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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band.

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einer äußerst kostbaren, auf 80,000 Scudi geschätzten Monstranz verhindert
hatte, die des Hauses Doria Privateigenthum war.

Daß daneben nicht in Rom allein, sondern im ganzen Kirchenstaate un¬
geheuere Kriegscontributionen und Naturallieferungen erpreßt wurden, ist
selbstverständlich, schmälich aber, daß vierzehn Cardinäle sich fanden,
die so niederträchtig waren, dem öffentlichen Dankfeste beizuwohnen, mit
welchem von den Franzosen der Umsturz der päpstlichen Herrschaft und die
Installation der neuen römischen Republik gefeiert wurde. Das Merkwürdigste
war unstreitig jedoch, daß. während die Stabs- und höheren Offiziere, die
Civil-Commissäre, die sonstigen Beamten des Direktoriums und jene Schwärme
unsauberer Gesellen, die damals von jeder französischen Armee unzertrennlich
waren, in Ausschweifungen und Ueppigkeit schwelgten, den Namen Frankreichs
in erwähnter Weise mit unerhörter Spoliation befleckten und ungeheuere
Schätze sammelten, die subaltern-Offiziere und Soldaten den größten Mangel
litten, seit fünf Monaten ohne Sold, die Gemeinen sogar zerlumpt und
barfuß waren. Aufgebracht über den peinlichen Contrast, den ihre Lage
gegen die jener und der Civilagenten darbot, an deren Spitze der v.er-
heirathete Priester Johann Bashal, Sekretär des römischen Consulats, und
der pariser Banquier Emanuel von Haller*), der Günstling Robespierre's,
standen, erhoben sich alle Offiziere vom Hauptmann abwärts gleich den
Soldaten und sprachen laut ihre Entrüstung über das Gebahren derselben
aus. In einer im Pantheon (24. Februar 1798) verfaßten Adresse an General
Berthier erklärten sie, nicht länger wollten sie Werkzeuge der schändlichen
Blutsaurer sein, die ihre Tapferkeit s o mißbrauchten, und verlangten sofortige
Bezahlung ihrer drei Millionen Francs betragenden Rückstände. Ihre Er¬
bitterung richtete sich hauptsächlich gegen Massen", der eben an ihre Spitze
gestellt worden, berüchtigt wegen seiner Erpressungen und Beutelschneidereien **)
noch überall, wo er den Oberbefehl geführt, und gegen Haller, welch letzterem
sie die Plünderungen Italiens und das Elend der Franzosen hauptsächlich zur
Last legten, weshalb sie ihn auch verhaften wollten. Auf Massena's Geheiß,
augenblicklich auseinander zu gehen, widrigenfalls er sie dazu zwingen werde,
antworteten sie, daß sie den Tod'der Schmach vorzögen, und wandten sich




") Als Pius VI. diesen zweiten Sohn des großen Berners bat, ihn in Rom ruhig sterben
zu lassen, antwortete derselbe: "Sterben können Ew. Heiligkeit überall; sputen Sie sich, ab¬
zureisen, sonst werde ich Gewalt brauchen." Daß er dem beklagenswerthen Greise auch den
Fischering gewaltsam vom Finger gerissen, wird von Capefigue zwar ebenfalls behauptet, aber
von keinem andern glaubwürdigen Berichterstatter erwähnt.
") Los vonvussious, öff r"piiiös, Sö Iiontsuss Äviäitö tlütrissiriönt los laui'ihrs alone it
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bezeugt von ihm Mot ne Nettto, Mlümoires I., 225, einer der ehrlichsten und glaubwür-
disten Männer jener Tage.
einer äußerst kostbaren, auf 80,000 Scudi geschätzten Monstranz verhindert
hatte, die des Hauses Doria Privateigenthum war.

Daß daneben nicht in Rom allein, sondern im ganzen Kirchenstaate un¬
geheuere Kriegscontributionen und Naturallieferungen erpreßt wurden, ist
selbstverständlich, schmälich aber, daß vierzehn Cardinäle sich fanden,
die so niederträchtig waren, dem öffentlichen Dankfeste beizuwohnen, mit
welchem von den Franzosen der Umsturz der päpstlichen Herrschaft und die
Installation der neuen römischen Republik gefeiert wurde. Das Merkwürdigste
war unstreitig jedoch, daß. während die Stabs- und höheren Offiziere, die
Civil-Commissäre, die sonstigen Beamten des Direktoriums und jene Schwärme
unsauberer Gesellen, die damals von jeder französischen Armee unzertrennlich
waren, in Ausschweifungen und Ueppigkeit schwelgten, den Namen Frankreichs
in erwähnter Weise mit unerhörter Spoliation befleckten und ungeheuere
Schätze sammelten, die subaltern-Offiziere und Soldaten den größten Mangel
litten, seit fünf Monaten ohne Sold, die Gemeinen sogar zerlumpt und
barfuß waren. Aufgebracht über den peinlichen Contrast, den ihre Lage
gegen die jener und der Civilagenten darbot, an deren Spitze der v.er-
heirathete Priester Johann Bashal, Sekretär des römischen Consulats, und
der pariser Banquier Emanuel von Haller*), der Günstling Robespierre's,
standen, erhoben sich alle Offiziere vom Hauptmann abwärts gleich den
Soldaten und sprachen laut ihre Entrüstung über das Gebahren derselben
aus. In einer im Pantheon (24. Februar 1798) verfaßten Adresse an General
Berthier erklärten sie, nicht länger wollten sie Werkzeuge der schändlichen
Blutsaurer sein, die ihre Tapferkeit s o mißbrauchten, und verlangten sofortige
Bezahlung ihrer drei Millionen Francs betragenden Rückstände. Ihre Er¬
bitterung richtete sich hauptsächlich gegen Massen«, der eben an ihre Spitze
gestellt worden, berüchtigt wegen seiner Erpressungen und Beutelschneidereien **)
noch überall, wo er den Oberbefehl geführt, und gegen Haller, welch letzterem
sie die Plünderungen Italiens und das Elend der Franzosen hauptsächlich zur
Last legten, weshalb sie ihn auch verhaften wollten. Auf Massena's Geheiß,
augenblicklich auseinander zu gehen, widrigenfalls er sie dazu zwingen werde,
antworteten sie, daß sie den Tod'der Schmach vorzögen, und wandten sich




") Als Pius VI. diesen zweiten Sohn des großen Berners bat, ihn in Rom ruhig sterben
zu lassen, antwortete derselbe: „Sterben können Ew. Heiligkeit überall; sputen Sie sich, ab¬
zureisen, sonst werde ich Gewalt brauchen." Daß er dem beklagenswerthen Greise auch den
Fischering gewaltsam vom Finger gerissen, wird von Capefigue zwar ebenfalls behauptet, aber
von keinem andern glaubwürdigen Berichterstatter erwähnt.
") Los vonvussious, öff r»piiiös, Sö Iiontsuss Äviäitö tlütrissiriönt los laui'ihrs alone it
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bezeugt von ihm Mot ne Nettto, Mlümoires I., 225, einer der ehrlichsten und glaubwür-
disten Männer jener Tage.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359152/432>, abgerufen am 06.05.2024.