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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Studien über LisenbahnpotttiK
im Hinblick auf den Plan der Erwerbung deutscher Eisenbahnen durch
das Reich. Von Max Wirth. I.

Bei keiner der ökonomischen Fragen, welche in der neueren Zeit die
Staatsmänner diesseits und jenseits des Canals beschäftigt haben, ist ein so
heterogenes Gemenge verschiedener Motive und eigentlich nicht zur Natur der
Sache gehöriger Triebfedern an den Tag getreten, wie bei dem Plan der
Erwerbung der deutschen Eisenbahnen durch das Reich. Es zeigt sich eben
viel mehr wie bei der so ziemlich befriedigend erledigten Bankfrage, daß po¬
litische Rücksichten auf Seiten der Gegner noch viel mehr unterlaufen, als
bet den Anhängern des Projektes. Mögen auch die Urheber des letzteren
nicht ohne politische Hintergedanken sein, so haben sie doch bisher stich¬
haltige wirthschaftliche Gründe für ihren Plan vorgebracht. Von den
Gegnern läßt sich dieses mit wenigen rühmlichen Ausnahmen nicht behaupten.
Die meisten derselben wittern Unrath in dem Projecte, weil sie selbst eine
Verminderung ihres politischen Einflusses oder ihres persönlichen Interesses
davon fürchten. Dieses mag der Grund sein, weshalb wir bis jetzt in den
Reihen der ökonomischen Argumente gegen den Plan nur einer dürftigen
Logik begegnen.

Die politischen Gegner sind in der Hauptsache in zwei Lagern zu finden,
einestheils in dem der mittelstaatlichen Autorität, welche eine weitere Schmä¬
lerung ihrer staatlichen Befugnisse und Gewalt fürchtet, anderntheils in der
radicaleren Richtung der liberalen Partei, der Fortschrittspartei, der es tra¬
ditionell widerstrebt, den Regierungen größere Macht einzuräumen, und welche


Grenzboten lit. 187K. '!0
Studien über LisenbahnpotttiK
im Hinblick auf den Plan der Erwerbung deutscher Eisenbahnen durch
das Reich. Von Max Wirth. I.

Bei keiner der ökonomischen Fragen, welche in der neueren Zeit die
Staatsmänner diesseits und jenseits des Canals beschäftigt haben, ist ein so
heterogenes Gemenge verschiedener Motive und eigentlich nicht zur Natur der
Sache gehöriger Triebfedern an den Tag getreten, wie bei dem Plan der
Erwerbung der deutschen Eisenbahnen durch das Reich. Es zeigt sich eben
viel mehr wie bei der so ziemlich befriedigend erledigten Bankfrage, daß po¬
litische Rücksichten auf Seiten der Gegner noch viel mehr unterlaufen, als
bet den Anhängern des Projektes. Mögen auch die Urheber des letzteren
nicht ohne politische Hintergedanken sein, so haben sie doch bisher stich¬
haltige wirthschaftliche Gründe für ihren Plan vorgebracht. Von den
Gegnern läßt sich dieses mit wenigen rühmlichen Ausnahmen nicht behaupten.
Die meisten derselben wittern Unrath in dem Projecte, weil sie selbst eine
Verminderung ihres politischen Einflusses oder ihres persönlichen Interesses
davon fürchten. Dieses mag der Grund sein, weshalb wir bis jetzt in den
Reihen der ökonomischen Argumente gegen den Plan nur einer dürftigen
Logik begegnen.

Die politischen Gegner sind in der Hauptsache in zwei Lagern zu finden,
einestheils in dem der mittelstaatlichen Autorität, welche eine weitere Schmä¬
lerung ihrer staatlichen Befugnisse und Gewalt fürchtet, anderntheils in der
radicaleren Richtung der liberalen Partei, der Fortschrittspartei, der es tra¬
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[0289] Studien über LisenbahnpotttiK im Hinblick auf den Plan der Erwerbung deutscher Eisenbahnen durch das Reich. Von Max Wirth. I. Bei keiner der ökonomischen Fragen, welche in der neueren Zeit die Staatsmänner diesseits und jenseits des Canals beschäftigt haben, ist ein so heterogenes Gemenge verschiedener Motive und eigentlich nicht zur Natur der Sache gehöriger Triebfedern an den Tag getreten, wie bei dem Plan der Erwerbung der deutschen Eisenbahnen durch das Reich. Es zeigt sich eben viel mehr wie bei der so ziemlich befriedigend erledigten Bankfrage, daß po¬ litische Rücksichten auf Seiten der Gegner noch viel mehr unterlaufen, als bet den Anhängern des Projektes. Mögen auch die Urheber des letzteren nicht ohne politische Hintergedanken sein, so haben sie doch bisher stich¬ haltige wirthschaftliche Gründe für ihren Plan vorgebracht. Von den Gegnern läßt sich dieses mit wenigen rühmlichen Ausnahmen nicht behaupten. Die meisten derselben wittern Unrath in dem Projecte, weil sie selbst eine Verminderung ihres politischen Einflusses oder ihres persönlichen Interesses davon fürchten. Dieses mag der Grund sein, weshalb wir bis jetzt in den Reihen der ökonomischen Argumente gegen den Plan nur einer dürftigen Logik begegnen. Die politischen Gegner sind in der Hauptsache in zwei Lagern zu finden, einestheils in dem der mittelstaatlichen Autorität, welche eine weitere Schmä¬ lerung ihrer staatlichen Befugnisse und Gewalt fürchtet, anderntheils in der radicaleren Richtung der liberalen Partei, der Fortschrittspartei, der es tra¬ ditionell widerstrebt, den Regierungen größere Macht einzuräumen, und welche Grenzboten lit. 187K. '!0

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/289>, abgerufen am 24.04.2024.