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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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Besorgung der Kassengeschäfte des Staates, Diese Pflicht ist bis jetzt der
Bank von England, der Bank von Frankreich, der belgischen Nationalbank
und in dem neuen deutschen Bankgesetze auch der künftigen deutschen Reichs¬
bank auferlegt. Der öffentliche Nutzen dieser Einrichtung besteht darin, daß
dem Staate und seinen Beamten eine kostspielige Last") und ein Theil ihrer
Verantwortlichkeit abgenommen wird, ohne daß der Bank eine entsprechende
Last aufgebürdet würde. Denn die Einkassirungen und Aufzählungen für
Rechnung der Staatskasse lassen sich so leicht in die eigenen Kassengeschäfte
der Bank einschieben, daß deren Verwaltungskosten nicht wesentlich vermehrt,
der Mehrbetrag jedenfalls reichlich durch die Vortheile aufgewogen werden,
welche die Bank von der Stärkung ihres Kassenbestandes durch die Regie-
rungs-Depositen genießt. Der allgemeinen Volkswirthschaft entsteht daraus
der Nutzen, daß die ohne diese Einrichtung oft bis zu großen Summen lange
Zeit müssig in den Staatskassen lagernden Gelder der Circulation früher als
jetzt zurückgegeben werden, und daß sonach der Geldumlauf befruchtender auf
die Produktion wirkt.

Diese Einrichtung ist daher gleichzeitig ein weiterer Beleg für die Zweck¬
mäßigkeit der Centralisation der Notenbank-Einrichtung.


Vertheilung des Reingewinnes.

Wir müssen noch einen Blick auf die Verwendung des Neingewinnes der
Zettel-Banken werfen. Bis vor Kurzem war es der Brauch, daß der Rein¬
gewinn der Zettelbanken nur an die Eigenthümer derselben bezw. des Stamm¬
kapitales vertheilt wurde.

Zwar war mit größerer oder geringerer theoretischer Klarheit in den
maßgebenden Kreisen die Ueberzeugung verbreitet, daß die umlaufenden un¬
gedeckten Noten einen unverzinslichen Vorschuß des Publikums an die Emis¬
sionsbank repräsentiren und daß die betreffende Bank dem Publikum bezw.
dem dasselbe repräsentirenden Staate eine Gegenleistung für diesen Dienst
schuldig sei. Die großen Banken hatten indessen diese Gegenleistung in der
Regel bereits in Gestalt eines verzinslichen oder unverzinslichen Darlehens
an den Staat vollzogen. So betragen die. Darlehen der Bank von England
an den Staat 11 Millionen Pf. Sterling, die der Bank von Frankreich außer
dem vorübergehenden Vorschuß in Folge des Krieges, welcher gegenwärtig
noch 827 Millionen Franken beträgt, 182 >/z Millionen, die der österreichischen
Nationalbank 80 Millionen Gulden. Erst in den Statuten der belgischen
Nationalbank wurde prinzipiell die Verpflichtung dieser Anstalt ausgesprochen,
einen Theil ihres Neingewinnes in die Staatskasse abzuführen. Der Staat
erhält allen Reingewinn, welcher aus dem Zinssatz über 5 Prozent entspringt,



") Die belgische Nationalbank erspart dem Staate durch diesen Dienst jährlich 270,000 Fr.

Besorgung der Kassengeschäfte des Staates, Diese Pflicht ist bis jetzt der
Bank von England, der Bank von Frankreich, der belgischen Nationalbank
und in dem neuen deutschen Bankgesetze auch der künftigen deutschen Reichs¬
bank auferlegt. Der öffentliche Nutzen dieser Einrichtung besteht darin, daß
dem Staate und seinen Beamten eine kostspielige Last") und ein Theil ihrer
Verantwortlichkeit abgenommen wird, ohne daß der Bank eine entsprechende
Last aufgebürdet würde. Denn die Einkassirungen und Aufzählungen für
Rechnung der Staatskasse lassen sich so leicht in die eigenen Kassengeschäfte
der Bank einschieben, daß deren Verwaltungskosten nicht wesentlich vermehrt,
der Mehrbetrag jedenfalls reichlich durch die Vortheile aufgewogen werden,
welche die Bank von der Stärkung ihres Kassenbestandes durch die Regie-
rungs-Depositen genießt. Der allgemeinen Volkswirthschaft entsteht daraus
der Nutzen, daß die ohne diese Einrichtung oft bis zu großen Summen lange
Zeit müssig in den Staatskassen lagernden Gelder der Circulation früher als
jetzt zurückgegeben werden, und daß sonach der Geldumlauf befruchtender auf
die Produktion wirkt.

Diese Einrichtung ist daher gleichzeitig ein weiterer Beleg für die Zweck¬
mäßigkeit der Centralisation der Notenbank-Einrichtung.


Vertheilung des Reingewinnes.

