Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

greift, um die Uebergangsperiode der factischen Goldwährung, in welcher
wir uns jetzt befinden, abzukürzen. Die Discontoerhöhung um 1-/g hilft
nicht, weil die Ausfuhr von Gold durch ein Agio von 6^0 begünstigt wird.
Den Zinssatz aber noch höher zu spannen, würde der Production zu große
Nachtheile zufügen; sie muß also alles Gold von jetzt an zurückhalten, den
Vorrath rasch so zu vermehren suchen, daß er den umlaufenden groben Silber-
wünzen entspricht, und sodann -letztere in den kürzesten Fristen außer Curs
setzen und umtauschen.

Alle verschiebenden Maaßregeln arbeiten nur der Speculation in die
Hände.




Bilder aus Mecklenburg.
Aus den Tagen der Bürgerwehr. II.
Von Hugo Gaedcke. (Nachdruck verboten.)

Der sechste August 1848 war ein stolzer Tag für die Rostocker Bürger-
Wehr. Schon am Morgen des Tages hielt sie auf dem Neuen Markte in
großer Parade; es galt der Huldigung des Reichsverwesers. Schöne Jung¬
frauen überreichten dem Commandeur eine goldgestickte mächtige Fahne und
dem Fähnrich eine schwarzrothgoldne Schärpe, dann zog man des Nachmittags
hinaus, die Garde und der große Festzug. auf das weite grüne Feld, zu dem
Glanzpunkte des Festes. Und hier beginnen wir eine neue denkwürdige Seite
^r Chronik unserer Bürgergarde.

Der Großherzog kam in Person daher gefahren. Er schritt Höchstselbst
^e Reihen der Bürgergardisten entlang und hört! er sprach laut seine Freude
aus über das schöne Fest und über die "musterhafte Haltung" der Bürger-
Sarde. Da nickten sie schmunzelnd, das gefiel ihnen wunderschön. Von nun
ließen sie sich dafür auch alle Jahre im Herbst einmal, in großer Parade,
vom Rathe der Stadt und von den Deputaten der Bürgerschaft feierlich be¬
sichtigen. So noch an einem sonnigen Herbsttage des Jahres 1852.

In altgewohnter Weise nahmen die Herren Bürgermeister und die Depu-
Arten, (ein Nadler und ein Fabrikant von Selterswasser.) die "Honneurs"
entgegen; sie schritten mit wichtiger Amtsmiene, so sicher, wie alte Generäle,
die Front des präsentirenden Bataillons entlang und grüßten huldvoll.
Hinter ihnen folgten die Bürgermcisterdiener; die stiegen nicht minder stattlich.


greift, um die Uebergangsperiode der factischen Goldwährung, in welcher
wir uns jetzt befinden, abzukürzen. Die Discontoerhöhung um 1-/g hilft
nicht, weil die Ausfuhr von Gold durch ein Agio von 6^0 begünstigt wird.
Den Zinssatz aber noch höher zu spannen, würde der Production zu große
Nachtheile zufügen; sie muß also alles Gold von jetzt an zurückhalten, den
Vorrath rasch so zu vermehren suchen, daß er den umlaufenden groben Silber-
wünzen entspricht, und sodann -letztere in den kürzesten Fristen außer Curs
setzen und umtauschen.

Alle verschiebenden Maaßregeln arbeiten nur der Speculation in die
Hände.




Bilder aus Mecklenburg.
Aus den Tagen der Bürgerwehr. II.
Von Hugo Gaedcke. (Nachdruck verboten.)

Der sechste August 1848 war ein stolzer Tag für die Rostocker Bürger-
Wehr. Schon am Morgen des Tages hielt sie auf dem Neuen Markte in
großer Parade; es galt der Huldigung des Reichsverwesers. Schöne Jung¬
frauen überreichten dem Commandeur eine goldgestickte mächtige Fahne und
dem Fähnrich eine schwarzrothgoldne Schärpe, dann zog man des Nachmittags
hinaus, die Garde und der große Festzug. auf das weite grüne Feld, zu dem
Glanzpunkte des Festes. Und hier beginnen wir eine neue denkwürdige Seite
^r Chronik unserer Bürgergarde.

Der Großherzog kam in Person daher gefahren. Er schritt Höchstselbst
^e Reihen der Bürgergardisten entlang und hört! er sprach laut seine Freude
aus über das schöne Fest und über die „musterhafte Haltung" der Bürger-
Sarde. Da nickten sie schmunzelnd, das gefiel ihnen wunderschön. Von nun
ließen sie sich dafür auch alle Jahre im Herbst einmal, in großer Parade,
vom Rathe der Stadt und von den Deputaten der Bürgerschaft feierlich be¬
sichtigen. So noch an einem sonnigen Herbsttage des Jahres 1852.

