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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Orient rivalisirenden Großmächte sein. Wir würden es von Factionen im
Innern zerrissen, wir würden es von recht gemeinem Egoismus einzelner
Streber bewegt und wir würden es wie alle diese aus der Barbarei zur
Halbbarbarei emporgekommnen Gemeinwesen bisweilen sich dünkelhaft ge¬
berden sehen. Aber aller Anfang ist schwer, und trotz aller unerfreulichen
Erwartungen von der nächsten Zukunft dieses Volkes nach seiner einstigen
Befreiung wollen wir doch hoffen, daß dieselbe bald erfolge; denn diese Zu¬
kunft wird auf alle Fälle eine bessere, eine menschenwürdigere sein als die
maßlos elende Gegenwart.




Die nordamerikanischen "Zräsidentschasts° Kandidaten.

In unserm letzten, in diesen Blättern mitgetheilten Aufsatze über den
"Aufruf der amerikanischen Reformfreunde" erklärten wir, daß unter den
Republikanern James G. Blaine und unter den Demokraten Samuel
I. Tilden die meiste Aussicht hätten, als Candidaten für das Präsidenten¬
amt der Vereinigten Staaten aufgestellt zu werden. Dies ist denn auch
unterdessen, was Tilden anbetrifft, vollkommen bestätigt worden; auch Blaine
würde die Nomination der republikanischen Partei erlangt haben, wenn nicht,
was wir als kein Unglück für die Union betrachten, der "blinde Eifer" von
Blaine's eigenen Freunden dies verhindert hätte. Nachdem nun aber die
genannten beiden großen Parteien in den Vereinigten Staaten in ihren
Nationalconventionen in Cincinnati (am 14. Juni) und in Se. Louis (am
27. Juni) das entscheidende Wort gesprochen haben, ist es möglich geworden,
die Stellung, welche diese Parteien in dem diesjährigen Wahlkampfe ein¬
nehmen, und die Chancen ihrer resp. Präsidentschaftskandidaten, etwas näher
zu kennzeichnen.

Die hervorragendsten Candidaten der republikanischen Partei waren:
James G. Blaine aus Maine, Benjamin H. Bristow aus Kentucky, Oliver
P. Morton aus Jndiana und Roscoe Conkling aus New-Uork, in zweiter
Linie waren empfohlen: Gouverneur Rutherford B. Hayes aus Ohio,
General-Postmeister Jewell aus Connecticut und Gouverneur John F.
Hartranft aus Pennsylvanien. Bet der ersten Abstimmung auf der National¬
convention zu Cincinnati war das Stimmenverhältniß der einzelnen Präsident-
schaftscandidaten folgendes: Blaine erhielt 291, Morton 125, Bristow 113,
Conkling 93, Hayes 65, Hartranft 58 und Jewell 11 Stimmen. Das


Orient rivalisirenden Großmächte sein. Wir würden es von Factionen im
Innern zerrissen, wir würden es von recht gemeinem Egoismus einzelner
Streber bewegt und wir würden es wie alle diese aus der Barbarei zur
Halbbarbarei emporgekommnen Gemeinwesen bisweilen sich dünkelhaft ge¬
berden sehen. Aber aller Anfang ist schwer, und trotz aller unerfreulichen
Erwartungen von der nächsten Zukunft dieses Volkes nach seiner einstigen
Befreiung wollen wir doch hoffen, daß dieselbe bald erfolge; denn diese Zu¬
kunft wird auf alle Fälle eine bessere, eine menschenwürdigere sein als die
maßlos elende Gegenwart.




Die nordamerikanischen "Zräsidentschasts° Kandidaten.

