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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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tragenden an. Aehnlich schleppen in der Kirche S. Donaio in Murano bei
Venedig zwei Hähne den scheinbar todten Fuchs an einem Bande, das sie um
ihren Hals gelegt haben. Jenes Mosaik ist aus dem Jahre 1040, dies aus
1140 datirt.

Man sieht, an interessanten und zu weiteren Nachforschungen anregenden
Stoffen fehlt es bei jenen mittelalterlichen Mosaikboden nicht; aber auch nach
der formalen Seite verdienen sie alle Aufmerksamkeit. Hoffentlich wird es in
nicht allzu langer Zeit gelingen, sie sämmtlich in einer Bearbeitung zusam¬
menzufassen, sowohl die Italiens, als die andrer Länder. Aber auch die
Mosaikboden der vorhergehenden Jahrhunderte, vom Untergange des römischen
Reiches an bis zu der Neubelebung im 11. Jahrhundert, bedürfen einer sorg¬
fältigen Zusammenstellung und Beleuchtung; ich bin sicher, daß als Endresul¬
tat sich herausstellen wird, daß die musivische Kunst, so weit sie die Fußböden
anbetrifft, in Italien nie ganz außer Uebung gekommen ist, und daß, wenn
berichtet wird, Dcsiderius, Abt von Monte Cassino, habe Mosaikarbeiter aus By-
zanz kommen lassen, um seine Kirche auszuschmücken, dies sich nicht auf Mo¬
saikfußböden, sondern auf Arbeiten an den Wänden, der Tribüne u. f. w.
bezieht, eine Kunstübung, die allerdings damals in Italien sehr in Verfall
gerathen zu sein scheint. Daß zwischen den nationalitalischen Mosaikfußbö¬
den und den byzantinischen Kuppelarbeiten ein wesentlicher Unterschied be¬
stand, das, denke ich, geht schon daraus hervor, daß gerade in Monte Cas¬
sino. wo Griechen arbeiteten, der Boden nicht mit aus kleinen Würfeln ge¬
bildetem Mosaik, sondern mit Marmorstücken bedeckt war, die man höchstens
als oxus sectils (von Aus'in Weerth fälschlich vxus ^lexanörinum genannt,
siehe G. B. de Rossi bull, erist. II. S. 46) bezeichnen könnte.


R. Engelmann.


Aus den Memoiren eines deutschen "UotttiKers.
Deutschland zur Zeit des italienischen Krieges 1889.
I. Bis zum Präliminarfrieden von Villafranca. (Schluß.)

Aus Hannover erhielt ich auf ein Schreiben dahin folgende Antwort
vom 11. Juni:

"Die in Ihrem Brief berührten Punkte sind von derartigem Interesse
und solcher Wichtigkeit für mich gewesen, daß ich's für angemessen und noth'
wendig gehalten habe, mit vielen unsrer politischen Freunde, namentlich mit


tragenden an. Aehnlich schleppen in der Kirche S. Donaio in Murano bei
Venedig zwei Hähne den scheinbar todten Fuchs an einem Bande, das sie um
ihren Hals gelegt haben. Jenes Mosaik ist aus dem Jahre 1040, dies aus
1140 datirt.

Man sieht, an interessanten und zu weiteren Nachforschungen anregenden
Stoffen fehlt es bei jenen mittelalterlichen Mosaikboden nicht; aber auch nach
der formalen Seite verdienen sie alle Aufmerksamkeit. Hoffentlich wird es in
nicht allzu langer Zeit gelingen, sie sämmtlich in einer Bearbeitung zusam¬
menzufassen, sowohl die Italiens, als die andrer Länder. Aber auch die
Mosaikboden der vorhergehenden Jahrhunderte, vom Untergange des römischen
Reiches an bis zu der Neubelebung im 11. Jahrhundert, bedürfen einer sorg¬
fältigen Zusammenstellung und Beleuchtung; ich bin sicher, daß als Endresul¬
tat sich herausstellen wird, daß die musivische Kunst, so weit sie die Fußböden
anbetrifft, in Italien nie ganz außer Uebung gekommen ist, und daß, wenn
berichtet wird, Dcsiderius, Abt von Monte Cassino, habe Mosaikarbeiter aus By-
zanz kommen lassen, um seine Kirche auszuschmücken, dies sich nicht auf Mo¬
saikfußböden, sondern auf Arbeiten an den Wänden, der Tribüne u. f. w.
bezieht, eine Kunstübung, die allerdings damals in Italien sehr in Verfall
gerathen zu sein scheint. Daß zwischen den nationalitalischen Mosaikfußbö¬
den und den byzantinischen Kuppelarbeiten ein wesentlicher Unterschied be¬
stand, das, denke ich, geht schon daraus hervor, daß gerade in Monte Cas¬
sino. wo Griechen arbeiteten, der Boden nicht mit aus kleinen Würfeln ge¬
bildetem Mosaik, sondern mit Marmorstücken bedeckt war, die man höchstens
als oxus sectils (von Aus'in Weerth fälschlich vxus ^lexanörinum genannt,
siehe G. B. de Rossi bull, erist. II. S. 46) bezeichnen könnte.


