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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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Industrie einen Ausfluß nach dem Osten zu eröffnen. Das kann keinen Grund
zu einer Kollision geben; vielmehr würde es dem Einklang der beiden Nationen
dienen, wenn Italien, um diesem Handel Vorschub zu leisten, mit derselben
Thätigkeit entgegenkäme und in jenen unendlichen Meeren, die sich jenseits
des Kanal von Suez erstrecken, zum Cap, zum Feuerlande, auf denen Deutsch¬
land die Rivalin Englands, der vereinigten Staaten und Frankreichs gewor¬
den ist, auf viele Lustren hinaus wird ihm die italienische Flagge keinen
Schaden verursachen können. Und wenn auch Italien zur See alle die Macht
gewönne, die ich ihm wünsche, so ist doch das Meer so weit und seine Straßen
so auseinandergehend, daß es Raum für alle hat, und Deutschland wird
wohl nie Concurrenz oder Schädigung seiner eigenen Interessen von Italien
zu gewärtigen haben. Vielmehr glaube ich, daß Italien in jenen fernen
und gewaltigen Meeren eine nützliche Bundesgenossin für Deutschland sein
Angelo de Gubernatis. wird".




Das Leben Aavour's von Wassari in deutscher Sprache.

In den ersten Heften dieses Jahrgangs*) haben die Grenzboten das
Leben und Wirken Camillo Cavour's behandelt. Die letzte Arbeit eines der
treuesten deutschen Patrioten, -- Ludwig von Rochau's, -- der zuerst unter
den Liberalen in seiner "Realpolitik" den heute allgemein anerkannten deut¬
schen Staatsgedanken aussprach, war dem Gründer der italienischen Einheit
gewidmet. Sie ist leider unvollendet geblieben, wie die Lebensarbeit Cavour's
selbst. Rochau's Arbeit reichte, wie die Leser d. Bl. sich erinnern werden,
nur bis zur Schlacht von Magenta.

Ueberhaupt haben die hervorragendsten Publicisten Deutschlands sich in
den letzten Jahren mit Cavour ganz besonders eingehend und gern be¬
schäftigt. Längst bevor Deutschland und Italien das Ziel ihrer Einheits¬
bestrebungen erreichten, studirten die nationalen Patrioten und Historiker
diesseits und jenseits der Alpen den Werdegang des befreundeten sympathischen
Staates. Nun. da die beiden Länder geeint und mächtig dastehen, und sich
zu Schutz und Trutz die starke Hand reichen, bildet wieder diesseits und jenseits
der Alpen das Studium der öffentlichen Charaktere beider Länder, ihres
Lebens, ihrer Politik den Gegenstand der Lieblingsbeschäftigung aller vor¬
nehmen politisch-regsamen Geister. Das nothwendige Bündnis;, die un-



') G,enzboten, Ur. 4 und 5 I. Quartal 1874. S.

Industrie einen Ausfluß nach dem Osten zu eröffnen. Das kann keinen Grund
zu einer Kollision geben; vielmehr würde es dem Einklang der beiden Nationen
dienen, wenn Italien, um diesem Handel Vorschub zu leisten, mit derselben
Thätigkeit entgegenkäme und in jenen unendlichen Meeren, die sich jenseits
des Kanal von Suez erstrecken, zum Cap, zum Feuerlande, auf denen Deutsch¬
land die Rivalin Englands, der vereinigten Staaten und Frankreichs gewor¬
den ist, auf viele Lustren hinaus wird ihm die italienische Flagge keinen
Schaden verursachen können. Und wenn auch Italien zur See alle die Macht
gewönne, die ich ihm wünsche, so ist doch das Meer so weit und seine Straßen
so auseinandergehend, daß es Raum für alle hat, und Deutschland wird
wohl nie Concurrenz oder Schädigung seiner eigenen Interessen von Italien
zu gewärtigen haben. Vielmehr glaube ich, daß Italien in jenen fernen
und gewaltigen Meeren eine nützliche Bundesgenossin für Deutschland sein
Angelo de Gubernatis. wird".




Das Leben Aavour's von Wassari in deutscher Sprache.

