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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band.

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rung, den Eidergänsen, den Möven und Tauchern, der Seeschwalbe und an¬
dern. An den hohen Klippen nistend, kreisen diese Vögel unruhig und
schreiend Tag und Nacht in der Luft, oder tummeln sich auf dem stillen
Wasser umher. Auch sie haben ihre Jungen zu vertheidigen gegen die ge¬
nannten Raubvögel, deren Zahl noch durch die große Möve und namentlich
den schwarzen Raben vermehrt wird. Aber so angenehm das Fleisch und die
Eier, die Felle und Federn dieser Vierfüßler und Vögel dem europäischen
Eindringling sind, ihr Nutzen für die Einwohner ist verschwindend gegenüber
dem, den das Walroß und der Seehund gewährt. Es sind dieses die wich¬
tigsten Thiere aller Eisküsten; auf dem Dasein und der Ausnutzung derselben
basirt eigentlich das ganze Leben der dortigen Eskimos. Doch auch sie
haben keinen ungestörten Genuß ihrer Jagd: das mächtigste Raubthier, der
Eisbär, erhebt dieselben Ansprüche an Seehunde, Walrosse und Rennthiere
und zwischen der Kraft und Schlauheit des Thieres und der Intelligenz des
ärmsten Menschen entsteht der wunderbarste Wettstreit und Krieg.




Jas Sächsische Ministerium und der jüngste Landtag.

Sie wünschen wieder einmal für Ihre "Grünen" von mir etwas über
sächsische Zustände zu haben. Es ist wahr, ich habe lange nichts von mir
hören lassen. Meine letzten Betrachtungen über sächsische Zustände, denen Sie
so freundlich waren die Spalten Ihres Blattes zu öffnen, müssen, erinnere ich
mich recht, noch von vor dem Landtag, wo nicht gar von vor den Wahlen
datiren. Seitdem ist Vieles geschehen, obschon eigentlich nicht Viel. Im
Ganzen genommen ist, was >die politischen Zustände Sachsens anbelangt,
Alles so ziemlich beim Alten.

Zwar ist ein Thronwechsel inzwischen eingetreten. Sachsen hat einen König
verloren, der durch viele treffliche Züge des Menschen und des Monarchen
verehrungswürdig war, der im Hause und auf dem Throne Schweres erlitten
und in das Eine wie in das Andre mit christlicher Geduld und fürstlicher
Würde sich gefügt hatte, und es hat einen König erhalten, durch glänzende Thaten
hervorragend, den echten Enkel des Ahnherrn der albertinischen Linie, dessen Namen
er trägt, jenes berühmten "Marschalls und gewaltigen Bannerträgers" des Reichs
unter Friedrich III., einen Fürsten in voller Manneskraft, von frisch entschlossenem
vertrauenerweckenden Wesen, vielleicht weniger gelehrt als sein Vater, aber


Grenzboten II. 1874. 9

rung, den Eidergänsen, den Möven und Tauchern, der Seeschwalbe und an¬
dern. An den hohen Klippen nistend, kreisen diese Vögel unruhig und
schreiend Tag und Nacht in der Luft, oder tummeln sich auf dem stillen
Wasser umher. Auch sie haben ihre Jungen zu vertheidigen gegen die ge¬
nannten Raubvögel, deren Zahl noch durch die große Möve und namentlich
den schwarzen Raben vermehrt wird. Aber so angenehm das Fleisch und die
Eier, die Felle und Federn dieser Vierfüßler und Vögel dem europäischen
Eindringling sind, ihr Nutzen für die Einwohner ist verschwindend gegenüber
dem, den das Walroß und der Seehund gewährt. Es sind dieses die wich¬
tigsten Thiere aller Eisküsten; auf dem Dasein und der Ausnutzung derselben
basirt eigentlich das ganze Leben der dortigen Eskimos. Doch auch sie
haben keinen ungestörten Genuß ihrer Jagd: das mächtigste Raubthier, der
Eisbär, erhebt dieselben Ansprüche an Seehunde, Walrosse und Rennthiere
und zwischen der Kraft und Schlauheit des Thieres und der Intelligenz des
ärmsten Menschen entsteht der wunderbarste Wettstreit und Krieg.




Jas Sächsische Ministerium und der jüngste Landtag.

