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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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kannt, daß d!e Todesstrafe für die Verbrechen des Mordes und des Attentates
auf Bundesfürsten in das Reichsstrafgesctzbuch keineswegs aufgenommen wor¬
den ist, weil eine Mehrheit von 8 Stimmen am 23. Mai 1870 im Nord¬
deutschen Reichstage etwa aus Ueberzeugung für die Todesstrafe sich aus¬
gesprochen hätte. Sondern weil nur um diesen Preis das bedeutsame schwie¬
rige Werk der Codisikation des deutschen Strafrechts zu gewinnen war und
dieser Gewinn bei weitem höher stand als die Erhaltung der deutschen Rechts¬
zersplitterung im Strafrecht mit der Todesstrafe. Es waren aber im Grunde
höchst persönliche Ansichten der allerhöchsten Kreise, welche auf der Todesstrafe
damals bestanden und denen die Mehrheit des deutschen Reichstages ihrerseits
Rechnung trug, nachdem wenige Monate zuvor die große Mehrheit des Par¬
laments sich im Princip gegen die Todesstrafe ausgesprochen hatte. Die
Auffassung von der Nothwendigkeit der Todesstrafe kann indessen auch in den
Kreisen wechseln, in denen sie im Jahr 1870 für nothwendig galt und wird
dieß voraussichtlich über kurz und lang thun. Und selbst wenn das nicht
der Fall wäre, hat jeder Gebildete die Pflicht, den Fragen näher zu treten,
die Holtzendorff in mustergültiger Darstellung und erschöpfendster in Darlegung
hier behandelt: Dient die Todesstrafe zur Abschreckung, Sicherung, Besserung?
entspricht sie der Gerechtigkeit? Worin besteht die Gefahr irriger Todesur¬
theile? Welches ist das Verhältniß der Begnadigung zur Todesstrafe? -- So
sei denn das interessante Buch weitesten Kreisen warm empfohlen.




Zur Uotiz.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen muß ich auf den "Nachtrag"
"eines deutschen Oberbibliothekars" (Ur. 14, Seite 40 der "Grenzboten") er¬
klären, daß ich absichtlich und mit gutem Grunde n ur diejenigen Bibliotheken
genannt habe, welche ich genannt, und daß ich die anderen, deren Verhältnisse
mir wohlbekannt sind, nicht etwa vergessen habe. Meine Gründe werden
dem Herrn Oberbibliothekar klar werden, wenn er meinen zweiten Ar¬
tikel in seinem ganzen "Zusammenhange" und im Zusammenhange mit
meinem ersten Artikel prüfen wird.


Dr. Steffenhagen.


Verantwortlicher Redakteur: or. Hans Blum in Leipzig.
Verlag von F. L, Hclvig in Leipzig, -- Drink vo" Hüthcl S, HcnmiNlil in Leipzig.

kannt, daß d!e Todesstrafe für die Verbrechen des Mordes und des Attentates
auf Bundesfürsten in das Reichsstrafgesctzbuch keineswegs aufgenommen wor¬
den ist, weil eine Mehrheit von 8 Stimmen am 23. Mai 1870 im Nord¬
deutschen Reichstage etwa aus Ueberzeugung für die Todesstrafe sich aus¬
gesprochen hätte. Sondern weil nur um diesen Preis das bedeutsame schwie¬
rige Werk der Codisikation des deutschen Strafrechts zu gewinnen war und
dieser Gewinn bei weitem höher stand als die Erhaltung der deutschen Rechts¬
zersplitterung im Strafrecht mit der Todesstrafe. Es waren aber im Grunde
höchst persönliche Ansichten der allerhöchsten Kreise, welche auf der Todesstrafe
damals bestanden und denen die Mehrheit des deutschen Reichstages ihrerseits
Rechnung trug, nachdem wenige Monate zuvor die große Mehrheit des Par¬
laments sich im Princip gegen die Todesstrafe ausgesprochen hatte. Die
Auffassung von der Nothwendigkeit der Todesstrafe kann indessen auch in den
Kreisen wechseln, in denen sie im Jahr 1870 für nothwendig galt und wird
dieß voraussichtlich über kurz und lang thun. Und selbst wenn das nicht
der Fall wäre, hat jeder Gebildete die Pflicht, den Fragen näher zu treten,
die Holtzendorff in mustergültiger Darstellung und erschöpfendster in Darlegung
hier behandelt: Dient die Todesstrafe zur Abschreckung, Sicherung, Besserung?
entspricht sie der Gerechtigkeit? Worin besteht die Gefahr irriger Todesur¬
theile? Welches ist das Verhältniß der Begnadigung zur Todesstrafe? — So
sei denn das interessante Buch weitesten Kreisen warm empfohlen.