In altgewohnter Weise nahmen die Herren Bürgermeister und die Depu-
Arten, (ein Nadler und ein Fabrikant von Selterswasser.) die „Honneurs"
entgegen; sie schritten mit wichtiger Amtsmiene, so sicher, wie alte Generäle,
die Front des präsentirenden Bataillons entlang und grüßten huldvoll.
Hinter ihnen folgten die Bürgermcisterdiener; die stiegen nicht minder stattlich.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0151" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/132373"/>
          <p xml:id="ID_493" prev="#ID_492"> greift, um die Uebergangsperiode der factischen Goldwährung, in welcher<lb/>
wir uns jetzt befinden, abzukürzen. Die Discontoerhöhung um 1-/g hilft<lb/>
nicht, weil die Ausfuhr von Gold durch ein Agio von 6^0 begünstigt wird.<lb/>
Den Zinssatz aber noch höher zu spannen, würde der Production zu große<lb/>
Nachtheile zufügen; sie muß also alles Gold von jetzt an zurückhalten, den<lb/>
Vorrath rasch so zu vermehren suchen, daß er den umlaufenden groben Silber-<lb/>
wünzen entspricht, und sodann -letztere in den kürzesten Fristen außer Curs<lb/>
setzen und umtauschen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_494"> Alle verschiebenden Maaßregeln arbeiten nur der Speculation in die<lb/>
Hände.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Bilder aus Mecklenburg.<lb/>
Aus den Tagen der Bürgerwehr. II.<lb/><note type="byline"> Von Hugo Gaedcke.</note> (Nachdruck verboten.)</head><lb/>
          <p xml:id="ID_495"> Der sechste August 1848 war ein stolzer Tag für die Rostocker Bürger-<lb/>
Wehr. Schon am Morgen des Tages hielt sie auf dem Neuen Markte in<lb/>
großer Parade; es galt der Huldigung des Reichsverwesers. Schöne Jung¬<lb/>
frauen überreichten dem Commandeur eine goldgestickte mächtige Fahne und<lb/>
dem Fähnrich eine schwarzrothgoldne Schärpe, dann zog man des Nachmittags<lb/>
hinaus, die Garde und der große Festzug. auf das weite grüne Feld, zu dem<lb/>
Glanzpunkte des Festes. Und hier beginnen wir eine neue denkwürdige Seite<lb/>
^r Chronik unserer Bürgergarde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_496"> Der Großherzog kam in Person daher gefahren. Er schritt Höchstselbst<lb/>
^e Reihen der Bürgergardisten entlang und hört! er sprach laut seine Freude<lb/>
aus über das schöne Fest und über die &#x201E;musterhafte Haltung" der Bürger-<lb/>
Sarde. Da nickten sie schmunzelnd, das gefiel ihnen wunderschön. Von nun<lb/>
ließen sie sich dafür auch alle Jahre im Herbst einmal, in großer Parade,<lb/>
vom Rathe der Stadt und von den Deputaten der Bürgerschaft feierlich be¬<lb/>
sichtigen.  So noch an einem sonnigen Herbsttage des Jahres 1852.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_497" next="#ID_498"> In altgewohnter Weise nahmen die Herren Bürgermeister und die Depu-<lb/>
Arten, (ein Nadler und ein Fabrikant von Selterswasser.) die &#x201E;Honneurs"<lb/>
entgegen; sie schritten mit wichtiger Amtsmiene, so sicher, wie alte Generäle,<lb/>
die Front des präsentirenden Bataillons entlang und grüßten huldvoll.<lb/>
Hinter ihnen folgten die Bürgermcisterdiener; die stiegen nicht minder stattlich.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0151] greift, um die Uebergangsperiode der factischen Goldwährung, in welcher wir uns jetzt befinden, abzukürzen. Die Discontoerhöhung um 1-/g hilft nicht, weil die Ausfuhr von Gold durch ein Agio von 6^0 begünstigt wird. Den Zinssatz aber noch höher zu spannen, würde der Production zu große Nachtheile zufügen; sie muß also alles Gold von jetzt an zurückhalten, den Vorrath rasch so zu vermehren suchen, daß er den umlaufenden groben Silber- wünzen entspricht, und sodann -letztere in den kürzesten Fristen außer Curs setzen und umtauschen. Alle verschiebenden Maaßregeln arbeiten nur der Speculation in die Hände. Bilder aus Mecklenburg. Aus den Tagen der Bürgerwehr. II. Von Hugo Gaedcke. (Nachdruck verboten.) Der sechste August 1848 war ein stolzer Tag für die Rostocker Bürger- Wehr. Schon am Morgen des Tages hielt sie auf dem Neuen Markte in großer Parade; es galt der Huldigung des Reichsverwesers. Schöne Jung¬ frauen überreichten dem Commandeur eine goldgestickte mächtige Fahne und dem Fähnrich eine schwarzrothgoldne Schärpe, dann zog man des Nachmittags hinaus, die Garde und der große Festzug. auf das weite grüne Feld, zu dem Glanzpunkte des Festes. Und hier beginnen wir eine neue denkwürdige Seite ^r Chronik unserer Bürgergarde. Der Großherzog kam in Person daher gefahren. Er schritt Höchstselbst ^e Reihen der Bürgergardisten entlang und hört! er sprach laut seine Freude aus über das schöne Fest und über die „musterhafte Haltung" der Bürger- Sarde. Da nickten sie schmunzelnd, das gefiel ihnen wunderschön. Von nun ließen sie sich dafür auch alle Jahre im Herbst einmal, in großer Parade, vom Rathe der Stadt und von den Deputaten der Bürgerschaft feierlich be¬ sichtigen. So noch an einem sonnigen Herbsttage des Jahres 1852. In altgewohnter Weise nahmen die Herren Bürgermeister und die Depu- Arten, (ein Nadler und ein Fabrikant von Selterswasser.) die „Honneurs" entgegen; sie schritten mit wichtiger Amtsmiene, so sicher, wie alte Generäle, die Front des präsentirenden Bataillons entlang und grüßten huldvoll. Hinter ihnen folgten die Bürgermcisterdiener; die stiegen nicht minder stattlich.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/151
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/151>, abgerufen am 19.05.2024.