R. Engelmann.


Aus den Memoiren eines deutschen "UotttiKers.
Deutschland zur Zeit des italienischen Krieges 1889.
I. Bis zum Präliminarfrieden von Villafranca. (Schluß.)

Aus Hannover erhielt ich auf ein Schreiben dahin folgende Antwort
vom 11. Juni:

„Die in Ihrem Brief berührten Punkte sind von derartigem Interesse
und solcher Wichtigkeit für mich gewesen, daß ich's für angemessen und noth'
wendig gehalten habe, mit vielen unsrer politischen Freunde, namentlich mit


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[0176] tragenden an. Aehnlich schleppen in der Kirche S. Donaio in Murano bei Venedig zwei Hähne den scheinbar todten Fuchs an einem Bande, das sie um ihren Hals gelegt haben. Jenes Mosaik ist aus dem Jahre 1040, dies aus 1140 datirt. Man sieht, an interessanten und zu weiteren Nachforschungen anregenden Stoffen fehlt es bei jenen mittelalterlichen Mosaikboden nicht; aber auch nach der formalen Seite verdienen sie alle Aufmerksamkeit. Hoffentlich wird es in nicht allzu langer Zeit gelingen, sie sämmtlich in einer Bearbeitung zusam¬ menzufassen, sowohl die Italiens, als die andrer Länder. Aber auch die Mosaikboden der vorhergehenden Jahrhunderte, vom Untergange des römischen Reiches an bis zu der Neubelebung im 11. Jahrhundert, bedürfen einer sorg¬ fältigen Zusammenstellung und Beleuchtung; ich bin sicher, daß als Endresul¬ tat sich herausstellen wird, daß die musivische Kunst, so weit sie die Fußböden anbetrifft, in Italien nie ganz außer Uebung gekommen ist, und daß, wenn berichtet wird, Dcsiderius, Abt von Monte Cassino, habe Mosaikarbeiter aus By- zanz kommen lassen, um seine Kirche auszuschmücken, dies sich nicht auf Mo¬ saikfußböden, sondern auf Arbeiten an den Wänden, der Tribüne u. f. w. bezieht, eine Kunstübung, die allerdings damals in Italien sehr in Verfall gerathen zu sein scheint. Daß zwischen den nationalitalischen Mosaikfußbö¬ den und den byzantinischen Kuppelarbeiten ein wesentlicher Unterschied be¬ stand, das, denke ich, geht schon daraus hervor, daß gerade in Monte Cas¬ sino. wo Griechen arbeiteten, der Boden nicht mit aus kleinen Würfeln ge¬ bildetem Mosaik, sondern mit Marmorstücken bedeckt war, die man höchstens als oxus sectils (von Aus'in Weerth fälschlich vxus ^lexanörinum genannt, siehe G. B. de Rossi bull, erist. II. S. 46) bezeichnen könnte. R. Engelmann. Aus den Memoiren eines deutschen "UotttiKers. Deutschland zur Zeit des italienischen Krieges 1889. I. Bis zum Präliminarfrieden von Villafranca. (Schluß.) Aus Hannover erhielt ich auf ein Schreiben dahin folgende Antwort vom 11. Juni: „Die in Ihrem Brief berührten Punkte sind von derartigem Interesse und solcher Wichtigkeit für mich gewesen, daß ich's für angemessen und noth' wendig gehalten habe, mit vielen unsrer politischen Freunde, namentlich mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/176>, abgerufen am 07.05.2024.