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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Neuere Kirchenpolitische Schriften.

Es war ein glücklicher Gedanke, eine besondere in zwanglosen Heften
erscheinende Zeitschrift*) zu gründen, die ein Verständniß der neuen synodalen
Verfassung, welche die evangelische Kirche Preußens empfangen hat, zu ver¬
mitteln sucht. Es ist ebenso erfreulich, daß zu diesem Zwecke sich zwei Männer
verbunden haben, welche den Berufsweisen angehören, die vorläufig den grö߬
ten Einfluß auf den Ausbau der Verfassung ausüben werden, der juristischen
und theologischen, und ebenso, daß beide Männer der Partei sich zuzählen,
welche wir allein fähig halten, die Auflösung unserer Landeskirche zu ver¬
hüten, der conservativen Mittelpartei. Bis jetzt sind zwei Hefte erschienen, mit
deren Gehalt wir unsre Leser in diesen Zeilen bekannt machen wollen.

Professor Dr. von der Goltz, der theologische Redacteur, eröffnet die
"Synodalfragen" mit einem einleitenden Aufsatz "Befürchtungen und Hoff¬
nungen." Wir können zu demselben nur unsre volle und ungetheilte Zu¬
stimmung aussprechen. Er zeichnet zuvörderst die kritische Situation der
Gegenwart, welcher die schwere Aufgabe zugefallen ist, die Verfassungsfrage
der evangelischen Kirche zu lösen. In der Spannung der kirchlichen Parteien
erkennt er das größte Hinderniß, in der organisatorischen Begabung, welche
unser Volk jetzt so glänzend entwickelt hat, die wesentlichste Förderung, in
den immer unerträglicher werdenden Zuständen endlich die dringendste Nöthig¬
ung, die evangelische Kirche in den wirklichen Besitz der ihr verheißenen und
nun durch königlichen Erlaß verbürgten Verfassung zu bringen.

Auf die in der kirchlichen Gegenwart liegenden Nöthigungen richtet der
Verfasser zuerst den Blick. Er findet sie in der veränderten Stellung des
Landesherrn zur evangelischen Kirche, welche sowohl der paritätische Charakter
des Staats als die constitutionelle Regierungsform desselben bedingt hat.
In Folge dessen ist die kirchliche Thätigkeit des Landesherrn auch ununterbrochen



Shnodalfragen. Zur Orientirung über die bevorstehende General-Synode. Herausge¬
geben von Dr. Harn. Freiherr v. o. Goltz, Professor der Theologie und Dr. Adolf
Wach, Professor der Rechte. Bielefeld und Leipzig. Verlag von Velhagen K Klasing. i"74.
Erstes Heft. S. 87. Zweites Heft. S. W. ,
Grenzbsten l. 1875. 11
Neuere Kirchenpolitische Schriften.

Es war ein glücklicher Gedanke, eine besondere in zwanglosen Heften
erscheinende Zeitschrift*) zu gründen, die ein Verständniß der neuen synodalen
Verfassung, welche die evangelische Kirche Preußens empfangen hat, zu ver¬
mitteln sucht. Es ist ebenso erfreulich, daß zu diesem Zwecke sich zwei Männer
verbunden haben, welche den Berufsweisen angehören, die vorläufig den grö߬
ten Einfluß auf den Ausbau der Verfassung ausüben werden, der juristischen
und theologischen, und ebenso, daß beide Männer der Partei sich zuzählen,
welche wir allein fähig halten, die Auflösung unserer Landeskirche zu ver¬
hüten, der conservativen Mittelpartei. Bis jetzt sind zwei Hefte erschienen, mit
deren Gehalt wir unsre Leser in diesen Zeilen bekannt machen wollen.

