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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.

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Namen des jüngeren Bruders, für welchen ich den Flavus
halte, für gleichlautend mit dem Namen des Vater. Hätten sich
späte Nachklänge der Lieder erhalten, in welchen Arminius einst von den
deutschen Stämmen besungen ward ^"), so würden wir Heller sehen. Aber
über die großen Thaten der auf die Zeit des Arminius folgenden Jahr¬
hunderte sind die alten Lieder verklungen und vergessen, und neue, die Thaten
und Geschichten jener folgenden Zeit erzählende und besingende entstanden,
welche nachklingen bis heute. Unmöglich halte ich jedoch nicht die künftige
Entdeckung einer in dem Anfange des Mittelalters entstandenen aus Liedern
und Sagen geschöpften Erzählung von den Kämpfen des Arminius mit den
Römern, die uns unter anderen wissenswerthen Dingen auch den deutschen
Namen des Arminius bringen würde. Da wir aber, wie der Leser gesehen
hat, den wahren Namen des theuren Retters und Helden zur Zeit nicht
wissen, so haben wir ihn bis auf Weiteres mit dem römischen zu nennen 2?).




Line Mchtersiimme aus Schwaben.

Wir sprechen heute von einem Dichter, der aus dem schwäbischen Baiern
heraus den Norddeutschen seinen Gruß sendet in einem anspruchslosen Büch¬
lein: Gau! Stau! Bleib" lau! Es sind dies die Gedichte in schwäbischer
Mundart von Hyazinth Wäckerle (Augsb,, Lampart und Co. 1875).
Der weitaus größere Theil derselben besteht in volksthümlichen Liedern, die
uns wie ein frischer silberheller Bergquell erquickt haben; mag davon nun
dem Dichter oder dem Dialekt das größere Verdienst zukommen.


[Beginn Spaltensatz] A brünnale ist it frischer
Treibt ma's in d' Hbarche 'nauf,
[Spaltenumbruch] I' moi, es komm am besta
Glei' aus'in Boda' rauf --
[Ende Spaltensatz]

singt W. von der mundartlichen Dichtung, und jedenfalls sind ihm seine
Lieder gerade aus dem Herzen gesprochen und nicht von des Gedankens Blässe
angekränkelt.

Aber nicht auf die zahlreichen hübschen Bilder aus dem schwäbischen
Dörflerwesen, nicht auf die innigen Liebesgedichte und die launigen Scherze,
z. B. über den Rentamtsboten von Lützelburg --


Drei Brautpaar' kömmt auf sei'in Bauch
Gerade mitanander tanza,



2°) varüturque Ä<ZKuc harten!"s "puÄ Königs. lÄv. "um. II, 88.
Man hat zu verschiedenen Zeiten, zumal in der neuesten, den für deutsch gehaltenen
Namen Arminius mit irman - - irmin -- und anderen dahin gehörigen Worten und Namen
zusammengebracht, welches nach dem obigen keiner Widerlegung bedarf, mindestens hier nicht er¬
halten wird, da ich an einem anderen Orte ausführlich über jene Worte und Namen zu
reden gedenke.

Namen des jüngeren Bruders, für welchen ich den Flavus
halte, für gleichlautend mit dem Namen des Vater. Hätten sich
späte Nachklänge der Lieder erhalten, in welchen Arminius einst von den
deutschen Stämmen besungen ward ^"), so würden wir Heller sehen. Aber
über die großen Thaten der auf die Zeit des Arminius folgenden Jahr¬
hunderte sind die alten Lieder verklungen und vergessen, und neue, die Thaten
und Geschichten jener folgenden Zeit erzählende und besingende entstanden,
welche nachklingen bis heute. Unmöglich halte ich jedoch nicht die künftige
Entdeckung einer in dem Anfange des Mittelalters entstandenen aus Liedern
und Sagen geschöpften Erzählung von den Kämpfen des Arminius mit den
Römern, die uns unter anderen wissenswerthen Dingen auch den deutschen
Namen des Arminius bringen würde. Da wir aber, wie der Leser gesehen
hat, den wahren Namen des theuren Retters und Helden zur Zeit nicht
wissen, so haben wir ihn bis auf Weiteres mit dem römischen zu nennen 2?).




Line Mchtersiimme aus Schwaben.

Wir sprechen heute von einem Dichter, der aus dem schwäbischen Baiern
heraus den Norddeutschen seinen Gruß sendet in einem anspruchslosen Büch¬
lein: Gau! Stau! Bleib« lau! Es sind dies die Gedichte in schwäbischer
Mundart von Hyazinth Wäckerle (Augsb,, Lampart und Co. 1875).
Der weitaus größere Theil derselben besteht in volksthümlichen Liedern, die
uns wie ein frischer silberheller Bergquell erquickt haben; mag davon nun
dem Dichter oder dem Dialekt das größere Verdienst zukommen.


[Beginn Spaltensatz] A brünnale ist it frischer
Treibt ma's in d' Hbarche 'nauf,
[Spaltenumbruch] I' moi, es komm am besta
Glei' aus'in Boda' rauf —
[Ende Spaltensatz]

singt W. von der mundartlichen Dichtung, und jedenfalls sind ihm seine
Lieder gerade aus dem Herzen gesprochen und nicht von des Gedankens Blässe
angekränkelt.

Aber nicht auf die zahlreichen hübschen Bilder aus dem schwäbischen
Dörflerwesen, nicht auf die innigen Liebesgedichte und die launigen Scherze,
z. B. über den Rentamtsboten von Lützelburg —


Drei Brautpaar' kömmt auf sei'in Bauch
Gerade mitanander tanza,



2°) varüturque Ä<ZKuc harten!»s »puÄ Königs. lÄv. »um. II, 88.
Man hat zu verschiedenen Zeiten, zumal in der neuesten, den für deutsch gehaltenen
Namen Arminius mit irman - - irmin — und anderen dahin gehörigen Worten und Namen
zusammengebracht, welches nach dem obigen keiner Widerlegung bedarf, mindestens hier nicht er¬
halten wird, da ich an einem anderen Orte ausführlich über jene Worte und Namen zu
reden gedenke.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_148602/325>, abgerufen am 05.05.2024.