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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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hinaus, und hinter ihm erhebt sich der Selisberg. der Urirothstock, der Tiflis
und die zahllose Reihe der schneebedeckten Hörner. Ein schöneres Bild ist nicht
denkbar. Und man darf diese Pracht, Gott sei Dank! ohne die Sorge ge¬
nießen, daß auch der Mythen der Eisenbahnepidemie zum Opfer fallen könnte.
Er wird für alle Zeiten das unanfechtbare Besitzthum der leider stark zusam¬
mengeschmolzenen Gemeinde derjenigen bleiben, die noch wissen, wozu ihnen
der liebe Gott gesunde Lungen und Gliedmaßen gegeben hat. Wer den An¬
spruch erhebt, zu dieser Gemeinde gerechnet zu werden, der versäume nicht, bei
der ersten besten Gelegenheit den Mythen zu besteigen; aber, wenn katholischer
Feiertag ist, verlasse er sich nicht auf Leckerbissen der Holzegg!




Die Aevue Universelle und die Hrenzboten.

Wir haben in der ersten Hälfte dieses Jahres unsere Leser aufmerksam
gemacht auf die in Paris und Nantes erscheinende französische Monatsschrift
Revue Universelle. , Diese Erwähnung war eine entschieden wohlwollende,
wenn wir auch damals den Wunsch begründeten, es möchte der Leitung dieser
französischen Zeitschrift gefallen, in ihren Conjecturen über die deutsche Ge¬
schichte der Gegenwart weniger kühnen Gedanken Raum zu geben, als jenem,
daß der deutsche Zollverein von Preußen seit Begründung des neuen Reichs
verschluckt worden sei. -- Die Revanche für diesen Artikel, welche uns die
Redaction der französischen Collegin im Voraus anzusagen die Güte hatte,
ist nun erfolgt -- in Gestalt der französischen Uebersetzung des Essays unseres
Mitarbeiters Scherer "Frankreich im Jahre 1871", von welchem aus der
letzte Theil "die Nationalversammlung" nicht mit übersetzt wurde, vermuthlich
weil der momentane Souverain Frankreichs das Privilegium genießt, nicht
kritisirt werden zu dürfen. -- Als Revanche charakterisirt sich diese Ueber¬
setzung -- oder soll sie dieß thun -- nur durch die Noten und Verwahrungen
der Redaction. -- Diese Zusätze verdienen gelesen zu werden, "asLurömevt
pas Mi- tour in6i-ilk", wie die französische Collegin sich ausdrückt, auch nicht
aus dem psychologischen Interesse, welches die Wiedergabe unseres Artikels
in der Revue Universelle veranlaßte. Sondern wer dort liest, wie unser
Scherer ohne Weiteres zum Prussien gemacht und seine Ansicht mit der
Preußens identifizirt wird, wie der Franzose nüchtern eingesteht, daß er seine
Schandthaten von Bazeille und Chateaudun seinen Siegen von Magenta und
Malakoff nachstelle -- beide aber offenbar als Heldenthaten mit anerkennt ^"
und dennoch den Muth findet, unserm Mitarbeiter Gerechtigkeit und Anstand
abzusprechen, der wird für jene Glossen nichts übrig haben, als ein psychiatrisch^
B. Interesse.




Verantwortlicher Redakteur: Dr. Hans Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hervig in Leipzig. -- Druck von Hüthel " Legler in Leipzig.

hinaus, und hinter ihm erhebt sich der Selisberg. der Urirothstock, der Tiflis
und die zahllose Reihe der schneebedeckten Hörner. Ein schöneres Bild ist nicht
denkbar. Und man darf diese Pracht, Gott sei Dank! ohne die Sorge ge¬
nießen, daß auch der Mythen der Eisenbahnepidemie zum Opfer fallen könnte.
Er wird für alle Zeiten das unanfechtbare Besitzthum der leider stark zusam¬
mengeschmolzenen Gemeinde derjenigen bleiben, die noch wissen, wozu ihnen
der liebe Gott gesunde Lungen und Gliedmaßen gegeben hat. Wer den An¬
spruch erhebt, zu dieser Gemeinde gerechnet zu werden, der versäume nicht, bei
der ersten besten Gelegenheit den Mythen zu besteigen; aber, wenn katholischer
Feiertag ist, verlasse er sich nicht auf Leckerbissen der Holzegg!




Die Aevue Universelle und die Hrenzboten.

Wir haben in der ersten Hälfte dieses Jahres unsere Leser aufmerksam
gemacht auf die in Paris und Nantes erscheinende französische Monatsschrift
Revue Universelle. , Diese Erwähnung war eine entschieden wohlwollende,
wenn wir auch damals den Wunsch begründeten, es möchte der Leitung dieser
französischen Zeitschrift gefallen, in ihren Conjecturen über die deutsche Ge¬
schichte der Gegenwart weniger kühnen Gedanken Raum zu geben, als jenem,
daß der deutsche Zollverein von Preußen seit Begründung des neuen Reichs
verschluckt worden sei. — Die Revanche für diesen Artikel, welche uns die
Redaction der französischen Collegin im Voraus anzusagen die Güte hatte,
ist nun erfolgt — in Gestalt der französischen Uebersetzung des Essays unseres
Mitarbeiters Scherer „Frankreich im Jahre 1871", von welchem aus der
letzte Theil „die Nationalversammlung" nicht mit übersetzt wurde, vermuthlich
weil der momentane Souverain Frankreichs das Privilegium genießt, nicht
kritisirt werden zu dürfen. — Als Revanche charakterisirt sich diese Ueber¬
setzung — oder soll sie dieß thun — nur durch die Noten und Verwahrungen
der Redaction. — Diese Zusätze verdienen gelesen zu werden, „asLurömevt
pas Mi- tour in6i-ilk", wie die französische Collegin sich ausdrückt, auch nicht
aus dem psychologischen Interesse, welches die Wiedergabe unseres Artikels
in der Revue Universelle veranlaßte. Sondern wer dort liest, wie unser
Scherer ohne Weiteres zum Prussien gemacht und seine Ansicht mit der
Preußens identifizirt wird, wie der Franzose nüchtern eingesteht, daß er seine
Schandthaten von Bazeille und Chateaudun seinen Siegen von Magenta und
Malakoff nachstelle — beide aber offenbar als Heldenthaten mit anerkennt ^"
und dennoch den Muth findet, unserm Mitarbeiter Gerechtigkeit und Anstand
abzusprechen, der wird für jene Glossen nichts übrig haben, als ein psychiatrisch^
B. Interesse.




Verantwortlicher Redakteur: Dr. Hans Blum in Leipzig.
Verlag von F. L. Hervig in Leipzig. — Druck von Hüthel » Legler in Leipzig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/164>, abgerufen am 19.05.2024.