Professor Dr. von der Goltz, der theologische Redacteur, eröffnet die
„Synodalfragen" mit einem einleitenden Aufsatz „Befürchtungen und Hoff¬
nungen." Wir können zu demselben nur unsre volle und ungetheilte Zu¬
stimmung aussprechen. Er zeichnet zuvörderst die kritische Situation der
Gegenwart, welcher die schwere Aufgabe zugefallen ist, die Verfassungsfrage
der evangelischen Kirche zu lösen. In der Spannung der kirchlichen Parteien
erkennt er das größte Hinderniß, in der organisatorischen Begabung, welche
unser Volk jetzt so glänzend entwickelt hat, die wesentlichste Förderung, in
den immer unerträglicher werdenden Zuständen endlich die dringendste Nöthig¬
ung, die evangelische Kirche in den wirklichen Besitz der ihr verheißenen und
nun durch königlichen Erlaß verbürgten Verfassung zu bringen.

Auf die in der kirchlichen Gegenwart liegenden Nöthigungen richtet der
Verfasser zuerst den Blick. Er findet sie in der veränderten Stellung des
Landesherrn zur evangelischen Kirche, welche sowohl der paritätische Charakter
des Staats als die constitutionelle Regierungsform desselben bedingt hat.
In Folge dessen ist die kirchliche Thätigkeit des Landesherrn auch ununterbrochen



Shnodalfragen. Zur Orientirung über die bevorstehende General-Synode. Herausge¬
geben von Dr. Harn. Freiherr v. o. Goltz, Professor der Theologie und Dr. Adolf
Wach, Professor der Rechte. Bielefeld und Leipzig. Verlag von Velhagen K Klasing. i«74.
Erstes Heft. S. 87. Zweites Heft. S. W. ,
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[0089] Neuere Kirchenpolitische Schriften. Es war ein glücklicher Gedanke, eine besondere in zwanglosen Heften erscheinende Zeitschrift*) zu gründen, die ein Verständniß der neuen synodalen Verfassung, welche die evangelische Kirche Preußens empfangen hat, zu ver¬ mitteln sucht. Es ist ebenso erfreulich, daß zu diesem Zwecke sich zwei Männer verbunden haben, welche den Berufsweisen angehören, die vorläufig den grö߬ ten Einfluß auf den Ausbau der Verfassung ausüben werden, der juristischen und theologischen, und ebenso, daß beide Männer der Partei sich zuzählen, welche wir allein fähig halten, die Auflösung unserer Landeskirche zu ver¬ hüten, der conservativen Mittelpartei. Bis jetzt sind zwei Hefte erschienen, mit deren Gehalt wir unsre Leser in diesen Zeilen bekannt machen wollen. Professor Dr. von der Goltz, der theologische Redacteur, eröffnet die „Synodalfragen" mit einem einleitenden Aufsatz „Befürchtungen und Hoff¬ nungen." Wir können zu demselben nur unsre volle und ungetheilte Zu¬ stimmung aussprechen. Er zeichnet zuvörderst die kritische Situation der Gegenwart, welcher die schwere Aufgabe zugefallen ist, die Verfassungsfrage der evangelischen Kirche zu lösen. In der Spannung der kirchlichen Parteien erkennt er das größte Hinderniß, in der organisatorischen Begabung, welche unser Volk jetzt so glänzend entwickelt hat, die wesentlichste Förderung, in den immer unerträglicher werdenden Zuständen endlich die dringendste Nöthig¬ ung, die evangelische Kirche in den wirklichen Besitz der ihr verheißenen und nun durch königlichen Erlaß verbürgten Verfassung zu bringen. Auf die in der kirchlichen Gegenwart liegenden Nöthigungen richtet der Verfasser zuerst den Blick. Er findet sie in der veränderten Stellung des Landesherrn zur evangelischen Kirche, welche sowohl der paritätische Charakter des Staats als die constitutionelle Regierungsform desselben bedingt hat. In Folge dessen ist die kirchliche Thätigkeit des Landesherrn auch ununterbrochen Shnodalfragen. Zur Orientirung über die bevorstehende General-Synode. Herausge¬ geben von Dr. Harn. Freiherr v. o. Goltz, Professor der Theologie und Dr. Adolf Wach, Professor der Rechte. Bielefeld und Leipzig. Verlag von Velhagen K Klasing. i«74. Erstes Heft. S. 87. Zweites Heft. S. W. , Grenzbsten l. 1875. 11

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/89>, abgerufen am 07.05.2024.