Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, II. Semester. I. Band.Karl "August von Weimar. Von Prof. G. Zeiß. II. Wohlgeordnet im Sinne der damaligen Zeit konnte man die Staats¬ Das weimarische Land hatte die Leiden des siebenjährigen Krieges im Der Herzog Karl August wünschte den Wohlstand seiner Unterthanen Karl "August von Weimar. Von Prof. G. Zeiß. II. Wohlgeordnet im Sinne der damaligen Zeit konnte man die Staats¬ Das weimarische Land hatte die Leiden des siebenjährigen Krieges im Der Herzog Karl August wünschte den Wohlstand seiner Unterthanen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/134322"/> </div> <div n="1"> <head> Karl "August von Weimar.<lb/><note type="byline"> Von Prof. G. Zeiß.</note> II.</head><lb/> <p xml:id="ID_1551"> Wohlgeordnet im Sinne der damaligen Zeit konnte man die Staats¬<lb/> verfassung nennen, als am dritten September 1775 der Herzog Karl August<lb/> die Regierung übernahm. Drei Provinzen, Weimar, Jena und Eisenach, bildeten<lb/> nebst dem einzeln stehenden Amt Ilmenau, die damaligen Gebietstheile;<lb/> jedes hatte eigene Steuerverfassung und Stände, jedes eigene Gesetze und<lb/> Herkommen, oft wiederstrebende Interessen und Ansichten, nach denen<lb/> eigene Behörden nicht selten einseitig zu handeln und zu rathen gewohnt<lb/> waren. Die Herzogin Amalie war mehr auf Erhaltung des Bestehenden,<lb/> als auf Neugestaltung bedacht gewesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1552"> Das weimarische Land hatte die Leiden des siebenjährigen Krieges im<lb/> ganzen Umfange zu ertragen gehabt. Und wenn auch im Laufe der Jahre<lb/> manche Verluste wieder ersetzt worden waren, so hatten doch auch wieder<lb/> mancherlei Unglücksfälle, viele verheerende Feuersbrünste, Mißwachs und Seuchen<lb/> und die Hungerjahre 1771 und 1772 den Wohlstand der Einwohner tief<lb/> herabgebracht. Der Wiederaufbau des im Jahre 1774 abgebrannten fürst¬<lb/> lichen Schlosses verlangte von den Einwohnern und von der fürstlichen Kasse<lb/> große Opfer. Das Herzogthum Weimar war damals ein armes Land, und<lb/> die geringe Bildung der Einwohner und die herrschende Lust an geräusch¬<lb/> vollen Vergnügungen hinderten die Einwohner, sich zu größerem Wohlstande<lb/> emporzuarbeiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1553" next="#ID_1554"> Der Herzog Karl August wünschte den Wohlstand seiner Unterthanen<lb/> zu heben und die Einnahme der fürstlichen Kassen zu vermehren. Der Land¬<lb/> mann wurde durch Ablösung der Frohnden von einer drückenden Last befreit,<lb/> und die Beschränkungen, welche Huth und Trift dem Eigenthum auflegten,<lb/> wurden gemindert. Die Anstalten zur Versorgung der Armen und Un¬<lb/> mündigen wurden erweitert, das Waisenhaus aufgehoben und die Waisen<lb/> bei Privaten auf dem Lande untergebracht. Die elternlosen Kinder wurden<lb/> dadurch dem Familienkreise wiedergegeben, und für denselben Kostenbetrag<lb/> noch einmal so viele Kinder versorgt. Das Brand-Aussecuranz-Institut, die<lb/> Feuerlösch - Anstalten, das Medicinalwesen wurden verbessert, das Land¬<lb/> krankenhans eingerichtet. Die weimarische Forstwirthschaft galt in Deutsch¬<lb/> land als Muster, und fremde Forstmänner kamen nach Weimar, um sie<lb/> kennen zu lernen. Die bisher vernachlässigten Salzquellen und Bergwerke<lb/> wurden benutzt und angebaut, der Schwansee ausgetrocknet und nutzbar ge¬<lb/> macht. Ueberall sehen wir den Herzog selbstthätig mit eingreifen. Jeder</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0504]
Karl "August von Weimar.
Von Prof. G. Zeiß. II.
Wohlgeordnet im Sinne der damaligen Zeit konnte man die Staats¬
verfassung nennen, als am dritten September 1775 der Herzog Karl August
die Regierung übernahm. Drei Provinzen, Weimar, Jena und Eisenach, bildeten
nebst dem einzeln stehenden Amt Ilmenau, die damaligen Gebietstheile;
jedes hatte eigene Steuerverfassung und Stände, jedes eigene Gesetze und
Herkommen, oft wiederstrebende Interessen und Ansichten, nach denen
eigene Behörden nicht selten einseitig zu handeln und zu rathen gewohnt
waren. Die Herzogin Amalie war mehr auf Erhaltung des Bestehenden,
als auf Neugestaltung bedacht gewesen.
Das weimarische Land hatte die Leiden des siebenjährigen Krieges im
ganzen Umfange zu ertragen gehabt. Und wenn auch im Laufe der Jahre
manche Verluste wieder ersetzt worden waren, so hatten doch auch wieder
mancherlei Unglücksfälle, viele verheerende Feuersbrünste, Mißwachs und Seuchen
und die Hungerjahre 1771 und 1772 den Wohlstand der Einwohner tief
herabgebracht. Der Wiederaufbau des im Jahre 1774 abgebrannten fürst¬
lichen Schlosses verlangte von den Einwohnern und von der fürstlichen Kasse
große Opfer. Das Herzogthum Weimar war damals ein armes Land, und
die geringe Bildung der Einwohner und die herrschende Lust an geräusch¬
vollen Vergnügungen hinderten die Einwohner, sich zu größerem Wohlstande
emporzuarbeiten.
Der Herzog Karl August wünschte den Wohlstand seiner Unterthanen
zu heben und die Einnahme der fürstlichen Kassen zu vermehren. Der Land¬
mann wurde durch Ablösung der Frohnden von einer drückenden Last befreit,
und die Beschränkungen, welche Huth und Trift dem Eigenthum auflegten,
wurden gemindert. Die Anstalten zur Versorgung der Armen und Un¬
mündigen wurden erweitert, das Waisenhaus aufgehoben und die Waisen
bei Privaten auf dem Lande untergebracht. Die elternlosen Kinder wurden
dadurch dem Familienkreise wiedergegeben, und für denselben Kostenbetrag
noch einmal so viele Kinder versorgt. Das Brand-Aussecuranz-Institut, die
Feuerlösch - Anstalten, das Medicinalwesen wurden verbessert, das Land¬
krankenhans eingerichtet. Die weimarische Forstwirthschaft galt in Deutsch¬
land als Muster, und fremde Forstmänner kamen nach Weimar, um sie
kennen zu lernen. Die bisher vernachlässigten Salzquellen und Bergwerke
wurden benutzt und angebaut, der Schwansee ausgetrocknet und nutzbar ge¬
macht. Ueberall sehen wir den Herzog selbstthätig mit eingreifen. Jeder
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