Wir müssen noch einen Blick auf die Verwendung des Neingewinnes der
Zettel-Banken werfen. Bis vor Kurzem war es der Brauch, daß der Rein¬
gewinn der Zettelbanken nur an die Eigenthümer derselben bezw. des Stamm¬
kapitales vertheilt wurde.

Zwar war mit größerer oder geringerer theoretischer Klarheit in den
maßgebenden Kreisen die Ueberzeugung verbreitet, daß die umlaufenden un¬
gedeckten Noten einen unverzinslichen Vorschuß des Publikums an die Emis¬
sionsbank repräsentiren und daß die betreffende Bank dem Publikum bezw.
dem dasselbe repräsentirenden Staate eine Gegenleistung für diesen Dienst
schuldig sei. Die großen Banken hatten indessen diese Gegenleistung in der
Regel bereits in Gestalt eines verzinslichen oder unverzinslichen Darlehens
an den Staat vollzogen. So betragen die. Darlehen der Bank von England
an den Staat 11 Millionen Pf. Sterling, die der Bank von Frankreich außer
dem vorübergehenden Vorschuß in Folge des Krieges, welcher gegenwärtig
noch 827 Millionen Franken beträgt, 182 >/z Millionen, die der österreichischen
Nationalbank 80 Millionen Gulden. Erst in den Statuten der belgischen
Nationalbank wurde prinzipiell die Verpflichtung dieser Anstalt ausgesprochen,
einen Theil ihres Neingewinnes in die Staatskasse abzuführen. Der Staat
erhält allen Reingewinn, welcher aus dem Zinssatz über 5 Prozent entspringt,



") Die belgische Nationalbank erspart dem Staate durch diesen Dienst jährlich 270,000 Fr.
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[0201] Besorgung der Kassengeschäfte des Staates, Diese Pflicht ist bis jetzt der Bank von England, der Bank von Frankreich, der belgischen Nationalbank und in dem neuen deutschen Bankgesetze auch der künftigen deutschen Reichs¬ bank auferlegt. Der öffentliche Nutzen dieser Einrichtung besteht darin, daß dem Staate und seinen Beamten eine kostspielige Last") und ein Theil ihrer Verantwortlichkeit abgenommen wird, ohne daß der Bank eine entsprechende Last aufgebürdet würde. Denn die Einkassirungen und Aufzählungen für Rechnung der Staatskasse lassen sich so leicht in die eigenen Kassengeschäfte der Bank einschieben, daß deren Verwaltungskosten nicht wesentlich vermehrt, der Mehrbetrag jedenfalls reichlich durch die Vortheile aufgewogen werden, welche die Bank von der Stärkung ihres Kassenbestandes durch die Regie- rungs-Depositen genießt. Der allgemeinen Volkswirthschaft entsteht daraus der Nutzen, daß die ohne diese Einrichtung oft bis zu großen Summen lange Zeit müssig in den Staatskassen lagernden Gelder der Circulation früher als jetzt zurückgegeben werden, und daß sonach der Geldumlauf befruchtender auf die Produktion wirkt. Diese Einrichtung ist daher gleichzeitig ein weiterer Beleg für die Zweck¬ mäßigkeit der Centralisation der Notenbank-Einrichtung. Vertheilung des Reingewinnes. Wir müssen noch einen Blick auf die Verwendung des Neingewinnes der Zettel-Banken werfen. Bis vor Kurzem war es der Brauch, daß der Rein¬ gewinn der Zettelbanken nur an die Eigenthümer derselben bezw. des Stamm¬ kapitales vertheilt wurde. Zwar war mit größerer oder geringerer theoretischer Klarheit in den maßgebenden Kreisen die Ueberzeugung verbreitet, daß die umlaufenden un¬ gedeckten Noten einen unverzinslichen Vorschuß des Publikums an die Emis¬ sionsbank repräsentiren und daß die betreffende Bank dem Publikum bezw. dem dasselbe repräsentirenden Staate eine Gegenleistung für diesen Dienst schuldig sei. Die großen Banken hatten indessen diese Gegenleistung in der Regel bereits in Gestalt eines verzinslichen oder unverzinslichen Darlehens an den Staat vollzogen. So betragen die. Darlehen der Bank von England an den Staat 11 Millionen Pf. Sterling, die der Bank von Frankreich außer dem vorübergehenden Vorschuß in Folge des Krieges, welcher gegenwärtig noch 827 Millionen Franken beträgt, 182 >/z Millionen, die der österreichischen Nationalbank 80 Millionen Gulden. Erst in den Statuten der belgischen Nationalbank wurde prinzipiell die Verpflichtung dieser Anstalt ausgesprochen, einen Theil ihres Neingewinnes in die Staatskasse abzuführen. Der Staat erhält allen Reingewinn, welcher aus dem Zinssatz über 5 Prozent entspringt, ") Die belgische Nationalbank erspart dem Staate durch diesen Dienst jährlich 270,000 Fr.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/201>, abgerufen am 06.05.2024.