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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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1) Jede solche Wahl regt die Gemeinde, möglicherweise bis zu ihrer
untersten Tiefe auf, und erzeugt unvermeidlich ein Mißverhältniß zwischen
einem Theil der Gemeinde und ihrem Seelsorger. Das Wählen schafft schon
in profanen Verhältnissen und materiellen Interessen Spaltung und Zwietracht,
wenn es auch dort nicht umgangen werden kann und das materielle Interesse
sich leichter ohne tiefere Verstimmung ausgleicht. Unendlich tiefer geht und
bleibt aber die Verstimmung, wenn es sich um geistige Interessen, um reli¬
giöse oder kirchliche Ansichten handelt. Denn da ist der Grund der Zwietracht
schon vorher da, und bleibt. Bis zu welchem Grade die Aufregung steigen
kann, erfuhr die Kirche früh genug durch die grauenvollen Vorgänge bei der
Wahl zwischen Damasus und Ursicinus in Rom, bei welcher 123 Leichen aus
der Kirche getragen wurden.*)

2) Werden Interessen geweckt und ins Spiel gezogen, die mit dem
eigentlich religiösen oder kirchlichen Interesse der Gemeinde, also der Pfar"
wast, gar nichts zu thun haben. Dahin gehören Verwandtschafts- und Ver¬
sorgungsverhältnisse, bis zur Wahl der Gattin aus der Gemeinde, so daß
die Wahl aus allen möglichen Gründen geschieht oder gehindert wird, nur
nicht auxilio Lpiritus Lamell.

3) Ist die Gemeinde, wenigstens oft genug, wenn nicht meistens, gar
nicht im Stande, ihr Bedürfniß, die Wahl des für ihre Zustände nöthigen
Geistlichen zu beurtheilen, also gar nicht im Stande, die rechte Wahl zu treffen.
Das ist schon der Fall in kirchlich ruhigen Zeiten. Schon da wird der Geist¬
liche mehr nach dem orutoroxtvi'nus beurtheilt, wenn nicht eben noch ganz
andere Rücksichten maßgebend sind. Aber es ist ungleich mehr der Fall, wenn
wirklich geistige Interessen, verschiedene kirchliche Ansichten und Standpunkte
in Frage kommen, wenn also ein Theil der Gemeinde mehr oder weniger
im Irrthume ist. Natürlich sträubt sich dieser gegen den rechten Arzt, und
so kann die Wahl von Seite der Gemeinde schwerlich großen Frieden und
Segen bringen, da sie eben den Eigenwillen aufruft, sie mag ausfallen, wie
sie will. (Schluß folgt.)




Karl' von Kalter's Aeisen in Griechenland.
Mitgetheilt von R. Berg an.
Sonnabend den 6. November 1814.

Wir giengen nun nach der alten Stadt Messenien, die von Epami-
nondas auf den Berg Jthomme wieder prächtig aufgebaut worden wär. Da¬
von ist ein großer Theil mit ihren Umfassungs-Mauern mit ihren Thürmen



D. Red. Das beweist wohl etwas zu viel.

1) Jede solche Wahl regt die Gemeinde, möglicherweise bis zu ihrer
untersten Tiefe auf, und erzeugt unvermeidlich ein Mißverhältniß zwischen
einem Theil der Gemeinde und ihrem Seelsorger. Das Wählen schafft schon
in profanen Verhältnissen und materiellen Interessen Spaltung und Zwietracht,
wenn es auch dort nicht umgangen werden kann und das materielle Interesse
sich leichter ohne tiefere Verstimmung ausgleicht. Unendlich tiefer geht und
bleibt aber die Verstimmung, wenn es sich um geistige Interessen, um reli¬
giöse oder kirchliche Ansichten handelt. Denn da ist der Grund der Zwietracht
schon vorher da, und bleibt. Bis zu welchem Grade die Aufregung steigen
kann, erfuhr die Kirche früh genug durch die grauenvollen Vorgänge bei der
Wahl zwischen Damasus und Ursicinus in Rom, bei welcher 123 Leichen aus
der Kirche getragen wurden.*)

2) Werden Interessen geweckt und ins Spiel gezogen, die mit dem
eigentlich religiösen oder kirchlichen Interesse der Gemeinde, also der Pfar»
wast, gar nichts zu thun haben. Dahin gehören Verwandtschafts- und Ver¬
sorgungsverhältnisse, bis zur Wahl der Gattin aus der Gemeinde, so daß
die Wahl aus allen möglichen Gründen geschieht oder gehindert wird, nur
nicht auxilio Lpiritus Lamell.

