Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Nun aber ist der alten Zeit, deren Erinnerung wir in diesen Zeilen ge¬
weckt finden, die neue Zeit gefolgt, und ihre Aufgabe ist es, das Volk auf
jene geistige Stufe zu heben, deren es würdig ist und von der eine schwere
Vergangenheit es fern gehalten.

Denn fürwahr nur wenige Länder haben in den letzten Jahrhunderten
soviel gelitten, als Lothringen litt, das dürfen wir nie vergessen, das muß
der Maßstab für Alles sein, was dort geschehen und was nicht geschah!
Das aber ist zugleich der Maßstab für das, was Deutschland dem neuge¬
wonnenen Lande schuldet. Es hat nun wieder Gemeinschaft mit einem großen
geistigen Leben gefunden, möge sich der Segen desselben so mächtig zeigen,
als einst die Hand der Bourbonen sich zerstörend und drückend erwies. Das
Stiefkind Frankreichs ist unser Kind geworden, möge es sein Heil in unserem
K -- r. Hause finden!




Me Partei der Unabhängigen in der nordameri¬
kanischen Union.

Unter der Fraktion der Unabhängigen sind diejenigen Bürger und
Stimmgeber in den Vereinigten Staaten zu verstehen, denen es um die Ver¬
wirklichung guter Regierungsgrundsätze mehr zu thun ist, als um ein bloßes
Parteiinteresse, und die deshalb bereit sind, die eine oder die andere Partei
zu unterstützen, oder auch selbstständig vorzugehen, je nachdem die Noth¬
wendigkeit der Bekämpfung von Mißbräuchen, die Durchführung nützlicher
Maßregeln oder der Unterschied in dem Charakter und der Fähigkeit der
vorgeschlagenen (Kandidaten das wünschenswert!) erscheinen lassen. Man
könnte hinzufügen, daß in Bezug auf die Hauptfragen, die gegenwärtig in
der amerikanischen Nationalpolitik vorliegen, nämlich die Fin a n zsr ag e und
die Bekämpfung der Corruption im Beamtenwesen, die Unabhängigen
so ziemlich einig sind. Wie stark dies Element ist, hat sich bei den Wahlen
der letzten beiden Jahre, namentlich im Jahre 187ö, gezeigt. In mehreren
der bedeutendsten Unionsstaaten, z. B. in New-York, Ohio, Illinois u. s. w.
kann es unzweifelhaft den Sieg nach der einen oder der andern Seite ent¬
scheiden, und so ist es wahrscheinlich, daß die Unabhängigen bei der kommenden
Präsidentenwahl durch ein geschlossenes Zusammenwirken den Ausschlag zu geben
im Stande sind. Sie besitzen daher eine wohl zu beachtende Macht, mit der


Nun aber ist der alten Zeit, deren Erinnerung wir in diesen Zeilen ge¬
weckt finden, die neue Zeit gefolgt, und ihre Aufgabe ist es, das Volk auf
jene geistige Stufe zu heben, deren es würdig ist und von der eine schwere
Vergangenheit es fern gehalten.

Denn fürwahr nur wenige Länder haben in den letzten Jahrhunderten
soviel gelitten, als Lothringen litt, das dürfen wir nie vergessen, das muß
der Maßstab für Alles sein, was dort geschehen und was nicht geschah!
Das aber ist zugleich der Maßstab für das, was Deutschland dem neuge¬
wonnenen Lande schuldet. Es hat nun wieder Gemeinschaft mit einem großen
geistigen Leben gefunden, möge sich der Segen desselben so mächtig zeigen,
als einst die Hand der Bourbonen sich zerstörend und drückend erwies. Das
Stiefkind Frankreichs ist unser Kind geworden, möge es sein Heil in unserem
K — r. Hause finden!




Me Partei der Unabhängigen in der nordameri¬
kanischen Union.

