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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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neuem Scharfblick, hier scheute sich der Sparsame auch nicht vor Experi¬
menten, die ihm theuer zu stehen kamen. Er hat bereits englische Wirth¬
schaften empfohlen, ja junge Landwirthe, um diese kennen zu lernen, über den
Canal geschickt. Ueber seine Maulbeerpflanzungen hat man nach den Frei¬
heitskriegen sehr den Kopf geschüttelt, und doch ist gerade in der Mark die
Seidenzucht nicht ohne Vortheil später wieder aufgenommen und dient noch
heute einer guten Zahl von kleinen Leuten, namentlich auch Landschullehrern
zur lohnenden Nebenbeschäftigung. Aehnlich verhält es sich mit der Bienen¬
pflege, die er als eine lohnende und leichte Nebenbeschäftigung empfahl.
Was aber die Schafzucht betrifft, welche im zweiten Decennium unseres Jahr¬
hunderts mit neuem Eifer aufgenommen wurde, so ist der erste Gedanke von
der Veredlung der Schafzucht und ihrer Rentabilität gleichfalls unter Friedrich
aufgekommen. Interessant ist es übrigens, daß schon damals die Frage de°
battirt ward, ob großes Vieh mit langer Wolle nach englischem Verfahren
oder anderes mit feiner, ob Kreuzung mit marokkanischen oder spanischem
Blute vorzuziehen sei. Nach einem lebhaften Schriftwechsel zwischen einzelnen
Ministern entschied man zu Gunsten der spanischen Race, und der König,
welcher bereits in Marokko die Erlaubniß zur Ausführung von 600 Stück
erwirkt hatte, fügte sich mit der lakonischer Randbemerkung zu dem bezüg¬
lichen Bericht: "So können es Spanische Schafe Seine". Jetzt
mochte es ihm im Augenblick an Geld fehlen; denn als nun 200 Stück
Kastilianer für über 14.000 Thlr. gekauft werden sollten, vertagte er die
Ausführung mit den Worten: "jetzunter habe ich nicht Einen Groschen;
aber Trinitatis gehet es an, mich daran zu Erinnern". Ehe
die dann wirklich in Andalusien gekauften Merinos ankamen, starb der König.


O. Nasemann.


Bosnien und die Bosnier.
2.

Um das Folgende recht zu verstehen, woraus dann wieder der gegen¬
wärtige Aufstand in der Herzegowina begreiflicher wird, müssen wir das im
ersten Kapitel Gesagte noch einmal in der Kürze vor uns haben. Die
Bosnier sind Serben wie die Bewohner Serbiens und Montenegros. Sie
gehören der Mehrzahl nach der griechisch-katholischen Kirche an. etwa der


neuem Scharfblick, hier scheute sich der Sparsame auch nicht vor Experi¬
menten, die ihm theuer zu stehen kamen. Er hat bereits englische Wirth¬
schaften empfohlen, ja junge Landwirthe, um diese kennen zu lernen, über den
Canal geschickt. Ueber seine Maulbeerpflanzungen hat man nach den Frei¬
heitskriegen sehr den Kopf geschüttelt, und doch ist gerade in der Mark die
Seidenzucht nicht ohne Vortheil später wieder aufgenommen und dient noch
heute einer guten Zahl von kleinen Leuten, namentlich auch Landschullehrern
zur lohnenden Nebenbeschäftigung. Aehnlich verhält es sich mit der Bienen¬
pflege, die er als eine lohnende und leichte Nebenbeschäftigung empfahl.
Was aber die Schafzucht betrifft, welche im zweiten Decennium unseres Jahr¬
hunderts mit neuem Eifer aufgenommen wurde, so ist der erste Gedanke von
der Veredlung der Schafzucht und ihrer Rentabilität gleichfalls unter Friedrich
aufgekommen. Interessant ist es übrigens, daß schon damals die Frage de°
battirt ward, ob großes Vieh mit langer Wolle nach englischem Verfahren
oder anderes mit feiner, ob Kreuzung mit marokkanischen oder spanischem
Blute vorzuziehen sei. Nach einem lebhaften Schriftwechsel zwischen einzelnen
Ministern entschied man zu Gunsten der spanischen Race, und der König,
welcher bereits in Marokko die Erlaubniß zur Ausführung von 600 Stück
erwirkt hatte, fügte sich mit der lakonischer Randbemerkung zu dem bezüg¬
lichen Bericht: „So können es Spanische Schafe Seine". Jetzt
mochte es ihm im Augenblick an Geld fehlen; denn als nun 200 Stück
Kastilianer für über 14.000 Thlr. gekauft werden sollten, vertagte er die
Ausführung mit den Worten: „jetzunter habe ich nicht Einen Groschen;
aber Trinitatis gehet es an, mich daran zu Erinnern". Ehe
die dann wirklich in Andalusien gekauften Merinos ankamen, starb der König.


