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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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Schön's Memoiren.*)

Schon seit längerer Zeit war es bekannt, daß der 1856 gestorbene Ober¬
präsident von Schön, einer der Mitarbeiter an den Arbeiten der großen Jahre
1807 --1814. eine Menge literarischen Materiales zur Geschichte jener Zeit
hinterlassen; es war auch bekannt, daß unter diesem Materials sich Denk¬
würdigkeiten befinden, welche Schön selbst zur Geschichte seines eigenen Lebens
aufgezeichnet hatte. Mit großem Verlangen sah man der Veröffentlichung
dieser Schätze entgegen, aus denen man neue Aufschlüsse über jene Heidenzeit
des modernen Preußen zu empfangen hoffte. Einzelne Schriftsteller hatten
allerdings schon Einblick in diesen literarischen Nachlaß erhalten, so besonders
O. Nasemann in Halle, welcher 1860 in den preußischen Jahrbüchern mit
Benutzung desselben ein Leben Schön's veröffentlichte; auch haben Mejer und
Treitschke 1873 Einzelnes aus derselben Quelle zur Erläuterung eines be¬
stimmten Vorfalles geschöpft, (vgl. Preuß. Jahrbücher. Band 31). Wiederholt
war nun neuerdings eine vollständige Veröffentlichung der Memoiren und
des Nachlasses von Schön in Aussicht gestellt; von Zeit zu Zeit brachten
Zeitschriften und Zeitungen schon darauf bezügliche Notizen: endlich ist vor
wenigen Wochen wirklich ein erster Band aus Schön's Papieren erschienen.

Der Herausgeber ist nicht genannt, er gehört aber offenbar der Schön"
schen Familie an. Er ist auch offenbar ein Mann, der sonst mit historischen
Studien nicht vertraut ist: von dem Vielen, was aus Schön's eigener Feder
schon bekannt ist, nimmt er gar nicht Notiz; zur Aufhellung und Erklärung
einzelner Punkte thut er so gut wie gar nichts. Hätten wir es mit einem
Fachmanne zu thun, so würde unser Urtheil über die Art und Weise
der Herausgabe kaum scharf genug formulirt werden können: jetzt mag
es genug sein, unser Bedauern darüber auszusprechen, daß die Familie
nicht einem Sachverständigen die Herausgabe so interessanter Documente über¬
tragen hat.

Der erste Band, der uns vorliegt, zerfällt in zwei Theile, die besonders
Paginirt sind. Zuerst lesen wir eine "Selbstbiographie bis zur Emeu-



') Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von
Schon. Erster Theil X. 11" S. Anlagen 242 S. Halle, Lippert'sche Buchhandlung 1875.
Grenzi'oder 1. 187Ü, 21
Schön's Memoiren.*)

Schon seit längerer Zeit war es bekannt, daß der 1856 gestorbene Ober¬
präsident von Schön, einer der Mitarbeiter an den Arbeiten der großen Jahre
1807 —1814. eine Menge literarischen Materiales zur Geschichte jener Zeit
hinterlassen; es war auch bekannt, daß unter diesem Materials sich Denk¬
würdigkeiten befinden, welche Schön selbst zur Geschichte seines eigenen Lebens
aufgezeichnet hatte. Mit großem Verlangen sah man der Veröffentlichung
dieser Schätze entgegen, aus denen man neue Aufschlüsse über jene Heidenzeit
des modernen Preußen zu empfangen hoffte. Einzelne Schriftsteller hatten
allerdings schon Einblick in diesen literarischen Nachlaß erhalten, so besonders
O. Nasemann in Halle, welcher 1860 in den preußischen Jahrbüchern mit
Benutzung desselben ein Leben Schön's veröffentlichte; auch haben Mejer und
Treitschke 1873 Einzelnes aus derselben Quelle zur Erläuterung eines be¬
stimmten Vorfalles geschöpft, (vgl. Preuß. Jahrbücher. Band 31). Wiederholt
war nun neuerdings eine vollständige Veröffentlichung der Memoiren und
des Nachlasses von Schön in Aussicht gestellt; von Zeit zu Zeit brachten
Zeitschriften und Zeitungen schon darauf bezügliche Notizen: endlich ist vor
wenigen Wochen wirklich ein erster Band aus Schön's Papieren erschienen.

