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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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einkunft unterzeichnen, welcher in der nächsten Woche auch die Bischöfe von
Trier, Paderborn und Münster beitraten. Sie enthielt auch seitens der Re¬
gierung einige Zugeständnisse, die den versöhnlichen und vertrauensseligen
Geist, der in Berlin herrsch!?, deutlich erkennen lassen; das wichtigste war
das Versprechen, die Civilehe, die in den Rheinlanden zu Recht bestand,
baldigst aufzuheben, weil dieselbe aufhöre ein Bedürfniß zu sein, wenn
der Einsegnung gemischter Ehen kein Hinderniß mehr in den Weg gelegt werde.
Ein Hirtenbrief an die Pfarrer theilte denselben darauf das Breve von 1830
mit, betonte nachdrücklich, wie dasselbe eine mildere Praxis gestatte, und wies
die Geistlichen an.-die passive Assistenz niemals zu verweigern, sich aber nur
dann auf sie zu beschränken, wenn eine katholische Braut zur Ehe schreite,
obgleich sie bestimmt wisse, daß ihr Gatte entschlossen sei, alle Kinder pro¬
testantisch zu erziehen. Uebrigens sollten sie, jeder einzelne, jeden Fall selbst
zu entscheiden das Recht haben und nur unter ausnahmsweise bedenklichen
Umständen sich an die Bischöfe wenden. Den Generalvieariaten, welchen als¬
dann ihre Anfragen zu beantworten oblag, wurden gleichzeitig übereinstim¬
mende Weisungen ertheilt, ihre Bescheide im versöhnlichsten Sinne abzufassen.

(Schluß folgt.)




Aus Jeethoven's späterem Leben.
Entstehung und Art der großen Messe.
Von
Ludwig Rost. (Schluß.)

Auch eine Wiener Correspondenz des Stuttgarter "Morgenblattes" aus
dem October 1819 zeigt sich ziemlich gut unterrichtet. Unser Beethoven,
heißt es da, der ebenso gut schlechthin wie Goethe vorzugsweise der Dichter
genannt werden könne, habe für den Musikverein eine Cantate von seinem
vieljährigen und vertrauten Freund ^ dem "geschmackvollen" Herrn Bernard
zu componiren, welche Arbeit jedoch für kurze Zeit ^ von einer neuen Messe
unterbrochen worden sei, die der Erzherzog Rudolph zu haben wünsche.
Seitdem derselbe Fürsterzbischof sei, dürfe man umso eher auch in dieser
Gattung noch manchen Genuß von dem hohen Meister erwarten. Es sei
unmöglich das freie einfache fest abgeschlossene Leben desselben nach Verdienst
SU schildern: "Er gehört ganz seiner Kunst, die Gesellschaft besitzt ihn nur,


einkunft unterzeichnen, welcher in der nächsten Woche auch die Bischöfe von
Trier, Paderborn und Münster beitraten. Sie enthielt auch seitens der Re¬
gierung einige Zugeständnisse, die den versöhnlichen und vertrauensseligen
Geist, der in Berlin herrsch!?, deutlich erkennen lassen; das wichtigste war
das Versprechen, die Civilehe, die in den Rheinlanden zu Recht bestand,
baldigst aufzuheben, weil dieselbe aufhöre ein Bedürfniß zu sein, wenn
der Einsegnung gemischter Ehen kein Hinderniß mehr in den Weg gelegt werde.
Ein Hirtenbrief an die Pfarrer theilte denselben darauf das Breve von 1830
mit, betonte nachdrücklich, wie dasselbe eine mildere Praxis gestatte, und wies
die Geistlichen an.-die passive Assistenz niemals zu verweigern, sich aber nur
dann auf sie zu beschränken, wenn eine katholische Braut zur Ehe schreite,
obgleich sie bestimmt wisse, daß ihr Gatte entschlossen sei, alle Kinder pro¬
testantisch zu erziehen. Uebrigens sollten sie, jeder einzelne, jeden Fall selbst
zu entscheiden das Recht haben und nur unter ausnahmsweise bedenklichen
Umständen sich an die Bischöfe wenden. Den Generalvieariaten, welchen als¬
dann ihre Anfragen zu beantworten oblag, wurden gleichzeitig übereinstim¬
mende Weisungen ertheilt, ihre Bescheide im versöhnlichsten Sinne abzufassen.