O. Nasemann.


Bosnien und die Bosnier.
2.

Um das Folgende recht zu verstehen, woraus dann wieder der gegen¬
wärtige Aufstand in der Herzegowina begreiflicher wird, müssen wir das im
ersten Kapitel Gesagte noch einmal in der Kürze vor uns haben. Die
Bosnier sind Serben wie die Bewohner Serbiens und Montenegros. Sie
gehören der Mehrzahl nach der griechisch-katholischen Kirche an. etwa der


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[0104] neuem Scharfblick, hier scheute sich der Sparsame auch nicht vor Experi¬ menten, die ihm theuer zu stehen kamen. Er hat bereits englische Wirth¬ schaften empfohlen, ja junge Landwirthe, um diese kennen zu lernen, über den Canal geschickt. Ueber seine Maulbeerpflanzungen hat man nach den Frei¬ heitskriegen sehr den Kopf geschüttelt, und doch ist gerade in der Mark die Seidenzucht nicht ohne Vortheil später wieder aufgenommen und dient noch heute einer guten Zahl von kleinen Leuten, namentlich auch Landschullehrern zur lohnenden Nebenbeschäftigung. Aehnlich verhält es sich mit der Bienen¬ pflege, die er als eine lohnende und leichte Nebenbeschäftigung empfahl. Was aber die Schafzucht betrifft, welche im zweiten Decennium unseres Jahr¬ hunderts mit neuem Eifer aufgenommen wurde, so ist der erste Gedanke von der Veredlung der Schafzucht und ihrer Rentabilität gleichfalls unter Friedrich aufgekommen. Interessant ist es übrigens, daß schon damals die Frage de° battirt ward, ob großes Vieh mit langer Wolle nach englischem Verfahren oder anderes mit feiner, ob Kreuzung mit marokkanischen oder spanischem Blute vorzuziehen sei. Nach einem lebhaften Schriftwechsel zwischen einzelnen Ministern entschied man zu Gunsten der spanischen Race, und der König, welcher bereits in Marokko die Erlaubniß zur Ausführung von 600 Stück erwirkt hatte, fügte sich mit der lakonischer Randbemerkung zu dem bezüg¬ lichen Bericht: „So können es Spanische Schafe Seine". Jetzt mochte es ihm im Augenblick an Geld fehlen; denn als nun 200 Stück Kastilianer für über 14.000 Thlr. gekauft werden sollten, vertagte er die Ausführung mit den Worten: „jetzunter habe ich nicht Einen Groschen; aber Trinitatis gehet es an, mich daran zu Erinnern". Ehe die dann wirklich in Andalusien gekauften Merinos ankamen, starb der König. O. Nasemann. Bosnien und die Bosnier. 2. Um das Folgende recht zu verstehen, woraus dann wieder der gegen¬ wärtige Aufstand in der Herzegowina begreiflicher wird, müssen wir das im ersten Kapitel Gesagte noch einmal in der Kürze vor uns haben. Die Bosnier sind Serben wie die Bewohner Serbiens und Montenegros. Sie gehören der Mehrzahl nach der griechisch-katholischen Kirche an. etwa der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/104>, abgerufen am 27.04.2024.