Der Herausgeber ist nicht genannt, er gehört aber offenbar der Schön«
schen Familie an. Er ist auch offenbar ein Mann, der sonst mit historischen
Studien nicht vertraut ist: von dem Vielen, was aus Schön's eigener Feder
schon bekannt ist, nimmt er gar nicht Notiz; zur Aufhellung und Erklärung
einzelner Punkte thut er so gut wie gar nichts. Hätten wir es mit einem
Fachmanne zu thun, so würde unser Urtheil über die Art und Weise
der Herausgabe kaum scharf genug formulirt werden können: jetzt mag
es genug sein, unser Bedauern darüber auszusprechen, daß die Familie
nicht einem Sachverständigen die Herausgabe so interessanter Documente über¬
tragen hat.

Der erste Band, der uns vorliegt, zerfällt in zwei Theile, die besonders
Paginirt sind. Zuerst lesen wir eine „Selbstbiographie bis zur Emeu-



') Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von
Schon. Erster Theil X. 11« S. Anlagen 242 S. Halle, Lippert'sche Buchhandlung 1875.
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[0165] Schön's Memoiren.*) Schon seit längerer Zeit war es bekannt, daß der 1856 gestorbene Ober¬ präsident von Schön, einer der Mitarbeiter an den Arbeiten der großen Jahre 1807 —1814. eine Menge literarischen Materiales zur Geschichte jener Zeit hinterlassen; es war auch bekannt, daß unter diesem Materials sich Denk¬ würdigkeiten befinden, welche Schön selbst zur Geschichte seines eigenen Lebens aufgezeichnet hatte. Mit großem Verlangen sah man der Veröffentlichung dieser Schätze entgegen, aus denen man neue Aufschlüsse über jene Heidenzeit des modernen Preußen zu empfangen hoffte. Einzelne Schriftsteller hatten allerdings schon Einblick in diesen literarischen Nachlaß erhalten, so besonders O. Nasemann in Halle, welcher 1860 in den preußischen Jahrbüchern mit Benutzung desselben ein Leben Schön's veröffentlichte; auch haben Mejer und Treitschke 1873 Einzelnes aus derselben Quelle zur Erläuterung eines be¬ stimmten Vorfalles geschöpft, (vgl. Preuß. Jahrbücher. Band 31). Wiederholt war nun neuerdings eine vollständige Veröffentlichung der Memoiren und des Nachlasses von Schön in Aussicht gestellt; von Zeit zu Zeit brachten Zeitschriften und Zeitungen schon darauf bezügliche Notizen: endlich ist vor wenigen Wochen wirklich ein erster Band aus Schön's Papieren erschienen. Der Herausgeber ist nicht genannt, er gehört aber offenbar der Schön« schen Familie an. Er ist auch offenbar ein Mann, der sonst mit historischen Studien nicht vertraut ist: von dem Vielen, was aus Schön's eigener Feder schon bekannt ist, nimmt er gar nicht Notiz; zur Aufhellung und Erklärung einzelner Punkte thut er so gut wie gar nichts. Hätten wir es mit einem Fachmanne zu thun, so würde unser Urtheil über die Art und Weise der Herausgabe kaum scharf genug formulirt werden können: jetzt mag es genug sein, unser Bedauern darüber auszusprechen, daß die Familie nicht einem Sachverständigen die Herausgabe so interessanter Documente über¬ tragen hat. Der erste Band, der uns vorliegt, zerfällt in zwei Theile, die besonders Paginirt sind. Zuerst lesen wir eine „Selbstbiographie bis zur Emeu- ') Aus den Papieren des Ministers und Burggrafen von Marienburg Theodor von Schon. Erster Theil X. 11« S. Anlagen 242 S. Halle, Lippert'sche Buchhandlung 1875. Grenzi'oder 1. 187Ü, 21

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/165>, abgerufen am 06.05.2024.