließen. Hat der Männer¬
gesang eine neue Zukunft vor sich -- man kann berechtigten Zweifel daran
haben, denn die großen, unsinnigen Trink-, Bummel- und Sängerfeste sind
nur ein Zeichen seines unaufhaltsamen Verfalls, ein bedenkliches memento
more -- dann führe man ihn auf geistigere Bahnen und wecke ein tieferes
Verständniß und eine eingehendere Erkenntniß der Kunst in den Ausüben¬
den; das kann aber nur geschehen im Geleite und im Vertrautsein mit dem
Besten und Edelsten, was auf diesem Gebiete bisher hervorgebracht wurde.


H. M. Schletterer.


Dom deutschen Ueichstag.

Die zweite oder Specialberathung des Militärgesetzes wurde am 13. April
durch einen ausführlichen Vortrag Miquel's eröffnet, welcher im Auftrag der
Commission das Referat über den ersten Abschnitt zu erstatten hatte. Der
Vortrag beschränkte sich auf eine sehr klare Wiedergabe der in der Commission
einander gegenübertretenden Meinungen. Auf den Referenten über den ersten
Abschnitt folgte der Abgeordnete von Bennigsen zur Entwickelung seines zum
§ 1 eingebrachten Abänderungsvorschlags, welcher das von den reichssreund-
lichen Parteien, mit der Regierung in vertraulichen Verhandlungen abge¬
schlossene Compromiß enthielt. Nach diesem Abänderungsvorschlag soll der
§ 1 lauten: Die Friedenspräsenzstärke des Heeres beträgt für die Zeit vom
1. Januar 1873 bis zum 31. December 1881 401,659 Mann. Anstatt der


Sänger, diese Ausgabe selbst zu besitzen, damit, wenn vier derselben sich zu¬
sammenfinden, ihnen, die sonst im Auffinden der besten und zuträglichsten
Quellen so großes Geschick zu bethätigen wissen, die beste Liederquclle nicht
fehlt. Vieles wäre über die Schönheiten und Borzüge, über Geist, Originali¬
tät, Auffassung und Anordnung jedes einzelnen Liedes, der in Rede stehen¬
den Sammlung zu sagen; aber wo bietet sich der Raum zu einem solchen
Unternehmen? und besser ist es doch, die Sänger suchen selbst zu ergründen,
nicht nur worin die Vorzüge der edelsten Weine und des besten Gerstensaftes,
sondern auch worin die Eigenthümlichkeiten eines Tonsetzers und der beson¬
dere Reiz einer Komposition bestehen. Wie mit ganz anderem Genuß wer¬
den sie dann singen und wie wird sich ihnen dann erst das innerste Wesen
der Tondichtungen, die so Vielen unter ihnen häufig nur leerer Sang und
Klang und gedankenloser Zeitvertreib bleiben, erschließen. Hat der Männer¬
gesang eine neue Zukunft vor sich — man kann berechtigten Zweifel daran
haben, denn die großen, unsinnigen Trink-, Bummel- und Sängerfeste sind
nur ein Zeichen seines unaufhaltsamen Verfalls, ein bedenkliches memento
more — dann führe man ihn auf geistigere Bahnen und wecke ein tieferes
Verständniß und eine eingehendere Erkenntniß der Kunst in den Ausüben¬
den; das kann aber nur geschehen im Geleite und im Vertrautsein mit dem
Besten und Edelsten, was auf diesem Gebiete bisher hervorgebracht wurde.


H. M. Schletterer.


Dom deutschen Ueichstag.

Die zweite oder Specialberathung des Militärgesetzes wurde am 13. April
durch einen ausführlichen Vortrag Miquel's eröffnet, welcher im Auftrag der
Commission das Referat über den ersten Abschnitt zu erstatten hatte. Der
Vortrag beschränkte sich auf eine sehr klare Wiedergabe der in der Commission
einander gegenübertretenden Meinungen. Auf den Referenten über den ersten
Abschnitt folgte der Abgeordnete von Bennigsen zur Entwickelung seines zum
§ 1 eingebrachten Abänderungsvorschlags, welcher das von den reichssreund-
lichen Parteien, mit der Regierung in vertraulichen Verhandlungen abge¬
schlossene Compromiß enthielt. Nach diesem Abänderungsvorschlag soll der
§ 1 lauten: Die Friedenspräsenzstärke des Heeres beträgt für die Zeit vom
1. Januar 1873 bis zum 31. December 1881 401,659 Mann. Anstatt der


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[0159] Sänger, diese Ausgabe selbst zu besitzen, damit, wenn vier derselben sich zu¬ sammenfinden, ihnen, die sonst im Auffinden der besten und zuträglichsten Quellen so großes Geschick zu bethätigen wissen, die beste Liederquclle nicht fehlt. Vieles wäre über die Schönheiten und Borzüge, über Geist, Originali¬ tät, Auffassung und Anordnung jedes einzelnen Liedes, der in Rede stehen¬ den Sammlung zu sagen; aber wo bietet sich der Raum zu einem solchen Unternehmen? und besser ist es doch, die Sänger suchen selbst zu ergründen, nicht nur worin die Vorzüge der edelsten Weine und des besten Gerstensaftes, sondern auch worin die Eigenthümlichkeiten eines Tonsetzers und der beson¬ dere Reiz einer Komposition bestehen. Wie mit ganz anderem Genuß wer¬ den sie dann singen und wie wird sich ihnen dann erst das innerste Wesen der Tondichtungen, die so Vielen unter ihnen häufig nur leerer Sang und Klang und gedankenloser Zeitvertreib bleiben, erschließen. Hat der Männer¬ gesang eine neue Zukunft vor sich — man kann berechtigten Zweifel daran haben, denn die großen, unsinnigen Trink-, Bummel- und Sängerfeste sind nur ein Zeichen seines unaufhaltsamen Verfalls, ein bedenkliches memento more — dann führe man ihn auf geistigere Bahnen und wecke ein tieferes Verständniß und eine eingehendere Erkenntniß der Kunst in den Ausüben¬ den; das kann aber nur geschehen im Geleite und im Vertrautsein mit dem Besten und Edelsten, was auf diesem Gebiete bisher hervorgebracht wurde. H. M. Schletterer. Dom deutschen Ueichstag. Die zweite oder Specialberathung des Militärgesetzes wurde am 13. April durch einen ausführlichen Vortrag Miquel's eröffnet, welcher im Auftrag der Commission das Referat über den ersten Abschnitt zu erstatten hatte. Der Vortrag beschränkte sich auf eine sehr klare Wiedergabe der in der Commission einander gegenübertretenden Meinungen. Auf den Referenten über den ersten Abschnitt folgte der Abgeordnete von Bennigsen zur Entwickelung seines zum § 1 eingebrachten Abänderungsvorschlags, welcher das von den reichssreund- lichen Parteien, mit der Regierung in vertraulichen Verhandlungen abge¬ schlossene Compromiß enthielt. Nach diesem Abänderungsvorschlag soll der § 1 lauten: Die Friedenspräsenzstärke des Heeres beträgt für die Zeit vom 1. Januar 1873 bis zum 31. December 1881 401,659 Mann. Anstatt der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/159>, abgerufen am 07.05.2024.