Unter der Fraktion der Unabhängigen sind diejenigen Bürger und
Stimmgeber in den Vereinigten Staaten zu verstehen, denen es um die Ver¬
wirklichung guter Regierungsgrundsätze mehr zu thun ist, als um ein bloßes
Parteiinteresse, und die deshalb bereit sind, die eine oder die andere Partei
zu unterstützen, oder auch selbstständig vorzugehen, je nachdem die Noth¬
wendigkeit der Bekämpfung von Mißbräuchen, die Durchführung nützlicher
Maßregeln oder der Unterschied in dem Charakter und der Fähigkeit der
vorgeschlagenen (Kandidaten das wünschenswert!) erscheinen lassen. Man
könnte hinzufügen, daß in Bezug auf die Hauptfragen, die gegenwärtig in
der amerikanischen Nationalpolitik vorliegen, nämlich die Fin a n zsr ag e und
die Bekämpfung der Corruption im Beamtenwesen, die Unabhängigen
so ziemlich einig sind. Wie stark dies Element ist, hat sich bei den Wahlen
der letzten beiden Jahre, namentlich im Jahre 187ö, gezeigt. In mehreren
der bedeutendsten Unionsstaaten, z. B. in New-York, Ohio, Illinois u. s. w.
kann es unzweifelhaft den Sieg nach der einen oder der andern Seite ent¬
scheiden, und so ist es wahrscheinlich, daß die Unabhängigen bei der kommenden
Präsidentenwahl durch ein geschlossenes Zusammenwirken den Ausschlag zu geben
im Stande sind. Sie besitzen daher eine wohl zu beachtende Macht, mit der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0474" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135527"/>
          <p xml:id="ID_1450"> Nun aber ist der alten Zeit, deren Erinnerung wir in diesen Zeilen ge¬<lb/>
weckt finden, die neue Zeit gefolgt, und ihre Aufgabe ist es, das Volk auf<lb/>
jene geistige Stufe zu heben, deren es würdig ist und von der eine schwere<lb/>
Vergangenheit es fern gehalten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1451"> Denn fürwahr nur wenige Länder haben in den letzten Jahrhunderten<lb/>
soviel gelitten, als Lothringen litt, das dürfen wir nie vergessen, das muß<lb/>
der Maßstab für Alles sein, was dort geschehen und was nicht geschah!<lb/>
Das aber ist zugleich der Maßstab für das, was Deutschland dem neuge¬<lb/>
wonnenen Lande schuldet. Es hat nun wieder Gemeinschaft mit einem großen<lb/>
geistigen Leben gefunden, möge sich der Segen desselben so mächtig zeigen,<lb/>
als einst die Hand der Bourbonen sich zerstörend und drückend erwies. Das<lb/>
Stiefkind Frankreichs ist unser Kind geworden, möge es sein Heil in unserem<lb/><note type="byline"> K &#x2014; r.</note> Hause finden! </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Me Partei der Unabhängigen in der nordameri¬<lb/>
kanischen Union.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1452" next="#ID_1453"> Unter der Fraktion der Unabhängigen sind diejenigen Bürger und<lb/>
Stimmgeber in den Vereinigten Staaten zu verstehen, denen es um die Ver¬<lb/>
wirklichung guter Regierungsgrundsätze mehr zu thun ist, als um ein bloßes<lb/>
Parteiinteresse, und die deshalb bereit sind, die eine oder die andere Partei<lb/>
zu unterstützen, oder auch selbstständig vorzugehen, je nachdem die Noth¬<lb/>
wendigkeit der Bekämpfung von Mißbräuchen, die Durchführung nützlicher<lb/>
Maßregeln oder der Unterschied in dem Charakter und der Fähigkeit der<lb/>
vorgeschlagenen (Kandidaten das wünschenswert!) erscheinen lassen. Man<lb/>
könnte hinzufügen, daß in Bezug auf die Hauptfragen, die gegenwärtig in<lb/>
der amerikanischen Nationalpolitik vorliegen, nämlich die Fin a n zsr ag e und<lb/>
die Bekämpfung der Corruption im Beamtenwesen, die Unabhängigen<lb/>
so ziemlich einig sind. Wie stark dies Element ist, hat sich bei den Wahlen<lb/>
der letzten beiden Jahre, namentlich im Jahre 187ö, gezeigt. In mehreren<lb/>
der bedeutendsten Unionsstaaten, z. B. in New-York, Ohio, Illinois u. s. w.<lb/>
kann es unzweifelhaft den Sieg nach der einen oder der andern Seite ent¬<lb/>
scheiden, und so ist es wahrscheinlich, daß die Unabhängigen bei der kommenden<lb/>
Präsidentenwahl durch ein geschlossenes Zusammenwirken den Ausschlag zu geben<lb/>
im Stande sind.  Sie besitzen daher eine wohl zu beachtende Macht, mit der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0474] Nun aber ist der alten Zeit, deren Erinnerung wir in diesen Zeilen ge¬ weckt finden, die neue Zeit gefolgt, und ihre Aufgabe ist es, das Volk auf jene geistige Stufe zu heben, deren es würdig ist und von der eine schwere Vergangenheit es fern gehalten. Denn fürwahr nur wenige Länder haben in den letzten Jahrhunderten soviel gelitten, als Lothringen litt, das dürfen wir nie vergessen, das muß der Maßstab für Alles sein, was dort geschehen und was nicht geschah! Das aber ist zugleich der Maßstab für das, was Deutschland dem neuge¬ wonnenen Lande schuldet. Es hat nun wieder Gemeinschaft mit einem großen geistigen Leben gefunden, möge sich der Segen desselben so mächtig zeigen, als einst die Hand der Bourbonen sich zerstörend und drückend erwies. Das Stiefkind Frankreichs ist unser Kind geworden, möge es sein Heil in unserem K — r. Hause finden! Me Partei der Unabhängigen in der nordameri¬ kanischen Union. Unter der Fraktion der Unabhängigen sind diejenigen Bürger und Stimmgeber in den Vereinigten Staaten zu verstehen, denen es um die Ver¬ wirklichung guter Regierungsgrundsätze mehr zu thun ist, als um ein bloßes Parteiinteresse, und die deshalb bereit sind, die eine oder die andere Partei zu unterstützen, oder auch selbstständig vorzugehen, je nachdem die Noth¬ wendigkeit der Bekämpfung von Mißbräuchen, die Durchführung nützlicher Maßregeln oder der Unterschied in dem Charakter und der Fähigkeit der vorgeschlagenen (Kandidaten das wünschenswert!) erscheinen lassen. Man könnte hinzufügen, daß in Bezug auf die Hauptfragen, die gegenwärtig in der amerikanischen Nationalpolitik vorliegen, nämlich die Fin a n zsr ag e und die Bekämpfung der Corruption im Beamtenwesen, die Unabhängigen so ziemlich einig sind. Wie stark dies Element ist, hat sich bei den Wahlen der letzten beiden Jahre, namentlich im Jahre 187ö, gezeigt. In mehreren der bedeutendsten Unionsstaaten, z. B. in New-York, Ohio, Illinois u. s. w. kann es unzweifelhaft den Sieg nach der einen oder der andern Seite ent¬ scheiden, und so ist es wahrscheinlich, daß die Unabhängigen bei der kommenden Präsidentenwahl durch ein geschlossenes Zusammenwirken den Ausschlag zu geben im Stande sind. Sie besitzen daher eine wohl zu beachtende Macht, mit der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/474
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/474>, abgerufen am 04.05.2024.