In den ersten Heften dieses Jahrgangs*) haben die Grenzboten das
Leben und Wirken Camillo Cavour's behandelt. Die letzte Arbeit eines der
treuesten deutschen Patrioten, — Ludwig von Rochau's, — der zuerst unter
den Liberalen in seiner „Realpolitik" den heute allgemein anerkannten deut¬
schen Staatsgedanken aussprach, war dem Gründer der italienischen Einheit
gewidmet. Sie ist leider unvollendet geblieben, wie die Lebensarbeit Cavour's
selbst. Rochau's Arbeit reichte, wie die Leser d. Bl. sich erinnern werden,
nur bis zur Schlacht von Magenta.

Ueberhaupt haben die hervorragendsten Publicisten Deutschlands sich in
den letzten Jahren mit Cavour ganz besonders eingehend und gern be¬
schäftigt. Längst bevor Deutschland und Italien das Ziel ihrer Einheits¬
bestrebungen erreichten, studirten die nationalen Patrioten und Historiker
diesseits und jenseits der Alpen den Werdegang des befreundeten sympathischen
Staates. Nun. da die beiden Länder geeint und mächtig dastehen, und sich
zu Schutz und Trutz die starke Hand reichen, bildet wieder diesseits und jenseits
der Alpen das Studium der öffentlichen Charaktere beider Länder, ihres
Lebens, ihrer Politik den Gegenstand der Lieblingsbeschäftigung aller vor¬
nehmen politisch-regsamen Geister. Das nothwendige Bündnis;, die un-



') G,enzboten, Ur. 4 und 5 I. Quartal 1874. S.
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[0038] Industrie einen Ausfluß nach dem Osten zu eröffnen. Das kann keinen Grund zu einer Kollision geben; vielmehr würde es dem Einklang der beiden Nationen dienen, wenn Italien, um diesem Handel Vorschub zu leisten, mit derselben Thätigkeit entgegenkäme und in jenen unendlichen Meeren, die sich jenseits des Kanal von Suez erstrecken, zum Cap, zum Feuerlande, auf denen Deutsch¬ land die Rivalin Englands, der vereinigten Staaten und Frankreichs gewor¬ den ist, auf viele Lustren hinaus wird ihm die italienische Flagge keinen Schaden verursachen können. Und wenn auch Italien zur See alle die Macht gewönne, die ich ihm wünsche, so ist doch das Meer so weit und seine Straßen so auseinandergehend, daß es Raum für alle hat, und Deutschland wird wohl nie Concurrenz oder Schädigung seiner eigenen Interessen von Italien zu gewärtigen haben. Vielmehr glaube ich, daß Italien in jenen fernen und gewaltigen Meeren eine nützliche Bundesgenossin für Deutschland sein Angelo de Gubernatis. wird". Das Leben Aavour's von Wassari in deutscher Sprache. In den ersten Heften dieses Jahrgangs*) haben die Grenzboten das Leben und Wirken Camillo Cavour's behandelt. Die letzte Arbeit eines der treuesten deutschen Patrioten, — Ludwig von Rochau's, — der zuerst unter den Liberalen in seiner „Realpolitik" den heute allgemein anerkannten deut¬ schen Staatsgedanken aussprach, war dem Gründer der italienischen Einheit gewidmet. Sie ist leider unvollendet geblieben, wie die Lebensarbeit Cavour's selbst. Rochau's Arbeit reichte, wie die Leser d. Bl. sich erinnern werden, nur bis zur Schlacht von Magenta. Ueberhaupt haben die hervorragendsten Publicisten Deutschlands sich in den letzten Jahren mit Cavour ganz besonders eingehend und gern be¬ schäftigt. Längst bevor Deutschland und Italien das Ziel ihrer Einheits¬ bestrebungen erreichten, studirten die nationalen Patrioten und Historiker diesseits und jenseits der Alpen den Werdegang des befreundeten sympathischen Staates. Nun. da die beiden Länder geeint und mächtig dastehen, und sich zu Schutz und Trutz die starke Hand reichen, bildet wieder diesseits und jenseits der Alpen das Studium der öffentlichen Charaktere beider Länder, ihres Lebens, ihrer Politik den Gegenstand der Lieblingsbeschäftigung aller vor¬ nehmen politisch-regsamen Geister. Das nothwendige Bündnis;, die un- ') G,enzboten, Ur. 4 und 5 I. Quartal 1874. S.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/38>, abgerufen am 19.05.2024.