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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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hat eine größere Menge Ge-it ins Land gebracht und aus den kleinen Fischer¬
städten, in denen sonst ein steinernes Haus zu den Ausnahmen gehörte, sind
setzt große Handelsplätze geworden, die zum Theil sehr bedeutende Geschäfte
machen, große Nhedereien besitzen -- die norwegische Flotte ist die drittgrößte
der Welt -- Banken, Fabriken u. s. w. gegründet haben und in Allem einen
bedeutenden Aufschwung zeigen.

Am Besten ist dies zu bemerken bei der Hauptstadt Christiania, welche
bis vor Kurzem, vielleicht bis vor 20 Jahren noch, sich kaum von den anderen-
kleineren Städten des Landes unterschied, jetzt aber durch ihre günstige Lage
im Mittelpunkte Norwegens, sowie überhaupt durch den Aufschwung des
ganzen Landes selbst zu einer wirklichen Hauptstadt geworden ist und ein
durchaus europäisches -- sit venia, vsrbo -- Bild darbietet.

Naturgemäß fehlen aber in diesen Norwegischen Städten, in denen der
Reichthum in kurzer Zeit erst erworben ist, ganz die sog. alten Familien, die
man in vielen anderen Handelsstädten und namentlich in Deutschland so
häufig findet. Man sieht auch hier nur das rasche Emporkommen Einzelner,
es giebt aber keine einzelne Classe, welche sich über die anderen Classen empor¬
hebt und man muß daher auch hier zu dem Schluß kommen, daß die für
ein Oberhaus nothwendigen Elemente nicht vorhanden sind. Die Repräsen¬
tanten des alten und gesicherten Grundbesitzes nehmen in jedem Oberhause
die am meisten hervorragende Stellung ein und drücken ihm ihren Charakter
auf. So ist es nicht nur in England, sondern auch in Preußen und wenn
der Zweck eines Oberhauses ist, in dem weiteren Ausbau einer Verfassung
das hemmende, conservative Element zu bilden, so eignen sich nur solche
Leute, welche durch ihre Stellung im Lande, durch ihren Besitz und durch ihre
Familien-Traditionen auf eine solche conservative Richtung hingewiesen werden.
Diese Leute fehlen aber hier in Norwegen und es wird daher nie möglich
sein, ein wirklich auf realen Grundlagen basirtes Oberhaus hier zu schaffen.

Der unparteiische Beobachter kann daher nur wünschen, daß dem Lande
seine jetzige Verfassung erhalten bleibe, da sie dem Charakter desselben vor¬
trefflich angepaßt ist und sich seit langer Zeit bewährt hat.




Ile Succursal'-Mnreien auf der linken Meinseile.
(Schluß.)

Es ist doch sonderbar, daß dieselben Herren, welche sich sonst bei jeder
Gelegenheit, wo sie den Staatsgesetzen ein Schnippchen schlagen zu können
meinen, auf das ^u" eansmicum berufen, in dem Punkte der Succursalpfarreicn,


hat eine größere Menge Ge-it ins Land gebracht und aus den kleinen Fischer¬
städten, in denen sonst ein steinernes Haus zu den Ausnahmen gehörte, sind
setzt große Handelsplätze geworden, die zum Theil sehr bedeutende Geschäfte
machen, große Nhedereien besitzen — die norwegische Flotte ist die drittgrößte
der Welt — Banken, Fabriken u. s. w. gegründet haben und in Allem einen
bedeutenden Aufschwung zeigen.

Am Besten ist dies zu bemerken bei der Hauptstadt Christiania, welche
bis vor Kurzem, vielleicht bis vor 20 Jahren noch, sich kaum von den anderen-
kleineren Städten des Landes unterschied, jetzt aber durch ihre günstige Lage
im Mittelpunkte Norwegens, sowie überhaupt durch den Aufschwung des
ganzen Landes selbst zu einer wirklichen Hauptstadt geworden ist und ein
durchaus europäisches — sit venia, vsrbo — Bild darbietet.