(Schluß folgt.)




Aus Jeethoven's späterem Leben.
Entstehung und Art der großen Messe.
Von
Ludwig Rost. (Schluß.)

Auch eine Wiener Correspondenz des Stuttgarter „Morgenblattes" aus
dem October 1819 zeigt sich ziemlich gut unterrichtet. Unser Beethoven,
heißt es da, der ebenso gut schlechthin wie Goethe vorzugsweise der Dichter
genannt werden könne, habe für den Musikverein eine Cantate von seinem
vieljährigen und vertrauten Freund ^ dem „geschmackvollen" Herrn Bernard
zu componiren, welche Arbeit jedoch für kurze Zeit ^ von einer neuen Messe
unterbrochen worden sei, die der Erzherzog Rudolph zu haben wünsche.
Seitdem derselbe Fürsterzbischof sei, dürfe man umso eher auch in dieser
Gattung noch manchen Genuß von dem hohen Meister erwarten. Es sei
unmöglich das freie einfache fest abgeschlossene Leben desselben nach Verdienst
SU schildern: „Er gehört ganz seiner Kunst, die Gesellschaft besitzt ihn nur,


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[0261] einkunft unterzeichnen, welcher in der nächsten Woche auch die Bischöfe von Trier, Paderborn und Münster beitraten. Sie enthielt auch seitens der Re¬ gierung einige Zugeständnisse, die den versöhnlichen und vertrauensseligen Geist, der in Berlin herrsch!?, deutlich erkennen lassen; das wichtigste war das Versprechen, die Civilehe, die in den Rheinlanden zu Recht bestand, baldigst aufzuheben, weil dieselbe aufhöre ein Bedürfniß zu sein, wenn der Einsegnung gemischter Ehen kein Hinderniß mehr in den Weg gelegt werde. Ein Hirtenbrief an die Pfarrer theilte denselben darauf das Breve von 1830 mit, betonte nachdrücklich, wie dasselbe eine mildere Praxis gestatte, und wies die Geistlichen an.-die passive Assistenz niemals zu verweigern, sich aber nur dann auf sie zu beschränken, wenn eine katholische Braut zur Ehe schreite, obgleich sie bestimmt wisse, daß ihr Gatte entschlossen sei, alle Kinder pro¬ testantisch zu erziehen. Uebrigens sollten sie, jeder einzelne, jeden Fall selbst zu entscheiden das Recht haben und nur unter ausnahmsweise bedenklichen Umständen sich an die Bischöfe wenden. Den Generalvieariaten, welchen als¬ dann ihre Anfragen zu beantworten oblag, wurden gleichzeitig übereinstim¬ mende Weisungen ertheilt, ihre Bescheide im versöhnlichsten Sinne abzufassen. (Schluß folgt.) Aus Jeethoven's späterem Leben. Entstehung und Art der großen Messe. Von Ludwig Rost. (Schluß.) Auch eine Wiener Correspondenz des Stuttgarter „Morgenblattes" aus dem October 1819 zeigt sich ziemlich gut unterrichtet. Unser Beethoven, heißt es da, der ebenso gut schlechthin wie Goethe vorzugsweise der Dichter genannt werden könne, habe für den Musikverein eine Cantate von seinem vieljährigen und vertrauten Freund ^ dem „geschmackvollen" Herrn Bernard zu componiren, welche Arbeit jedoch für kurze Zeit ^ von einer neuen Messe unterbrochen worden sei, die der Erzherzog Rudolph zu haben wünsche. Seitdem derselbe Fürsterzbischof sei, dürfe man umso eher auch in dieser Gattung noch manchen Genuß von dem hohen Meister erwarten. Es sei unmöglich das freie einfache fest abgeschlossene Leben desselben nach Verdienst SU schildern: „Er gehört ganz seiner Kunst, die Gesellschaft besitzt ihn nur,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/261>, abgerufen am 07.05.2024.