3) Ist die Gemeinde, wenigstens oft genug, wenn nicht meistens, gar
nicht im Stande, ihr Bedürfniß, die Wahl des für ihre Zustände nöthigen
Geistlichen zu beurtheilen, also gar nicht im Stande, die rechte Wahl zu treffen.
Das ist schon der Fall in kirchlich ruhigen Zeiten. Schon da wird der Geist¬
liche mehr nach dem orutoroxtvi'nus beurtheilt, wenn nicht eben noch ganz
andere Rücksichten maßgebend sind. Aber es ist ungleich mehr der Fall, wenn
wirklich geistige Interessen, verschiedene kirchliche Ansichten und Standpunkte
in Frage kommen, wenn also ein Theil der Gemeinde mehr oder weniger
im Irrthume ist. Natürlich sträubt sich dieser gegen den rechten Arzt, und
so kann die Wahl von Seite der Gemeinde schwerlich großen Frieden und
Segen bringen, da sie eben den Eigenwillen aufruft, sie mag ausfallen, wie
sie will. (Schluß folgt.)




Karl' von Kalter's Aeisen in Griechenland.
Mitgetheilt von R. Berg an.
Sonnabend den 6. November 1814.

Wir giengen nun nach der alten Stadt Messenien, die von Epami-
nondas auf den Berg Jthomme wieder prächtig aufgebaut worden wär. Da¬
von ist ein großer Theil mit ihren Umfassungs-Mauern mit ihren Thürmen



D. Red. Das beweist wohl etwas zu viel.
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[0262] 1) Jede solche Wahl regt die Gemeinde, möglicherweise bis zu ihrer untersten Tiefe auf, und erzeugt unvermeidlich ein Mißverhältniß zwischen einem Theil der Gemeinde und ihrem Seelsorger. Das Wählen schafft schon in profanen Verhältnissen und materiellen Interessen Spaltung und Zwietracht, wenn es auch dort nicht umgangen werden kann und das materielle Interesse sich leichter ohne tiefere Verstimmung ausgleicht. Unendlich tiefer geht und bleibt aber die Verstimmung, wenn es sich um geistige Interessen, um reli¬ giöse oder kirchliche Ansichten handelt. Denn da ist der Grund der Zwietracht schon vorher da, und bleibt. Bis zu welchem Grade die Aufregung steigen kann, erfuhr die Kirche früh genug durch die grauenvollen Vorgänge bei der Wahl zwischen Damasus und Ursicinus in Rom, bei welcher 123 Leichen aus der Kirche getragen wurden.*) 2) Werden Interessen geweckt und ins Spiel gezogen, die mit dem eigentlich religiösen oder kirchlichen Interesse der Gemeinde, also der Pfar» wast, gar nichts zu thun haben. Dahin gehören Verwandtschafts- und Ver¬ sorgungsverhältnisse, bis zur Wahl der Gattin aus der Gemeinde, so daß die Wahl aus allen möglichen Gründen geschieht oder gehindert wird, nur nicht auxilio Lpiritus Lamell. 3) Ist die Gemeinde, wenigstens oft genug, wenn nicht meistens, gar nicht im Stande, ihr Bedürfniß, die Wahl des für ihre Zustände nöthigen Geistlichen zu beurtheilen, also gar nicht im Stande, die rechte Wahl zu treffen. Das ist schon der Fall in kirchlich ruhigen Zeiten. Schon da wird der Geist¬ liche mehr nach dem orutoroxtvi'nus beurtheilt, wenn nicht eben noch ganz andere Rücksichten maßgebend sind. Aber es ist ungleich mehr der Fall, wenn wirklich geistige Interessen, verschiedene kirchliche Ansichten und Standpunkte in Frage kommen, wenn also ein Theil der Gemeinde mehr oder weniger im Irrthume ist. Natürlich sträubt sich dieser gegen den rechten Arzt, und so kann die Wahl von Seite der Gemeinde schwerlich großen Frieden und Segen bringen, da sie eben den Eigenwillen aufruft, sie mag ausfallen, wie sie will. (Schluß folgt.) Karl' von Kalter's Aeisen in Griechenland. Mitgetheilt von R. Berg an. Sonnabend den 6. November 1814. Wir giengen nun nach der alten Stadt Messenien, die von Epami- nondas auf den Berg Jthomme wieder prächtig aufgebaut worden wär. Da¬ von ist ein großer Theil mit ihren Umfassungs-Mauern mit ihren Thürmen D. Red. Das beweist wohl etwas zu viel.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/262>, abgerufen am 06.05.2024.