Naturgemäß fehlen aber in diesen Norwegischen Städten, in denen der
Reichthum in kurzer Zeit erst erworben ist, ganz die sog. alten Familien, die
man in vielen anderen Handelsstädten und namentlich in Deutschland so
häufig findet. Man sieht auch hier nur das rasche Emporkommen Einzelner,
es giebt aber keine einzelne Classe, welche sich über die anderen Classen empor¬
hebt und man muß daher auch hier zu dem Schluß kommen, daß die für
ein Oberhaus nothwendigen Elemente nicht vorhanden sind. Die Repräsen¬
tanten des alten und gesicherten Grundbesitzes nehmen in jedem Oberhause
die am meisten hervorragende Stellung ein und drücken ihm ihren Charakter
auf. So ist es nicht nur in England, sondern auch in Preußen und wenn
der Zweck eines Oberhauses ist, in dem weiteren Ausbau einer Verfassung
das hemmende, conservative Element zu bilden, so eignen sich nur solche
Leute, welche durch ihre Stellung im Lande, durch ihren Besitz und durch ihre
Familien-Traditionen auf eine solche conservative Richtung hingewiesen werden.
Diese Leute fehlen aber hier in Norwegen und es wird daher nie möglich
sein, ein wirklich auf realen Grundlagen basirtes Oberhaus hier zu schaffen.

Der unparteiische Beobachter kann daher nur wünschen, daß dem Lande
seine jetzige Verfassung erhalten bleibe, da sie dem Charakter desselben vor¬
trefflich angepaßt ist und sich seit langer Zeit bewährt hat.




Ile Succursal'-Mnreien auf der linken Meinseile.
(Schluß.)

Es ist doch sonderbar, daß dieselben Herren, welche sich sonst bei jeder
Gelegenheit, wo sie den Staatsgesetzen ein Schnippchen schlagen zu können
meinen, auf das ^u» eansmicum berufen, in dem Punkte der Succursalpfarreicn,


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[0192] hat eine größere Menge Ge-it ins Land gebracht und aus den kleinen Fischer¬ städten, in denen sonst ein steinernes Haus zu den Ausnahmen gehörte, sind setzt große Handelsplätze geworden, die zum Theil sehr bedeutende Geschäfte machen, große Nhedereien besitzen — die norwegische Flotte ist die drittgrößte der Welt — Banken, Fabriken u. s. w. gegründet haben und in Allem einen bedeutenden Aufschwung zeigen. Am Besten ist dies zu bemerken bei der Hauptstadt Christiania, welche bis vor Kurzem, vielleicht bis vor 20 Jahren noch, sich kaum von den anderen- kleineren Städten des Landes unterschied, jetzt aber durch ihre günstige Lage im Mittelpunkte Norwegens, sowie überhaupt durch den Aufschwung des ganzen Landes selbst zu einer wirklichen Hauptstadt geworden ist und ein durchaus europäisches — sit venia, vsrbo — Bild darbietet. Naturgemäß fehlen aber in diesen Norwegischen Städten, in denen der Reichthum in kurzer Zeit erst erworben ist, ganz die sog. alten Familien, die man in vielen anderen Handelsstädten und namentlich in Deutschland so häufig findet. Man sieht auch hier nur das rasche Emporkommen Einzelner, es giebt aber keine einzelne Classe, welche sich über die anderen Classen empor¬ hebt und man muß daher auch hier zu dem Schluß kommen, daß die für ein Oberhaus nothwendigen Elemente nicht vorhanden sind. Die Repräsen¬ tanten des alten und gesicherten Grundbesitzes nehmen in jedem Oberhause die am meisten hervorragende Stellung ein und drücken ihm ihren Charakter auf. So ist es nicht nur in England, sondern auch in Preußen und wenn der Zweck eines Oberhauses ist, in dem weiteren Ausbau einer Verfassung das hemmende, conservative Element zu bilden, so eignen sich nur solche Leute, welche durch ihre Stellung im Lande, durch ihren Besitz und durch ihre Familien-Traditionen auf eine solche conservative Richtung hingewiesen werden. Diese Leute fehlen aber hier in Norwegen und es wird daher nie möglich sein, ein wirklich auf realen Grundlagen basirtes Oberhaus hier zu schaffen. Der unparteiische Beobachter kann daher nur wünschen, daß dem Lande seine jetzige Verfassung erhalten bleibe, da sie dem Charakter desselben vor¬ trefflich angepaßt ist und sich seit langer Zeit bewährt hat. Ile Succursal'-Mnreien auf der linken Meinseile. (Schluß.) Es ist doch sonderbar, daß dieselben Herren, welche sich sonst bei jeder Gelegenheit, wo sie den Staatsgesetzen ein Schnippchen schlagen zu können meinen, auf das ^u» eansmicum berufen, in dem Punkte der Succursalpfarreicn,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/192>, abgerufen am 06.05.2024.