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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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hoben und die Hauptbarre, welche diese von den anderen Provinzen getrennt
hatte, niedergerissen. Auch begnügte man sich von Seiten der Regierung nicht,
mit Einführung der Geschworenengerichte und der anderen neuen Einrichtun¬
gen, sondern es wurde in der Verfassung bestimmt, daß das Tribunal und
der Cassations- und Revisionshof zu einem Gerichtshof für die Monarchie
vereint werden sollten. Endlich diente noch zur Vervollständigung der Eini¬
gung, daß ein Rheinländer, welcher in der Rheinprovinz längere Zeit als
Generalprokurator fungirt hatte und von welchem später im Ministerium vor¬
zugsweise die rheinischen Angelegenheiten geleitet worden waren, zum Justiz¬
minister ernannt wurde, und somit den Rheinländern das bestimmte Zuge-
ständniß der Beibehaltung und Entwickelung ihres Gerichtsverfahrens gege¬
ben wurde.

Vor allem war es nun aber die Verfassung, welche ein festes Land zwi¬
schen den Provinzen knüpfte und ihnen das Bewußtsein der Staatseinheit
gewährte. Erst von da an kann man die geistige Einigung des ganzen
preußischen Staates annehmen. Der Regierung war dadurch ein bedeuten¬
der Zuwachs an Macht und äußerem Ansehen entstanden, denn für die Kraft
eines Staates, die Fortentwicklung desselben und die Stellung nach Außen
ist nichts gefährlicher, als wenn die einzelnen Theile in Rivalität gegen
einander wirken und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit mangelt.


Ferdinand Fischer.


schweizerischer Ultramontanismus.

Man muß den Mtramontanismus immer auf handhafter That ertappen,
sonst folgt er dem Grundsatze si tseisti nsM. Man muß immer die Worte
und Thaten seiner Mannen rasch und genau aufzeichnen, sonst stellt er die
Wahrheit des Vorhalts oder die Bundesgenossenschaft mit dem Getadelten
in Abrede, wie es jedesmal der Fall ist, wenn ein Geschtchtskenner, der un¬
glücklicherweise nicht gerade eine Bibliothek zur Hand hat, die Jesuitenmoral
tadelt.

Die deutsche Presse hat wiederholt die eigenthümliche Solidarität des
Ultramontanismus mit der karlistischen Barbarei in Spanien beleuchtet, und
ist von den Soldschreibern des Ultramontanismus stets Lügen gestraft worden-


hoben und die Hauptbarre, welche diese von den anderen Provinzen getrennt
hatte, niedergerissen. Auch begnügte man sich von Seiten der Regierung nicht,
mit Einführung der Geschworenengerichte und der anderen neuen Einrichtun¬
gen, sondern es wurde in der Verfassung bestimmt, daß das Tribunal und
der Cassations- und Revisionshof zu einem Gerichtshof für die Monarchie
vereint werden sollten. Endlich diente noch zur Vervollständigung der Eini¬
gung, daß ein Rheinländer, welcher in der Rheinprovinz längere Zeit als
Generalprokurator fungirt hatte und von welchem später im Ministerium vor¬
zugsweise die rheinischen Angelegenheiten geleitet worden waren, zum Justiz¬
minister ernannt wurde, und somit den Rheinländern das bestimmte Zuge-
ständniß der Beibehaltung und Entwickelung ihres Gerichtsverfahrens gege¬
ben wurde.

Vor allem war es nun aber die Verfassung, welche ein festes Land zwi¬
schen den Provinzen knüpfte und ihnen das Bewußtsein der Staatseinheit
gewährte. Erst von da an kann man die geistige Einigung des ganzen
preußischen Staates annehmen. Der Regierung war dadurch ein bedeuten¬
der Zuwachs an Macht und äußerem Ansehen entstanden, denn für die Kraft
eines Staates, die Fortentwicklung desselben und die Stellung nach Außen
ist nichts gefährlicher, als wenn die einzelnen Theile in Rivalität gegen
einander wirken und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit mangelt.


Ferdinand Fischer.


schweizerischer Ultramontanismus.

Man muß den Mtramontanismus immer auf handhafter That ertappen,
sonst folgt er dem Grundsatze si tseisti nsM. Man muß immer die Worte
und Thaten seiner Mannen rasch und genau aufzeichnen, sonst stellt er die
Wahrheit des Vorhalts oder die Bundesgenossenschaft mit dem Getadelten
in Abrede, wie es jedesmal der Fall ist, wenn ein Geschtchtskenner, der un¬
glücklicherweise nicht gerade eine Bibliothek zur Hand hat, die Jesuitenmoral
tadelt.

Die deutsche Presse hat wiederholt die eigenthümliche Solidarität des
Ultramontanismus mit der karlistischen Barbarei in Spanien beleuchtet, und
ist von den Soldschreibern des Ultramontanismus stets Lügen gestraft worden-


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[0220] hoben und die Hauptbarre, welche diese von den anderen Provinzen getrennt hatte, niedergerissen. Auch begnügte man sich von Seiten der Regierung nicht, mit Einführung der Geschworenengerichte und der anderen neuen Einrichtun¬ gen, sondern es wurde in der Verfassung bestimmt, daß das Tribunal und der Cassations- und Revisionshof zu einem Gerichtshof für die Monarchie vereint werden sollten. Endlich diente noch zur Vervollständigung der Eini¬ gung, daß ein Rheinländer, welcher in der Rheinprovinz längere Zeit als Generalprokurator fungirt hatte und von welchem später im Ministerium vor¬ zugsweise die rheinischen Angelegenheiten geleitet worden waren, zum Justiz¬ minister ernannt wurde, und somit den Rheinländern das bestimmte Zuge- ständniß der Beibehaltung und Entwickelung ihres Gerichtsverfahrens gege¬ ben wurde. Vor allem war es nun aber die Verfassung, welche ein festes Land zwi¬ schen den Provinzen knüpfte und ihnen das Bewußtsein der Staatseinheit gewährte. Erst von da an kann man die geistige Einigung des ganzen preußischen Staates annehmen. Der Regierung war dadurch ein bedeuten¬ der Zuwachs an Macht und äußerem Ansehen entstanden, denn für die Kraft eines Staates, die Fortentwicklung desselben und die Stellung nach Außen ist nichts gefährlicher, als wenn die einzelnen Theile in Rivalität gegen einander wirken und das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit mangelt. Ferdinand Fischer. schweizerischer Ultramontanismus. Man muß den Mtramontanismus immer auf handhafter That ertappen, sonst folgt er dem Grundsatze si tseisti nsM. Man muß immer die Worte und Thaten seiner Mannen rasch und genau aufzeichnen, sonst stellt er die Wahrheit des Vorhalts oder die Bundesgenossenschaft mit dem Getadelten in Abrede, wie es jedesmal der Fall ist, wenn ein Geschtchtskenner, der un¬ glücklicherweise nicht gerade eine Bibliothek zur Hand hat, die Jesuitenmoral tadelt. Die deutsche Presse hat wiederholt die eigenthümliche Solidarität des Ultramontanismus mit der karlistischen Barbarei in Spanien beleuchtet, und ist von den Soldschreibern des Ultramontanismus stets Lügen gestraft worden-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/220>, abgerufen am 06.05.2024.