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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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und es gelang uns damit unter der Bedingung dem Pansa die Hälfte des
Furth in Natur" abzulassen.

Ich gieng daraus zum Tempel ab, wo ich mit meinen Freunden Gropius,
Links, Stackelberg, Bröndstedt, Foster einige Wochen ein wahrhaft arkadisches
Leben verlebte. Wir formirter daselbst eine Colonie, unter Zelten und
Hütten aus Laubwerk, hausend. Mir war die Architektonische Untersuchung
des Tempels überlassen, während meine Freunde die Hervorbringung der
darinnen vergrabenen Schätze leiteten. Mit beyden waren wir gleich glücklich,
denn es gelang uns bis in die kleinsten Theile zur Vollständigkeit zu kommen.


Montag den 7. November 1814.

So weit schrieb ich am Bord der Martingano des Cap. Jmberts, auf
welcher ich mich für Constantinopel im Porto v. Se. Niccolo auf Tino ein¬
schifte, und wo ich 10 Tage lang das Stürmen des Nordwinds im Hafen
von Se. Johannis auf nehmlicher Insel aushielt. Meine Reise-Gesellschafter
Herr Gropius und R. P. Agabi, denen die Gesellschaft der hübschen Tino-
tinen in der 1^ Stunden entfernten Stadt besser behagte, als sich mit mir
im Schiff wiegen zu lassen, hatten mich alleine gelassen, und auch ich des un¬
endlichen Hin und Herschwankens müde, habe nun ohnweit dem einstimmen
Hafen ein Kirchlein gefunden, bey welchen ich mich gestern einquartirte und
nun meine Unterhaltung mit Dir theurer Bruder, fortsetze.

Der Tempel des Apollo Epikurius war von den Phigaliensern, 40 Sta¬
dien von der Stadt Phigalia entfernt, ohnweit dem Dorf Bassae auf den
Berg Cotylius erbaut worden, und jenem Gott gewidmet, da er das Land
von einer ansteckenden Krankheit befreyet hatte, daher man ihm hier den Bey¬
nahmen Epikurius (Helfer) gab. Er schloß eine Colossale Statue des Gottes
aus Bronze in sich, die aber von den Phigaliensern der Stadt Megalopolis
aus Erkenntlichkeit für ihren Beystand geschenkt worden war. Wahrscheinlich
wurde sie nachher durch eine hölzerne ersetzt, wir fanden im Tempel Reste von
colossalen marmornen Händen und Füßen, bey welchen man deutlich erkannte,
daß sie mit Eisen angesetzt waren, so wie oft im Alterthum hölzerne Statuen
stattfinden, die würkliche Bekleidung trugen, und wo Hände, Füße, Kopfe von
Metall waren.

Der Tempel selbst soll nach Pausanias mit dem Minerva-Alea-
Tempel von Tegea der schönste im Peloponnes gewesen seyn. Er war zur
Zeit Perikles, von den Architekten Iktinus (dem Erbauer des herrlichen Par¬
thenons zu Athen) erbaut. Seine Haupttheile sind aus grünlichen Marmor,
welcher in jenen Gebirgen häufig vorgefunden wird, construirt. Seine Be-
dekungen und mehrere seiner Verzierungen, als z, B. jene Basreliefs sind aus
penthelischen Marmor gemacht. Es war ein sechssäuliger Dorischer Peripteros,


und es gelang uns damit unter der Bedingung dem Pansa die Hälfte des
Furth in Natur« abzulassen.

Ich gieng daraus zum Tempel ab, wo ich mit meinen Freunden Gropius,
Links, Stackelberg, Bröndstedt, Foster einige Wochen ein wahrhaft arkadisches
Leben verlebte. Wir formirter daselbst eine Colonie, unter Zelten und
Hütten aus Laubwerk, hausend. Mir war die Architektonische Untersuchung
des Tempels überlassen, während meine Freunde die Hervorbringung der
darinnen vergrabenen Schätze leiteten. Mit beyden waren wir gleich glücklich,
denn es gelang uns bis in die kleinsten Theile zur Vollständigkeit zu kommen.


Montag den 7. November 1814.

So weit schrieb ich am Bord der Martingano des Cap. Jmberts, auf
welcher ich mich für Constantinopel im Porto v. Se. Niccolo auf Tino ein¬
schifte, und wo ich 10 Tage lang das Stürmen des Nordwinds im Hafen
von Se. Johannis auf nehmlicher Insel aushielt. Meine Reise-Gesellschafter
Herr Gropius und R. P. Agabi, denen die Gesellschaft der hübschen Tino-
tinen in der 1^ Stunden entfernten Stadt besser behagte, als sich mit mir
im Schiff wiegen zu lassen, hatten mich alleine gelassen, und auch ich des un¬
endlichen Hin und Herschwankens müde, habe nun ohnweit dem einstimmen
Hafen ein Kirchlein gefunden, bey welchen ich mich gestern einquartirte und
nun meine Unterhaltung mit Dir theurer Bruder, fortsetze.

Der Tempel des Apollo Epikurius war von den Phigaliensern, 40 Sta¬
dien von der Stadt Phigalia entfernt, ohnweit dem Dorf Bassae auf den
Berg Cotylius erbaut worden, und jenem Gott gewidmet, da er das Land
von einer ansteckenden Krankheit befreyet hatte, daher man ihm hier den Bey¬
nahmen Epikurius (Helfer) gab. Er schloß eine Colossale Statue des Gottes
aus Bronze in sich, die aber von den Phigaliensern der Stadt Megalopolis
aus Erkenntlichkeit für ihren Beystand geschenkt worden war. Wahrscheinlich
wurde sie nachher durch eine hölzerne ersetzt, wir fanden im Tempel Reste von
colossalen marmornen Händen und Füßen, bey welchen man deutlich erkannte,
daß sie mit Eisen angesetzt waren, so wie oft im Alterthum hölzerne Statuen
stattfinden, die würkliche Bekleidung trugen, und wo Hände, Füße, Kopfe von
Metall waren.

Der Tempel selbst soll nach Pausanias mit dem Minerva-Alea-
Tempel von Tegea der schönste im Peloponnes gewesen seyn. Er war zur
Zeit Perikles, von den Architekten Iktinus (dem Erbauer des herrlichen Par¬
thenons zu Athen) erbaut. Seine Haupttheile sind aus grünlichen Marmor,
welcher in jenen Gebirgen häufig vorgefunden wird, construirt. Seine Be-
dekungen und mehrere seiner Verzierungen, als z, B. jene Basreliefs sind aus
penthelischen Marmor gemacht. Es war ein sechssäuliger Dorischer Peripteros,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/266>, abgerufen am 06.05.2024.