In unserm letzten, in diesen Blättern mitgetheilten Aufsatze über den
„Aufruf der amerikanischen Reformfreunde" erklärten wir, daß unter den
Republikanern James G. Blaine und unter den Demokraten Samuel
I. Tilden die meiste Aussicht hätten, als Candidaten für das Präsidenten¬
amt der Vereinigten Staaten aufgestellt zu werden. Dies ist denn auch
unterdessen, was Tilden anbetrifft, vollkommen bestätigt worden; auch Blaine
würde die Nomination der republikanischen Partei erlangt haben, wenn nicht,
was wir als kein Unglück für die Union betrachten, der „blinde Eifer" von
Blaine's eigenen Freunden dies verhindert hätte. Nachdem nun aber die
genannten beiden großen Parteien in den Vereinigten Staaten in ihren
Nationalconventionen in Cincinnati (am 14. Juni) und in Se. Louis (am
27. Juni) das entscheidende Wort gesprochen haben, ist es möglich geworden,
die Stellung, welche diese Parteien in dem diesjährigen Wahlkampfe ein¬
nehmen, und die Chancen ihrer resp. Präsidentschaftskandidaten, etwas näher
zu kennzeichnen.

Die hervorragendsten Candidaten der republikanischen Partei waren:
James G. Blaine aus Maine, Benjamin H. Bristow aus Kentucky, Oliver
P. Morton aus Jndiana und Roscoe Conkling aus New-Uork, in zweiter
Linie waren empfohlen: Gouverneur Rutherford B. Hayes aus Ohio,
General-Postmeister Jewell aus Connecticut und Gouverneur John F.
Hartranft aus Pennsylvanien. Bet der ersten Abstimmung auf der National¬
convention zu Cincinnati war das Stimmenverhältniß der einzelnen Präsident-
schaftscandidaten folgendes: Blaine erhielt 291, Morton 125, Bristow 113,
Conkling 93, Hayes 65, Hartranft 58 und Jewell 11 Stimmen. Das


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[0114] Orient rivalisirenden Großmächte sein. Wir würden es von Factionen im Innern zerrissen, wir würden es von recht gemeinem Egoismus einzelner Streber bewegt und wir würden es wie alle diese aus der Barbarei zur Halbbarbarei emporgekommnen Gemeinwesen bisweilen sich dünkelhaft ge¬ berden sehen. Aber aller Anfang ist schwer, und trotz aller unerfreulichen Erwartungen von der nächsten Zukunft dieses Volkes nach seiner einstigen Befreiung wollen wir doch hoffen, daß dieselbe bald erfolge; denn diese Zu¬ kunft wird auf alle Fälle eine bessere, eine menschenwürdigere sein als die maßlos elende Gegenwart. Die nordamerikanischen "Zräsidentschasts° Kandidaten. In unserm letzten, in diesen Blättern mitgetheilten Aufsatze über den „Aufruf der amerikanischen Reformfreunde" erklärten wir, daß unter den Republikanern James G. Blaine und unter den Demokraten Samuel I. Tilden die meiste Aussicht hätten, als Candidaten für das Präsidenten¬ amt der Vereinigten Staaten aufgestellt zu werden. Dies ist denn auch unterdessen, was Tilden anbetrifft, vollkommen bestätigt worden; auch Blaine würde die Nomination der republikanischen Partei erlangt haben, wenn nicht, was wir als kein Unglück für die Union betrachten, der „blinde Eifer" von Blaine's eigenen Freunden dies verhindert hätte. Nachdem nun aber die genannten beiden großen Parteien in den Vereinigten Staaten in ihren Nationalconventionen in Cincinnati (am 14. Juni) und in Se. Louis (am 27. Juni) das entscheidende Wort gesprochen haben, ist es möglich geworden, die Stellung, welche diese Parteien in dem diesjährigen Wahlkampfe ein¬ nehmen, und die Chancen ihrer resp. Präsidentschaftskandidaten, etwas näher zu kennzeichnen. Die hervorragendsten Candidaten der republikanischen Partei waren: James G. Blaine aus Maine, Benjamin H. Bristow aus Kentucky, Oliver P. Morton aus Jndiana und Roscoe Conkling aus New-Uork, in zweiter Linie waren empfohlen: Gouverneur Rutherford B. Hayes aus Ohio, General-Postmeister Jewell aus Connecticut und Gouverneur John F. Hartranft aus Pennsylvanien. Bet der ersten Abstimmung auf der National¬ convention zu Cincinnati war das Stimmenverhältniß der einzelnen Präsident- schaftscandidaten folgendes: Blaine erhielt 291, Morton 125, Bristow 113, Conkling 93, Hayes 65, Hartranft 58 und Jewell 11 Stimmen. Das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/114>, abgerufen am 14.05.2024.