Sie wünschen wieder einmal für Ihre „Grünen" von mir etwas über
sächsische Zustände zu haben. Es ist wahr, ich habe lange nichts von mir
hören lassen. Meine letzten Betrachtungen über sächsische Zustände, denen Sie
so freundlich waren die Spalten Ihres Blattes zu öffnen, müssen, erinnere ich
mich recht, noch von vor dem Landtag, wo nicht gar von vor den Wahlen
datiren. Seitdem ist Vieles geschehen, obschon eigentlich nicht Viel. Im
Ganzen genommen ist, was >die politischen Zustände Sachsens anbelangt,
Alles so ziemlich beim Alten.

Zwar ist ein Thronwechsel inzwischen eingetreten. Sachsen hat einen König
verloren, der durch viele treffliche Züge des Menschen und des Monarchen
verehrungswürdig war, der im Hause und auf dem Throne Schweres erlitten
und in das Eine wie in das Andre mit christlicher Geduld und fürstlicher
Würde sich gefügt hatte, und es hat einen König erhalten, durch glänzende Thaten
hervorragend, den echten Enkel des Ahnherrn der albertinischen Linie, dessen Namen
er trägt, jenes berühmten „Marschalls und gewaltigen Bannerträgers" des Reichs
unter Friedrich III., einen Fürsten in voller Manneskraft, von frisch entschlossenem
vertrauenerweckenden Wesen, vielleicht weniger gelehrt als sein Vater, aber


Grenzboten II. 1874. 9
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[0073] rung, den Eidergänsen, den Möven und Tauchern, der Seeschwalbe und an¬ dern. An den hohen Klippen nistend, kreisen diese Vögel unruhig und schreiend Tag und Nacht in der Luft, oder tummeln sich auf dem stillen Wasser umher. Auch sie haben ihre Jungen zu vertheidigen gegen die ge¬ nannten Raubvögel, deren Zahl noch durch die große Möve und namentlich den schwarzen Raben vermehrt wird. Aber so angenehm das Fleisch und die Eier, die Felle und Federn dieser Vierfüßler und Vögel dem europäischen Eindringling sind, ihr Nutzen für die Einwohner ist verschwindend gegenüber dem, den das Walroß und der Seehund gewährt. Es sind dieses die wich¬ tigsten Thiere aller Eisküsten; auf dem Dasein und der Ausnutzung derselben basirt eigentlich das ganze Leben der dortigen Eskimos. Doch auch sie haben keinen ungestörten Genuß ihrer Jagd: das mächtigste Raubthier, der Eisbär, erhebt dieselben Ansprüche an Seehunde, Walrosse und Rennthiere und zwischen der Kraft und Schlauheit des Thieres und der Intelligenz des ärmsten Menschen entsteht der wunderbarste Wettstreit und Krieg. Jas Sächsische Ministerium und der jüngste Landtag. Sie wünschen wieder einmal für Ihre „Grünen" von mir etwas über sächsische Zustände zu haben. Es ist wahr, ich habe lange nichts von mir hören lassen. Meine letzten Betrachtungen über sächsische Zustände, denen Sie so freundlich waren die Spalten Ihres Blattes zu öffnen, müssen, erinnere ich mich recht, noch von vor dem Landtag, wo nicht gar von vor den Wahlen datiren. Seitdem ist Vieles geschehen, obschon eigentlich nicht Viel. Im Ganzen genommen ist, was >die politischen Zustände Sachsens anbelangt, Alles so ziemlich beim Alten. Zwar ist ein Thronwechsel inzwischen eingetreten. Sachsen hat einen König verloren, der durch viele treffliche Züge des Menschen und des Monarchen verehrungswürdig war, der im Hause und auf dem Throne Schweres erlitten und in das Eine wie in das Andre mit christlicher Geduld und fürstlicher Würde sich gefügt hatte, und es hat einen König erhalten, durch glänzende Thaten hervorragend, den echten Enkel des Ahnherrn der albertinischen Linie, dessen Namen er trägt, jenes berühmten „Marschalls und gewaltigen Bannerträgers" des Reichs unter Friedrich III., einen Fürsten in voller Manneskraft, von frisch entschlossenem vertrauenerweckenden Wesen, vielleicht weniger gelehrt als sein Vater, aber Grenzboten II. 1874. 9

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_131175/73>, abgerufen am 07.05.2024.