Zur Uotiz.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen muß ich auf den „Nachtrag"
„eines deutschen Oberbibliothekars" (Ur. 14, Seite 40 der „Grenzboten") er¬
klären, daß ich absichtlich und mit gutem Grunde n ur diejenigen Bibliotheken
genannt habe, welche ich genannt, und daß ich die anderen, deren Verhältnisse
mir wohlbekannt sind, nicht etwa vergessen habe. Meine Gründe werden
dem Herrn Oberbibliothekar klar werden, wenn er meinen zweiten Ar¬
tikel in seinem ganzen „Zusammenhange" und im Zusammenhange mit
meinem ersten Artikel prüfen wird.


Dr. Steffenhagen.


Verantwortlicher Redakteur: or. Hans Blum in Leipzig.
Verlag von F. L, Hclvig in Leipzig, — Drink vo» Hüthcl S, HcnmiNlil in Leipzig.
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[0084] kannt, daß d!e Todesstrafe für die Verbrechen des Mordes und des Attentates auf Bundesfürsten in das Reichsstrafgesctzbuch keineswegs aufgenommen wor¬ den ist, weil eine Mehrheit von 8 Stimmen am 23. Mai 1870 im Nord¬ deutschen Reichstage etwa aus Ueberzeugung für die Todesstrafe sich aus¬ gesprochen hätte. Sondern weil nur um diesen Preis das bedeutsame schwie¬ rige Werk der Codisikation des deutschen Strafrechts zu gewinnen war und dieser Gewinn bei weitem höher stand als die Erhaltung der deutschen Rechts¬ zersplitterung im Strafrecht mit der Todesstrafe. Es waren aber im Grunde höchst persönliche Ansichten der allerhöchsten Kreise, welche auf der Todesstrafe damals bestanden und denen die Mehrheit des deutschen Reichstages ihrerseits Rechnung trug, nachdem wenige Monate zuvor die große Mehrheit des Par¬ laments sich im Princip gegen die Todesstrafe ausgesprochen hatte. Die Auffassung von der Nothwendigkeit der Todesstrafe kann indessen auch in den Kreisen wechseln, in denen sie im Jahr 1870 für nothwendig galt und wird dieß voraussichtlich über kurz und lang thun. Und selbst wenn das nicht der Fall wäre, hat jeder Gebildete die Pflicht, den Fragen näher zu treten, die Holtzendorff in mustergültiger Darstellung und erschöpfendster in Darlegung hier behandelt: Dient die Todesstrafe zur Abschreckung, Sicherung, Besserung? entspricht sie der Gerechtigkeit? Worin besteht die Gefahr irriger Todesur¬ theile? Welches ist das Verhältniß der Begnadigung zur Todesstrafe? — So sei denn das interessante Buch weitesten Kreisen warm empfohlen. Zur Uotiz. Zur Vermeidung von Mißverständnissen muß ich auf den „Nachtrag" „eines deutschen Oberbibliothekars" (Ur. 14, Seite 40 der „Grenzboten") er¬ klären, daß ich absichtlich und mit gutem Grunde n ur diejenigen Bibliotheken genannt habe, welche ich genannt, und daß ich die anderen, deren Verhältnisse mir wohlbekannt sind, nicht etwa vergessen habe. Meine Gründe werden dem Herrn Oberbibliothekar klar werden, wenn er meinen zweiten Ar¬ tikel in seinem ganzen „Zusammenhange" und im Zusammenhange mit meinem ersten Artikel prüfen wird. Dr. Steffenhagen. Verantwortlicher Redakteur: or. Hans Blum in Leipzig. Verlag von F. L, Hclvig in Leipzig, — Drink vo» Hüthcl S, HcnmiNlil in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/84>, abgerufen am 06.05.2024.