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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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den schweren Eichenthüren, die zugleich mit eingelegter Arbeit geschmückt sind.
Aber daß das Gebäude auf einen glänzenden Hofhalt, als Wohnung eines
prachtliebenden und gebildeten Herrn berechnet war, das erkennt man nicht
nur an der Stattlichkeit der Räume, sondern auch noch an einer reichen An¬
zahl von Gemälden, deren Betrachtung freilich fast unmöglich gemacht ist,
da sie ohne jede Ordnung in einigen Zimmern übereinandergehäuft liegen;
doch scheint die Sammlung wesentlich aus italienischen Bildern zu bestehen
und nicht ohne Werth zu sein, nur müßte eine ordnende Hand das Werth-
volle vom Werthlosen sondern. Denkt man sich aber die Säle des Schlosses
entsprechend decorirt, ausgestattet mit der Pracht eines fürstlichen Hofhaltes
und belebt von den Prälaten und den Gästen ihrer glänzenden Jagden, so
gewinnt man ein Bild, das aufs Lebhafteste in die Zeit der weltlichen Macht
des Stiftes zurückversetzt. Jetzt ist Schloß Röchelstein fast aller Zierden be¬
raubt; nur eine, die schönste, ist ihm geblieben: der unvergleichliche Blick
hinunter nach dem grünen Thale der vielgewundenen Enns, aus dem die
weißen Gebäude des Stiftes herausglänzen, und hinüber zu den grauen
Häuptern des Gebirges, von dessen durchfurchten Flanken der Winterschnee
Dr. Otto Kaemmel. herüberblinkt.




Ile Ursachen der Losreijzung Wort-Amerikas von
Lngland.
4.
Von Dr. Arthur Kleinschmidt.

Die Amerikaner waren geschlagen und zur Flucht genöthigt worden,
aber es war ein nicht zu unterschätzender Erfolg, ein moralischer Sieg, daß
ihre rasch aufgeworfenen Erdschollen einem so ausgezeichneten Heere wie dem
englischen zu trotzen vermocht hatten. Franklin hatte Recht, als er nach
England schrieb: "Amerikaner schlagen sich, England hat seine Colonien auf
immer verloren!"

Die Generale unter Washington's Oberbefehl wurden jetzt gewählt, er
selbst aber zog nach New-York, wo er am 25. Juni festlich empfangen wurde.
Der Congreß, der keine Steuern auferlegen konnte, half sich bei der Finanz-
noth mit dem gefährlichen Auswege des Colonialpaptergeldes, welches das


den schweren Eichenthüren, die zugleich mit eingelegter Arbeit geschmückt sind.
Aber daß das Gebäude auf einen glänzenden Hofhalt, als Wohnung eines
prachtliebenden und gebildeten Herrn berechnet war, das erkennt man nicht
nur an der Stattlichkeit der Räume, sondern auch noch an einer reichen An¬
zahl von Gemälden, deren Betrachtung freilich fast unmöglich gemacht ist,
da sie ohne jede Ordnung in einigen Zimmern übereinandergehäuft liegen;
doch scheint die Sammlung wesentlich aus italienischen Bildern zu bestehen
und nicht ohne Werth zu sein, nur müßte eine ordnende Hand das Werth-
volle vom Werthlosen sondern. Denkt man sich aber die Säle des Schlosses
entsprechend decorirt, ausgestattet mit der Pracht eines fürstlichen Hofhaltes
und belebt von den Prälaten und den Gästen ihrer glänzenden Jagden, so
gewinnt man ein Bild, das aufs Lebhafteste in die Zeit der weltlichen Macht
des Stiftes zurückversetzt. Jetzt ist Schloß Röchelstein fast aller Zierden be¬
raubt; nur eine, die schönste, ist ihm geblieben: der unvergleichliche Blick
hinunter nach dem grünen Thale der vielgewundenen Enns, aus dem die
weißen Gebäude des Stiftes herausglänzen, und hinüber zu den grauen
Häuptern des Gebirges, von dessen durchfurchten Flanken der Winterschnee
Dr. Otto Kaemmel. herüberblinkt.




Ile Ursachen der Losreijzung Wort-Amerikas von
Lngland.
4.
Von Dr. Arthur Kleinschmidt.

Die Amerikaner waren geschlagen und zur Flucht genöthigt worden,
aber es war ein nicht zu unterschätzender Erfolg, ein moralischer Sieg, daß
ihre rasch aufgeworfenen Erdschollen einem so ausgezeichneten Heere wie dem
englischen zu trotzen vermocht hatten. Franklin hatte Recht, als er nach
England schrieb: „Amerikaner schlagen sich, England hat seine Colonien auf
immer verloren!"

Die Generale unter Washington's Oberbefehl wurden jetzt gewählt, er
selbst aber zog nach New-York, wo er am 25. Juni festlich empfangen wurde.
Der Congreß, der keine Steuern auferlegen konnte, half sich bei der Finanz-
noth mit dem gefährlichen Auswege des Colonialpaptergeldes, welches das


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[0231] den schweren Eichenthüren, die zugleich mit eingelegter Arbeit geschmückt sind. Aber daß das Gebäude auf einen glänzenden Hofhalt, als Wohnung eines prachtliebenden und gebildeten Herrn berechnet war, das erkennt man nicht nur an der Stattlichkeit der Räume, sondern auch noch an einer reichen An¬ zahl von Gemälden, deren Betrachtung freilich fast unmöglich gemacht ist, da sie ohne jede Ordnung in einigen Zimmern übereinandergehäuft liegen; doch scheint die Sammlung wesentlich aus italienischen Bildern zu bestehen und nicht ohne Werth zu sein, nur müßte eine ordnende Hand das Werth- volle vom Werthlosen sondern. Denkt man sich aber die Säle des Schlosses entsprechend decorirt, ausgestattet mit der Pracht eines fürstlichen Hofhaltes und belebt von den Prälaten und den Gästen ihrer glänzenden Jagden, so gewinnt man ein Bild, das aufs Lebhafteste in die Zeit der weltlichen Macht des Stiftes zurückversetzt. Jetzt ist Schloß Röchelstein fast aller Zierden be¬ raubt; nur eine, die schönste, ist ihm geblieben: der unvergleichliche Blick hinunter nach dem grünen Thale der vielgewundenen Enns, aus dem die weißen Gebäude des Stiftes herausglänzen, und hinüber zu den grauen Häuptern des Gebirges, von dessen durchfurchten Flanken der Winterschnee Dr. Otto Kaemmel. herüberblinkt. Ile Ursachen der Losreijzung Wort-Amerikas von Lngland. 4. Von Dr. Arthur Kleinschmidt. Die Amerikaner waren geschlagen und zur Flucht genöthigt worden, aber es war ein nicht zu unterschätzender Erfolg, ein moralischer Sieg, daß ihre rasch aufgeworfenen Erdschollen einem so ausgezeichneten Heere wie dem englischen zu trotzen vermocht hatten. Franklin hatte Recht, als er nach England schrieb: „Amerikaner schlagen sich, England hat seine Colonien auf immer verloren!" Die Generale unter Washington's Oberbefehl wurden jetzt gewählt, er selbst aber zog nach New-York, wo er am 25. Juni festlich empfangen wurde. Der Congreß, der keine Steuern auferlegen konnte, half sich bei der Finanz- noth mit dem gefährlichen Auswege des Colonialpaptergeldes, welches das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/231>, abgerufen am 29.03.2024.