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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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SH-K-jp-r?

Die hieroglyphische Frage dieser Überschrift wird wohl keinen Leser lange
in Zweifel lassen, daß sie ausführlicher lautet: welche Vokale sind' zwischen
diese Buchstaben und Buchstabenpaare einzuschalten, wenn wir den Namen
des größten dramatischen Dichters der christlichen Zeit, den das englische Volk
den "Schwan vom Avon" nennt, richtig schreiben wollen? Bei dem seltsamen
Wesen der englischen Orthographie ist das in der That eine Frage. Gäbe
es für jeden Laut der englischen Sprache einen Buchstaben, und schriebe man,
wie man spricht, wie das die Deutschen und einige andere vernünftige Leute
thun, so wäre die Sache ganz einfach. Wie die Dinge liegen, hat George
Wise in einer Abhandlung "Ine ^uwZrg.xn ot 'Mllig.in LKaKösxöare" uns
belehrt, daß man nach der englischen Orthographie den Namen vier tausend Mal
anders und immer wieder anders schreiben kann, und Richard Grant White
führt in seinem Werke "Zneckssxöaro's Lenolar" die folgenden Beispiele als
einige von den Schreibungen an, in welchen derselbe wirklich in alten Doku¬
menten vorkommt:

Chaksper,Shagspere,Shaxper,
Shaksvere,Shaxpur,Shakspear,
Shaxpere,Shaksper,Shaxpeare,
Shakspire,Shaxsper,Shakspcere,
Shaxspere,Shackspeare,Shaxburd,
Schakspere,Saxvere,Shackspeyr,
Shakespere,Shakespire,Shakespear,
Shakespeare,Shakespeire,Shakesper,
Schakespeyr,Shackesveare,Shackespere,
Shaxespeare,Shakespear,Shakyspere.

Man bemerke, daß in der Mehrzahl der von White angeführten Bei¬
spiele der Name geschrieben ist, als ob die erste Sylbe wie Schär auszu¬
sprechen wäre, und das gilt namentlich von der Schreibweise der älteren
Documente, von denen man annehmen muß, sie schrieben den Namen, wie
er wirklich gesprochen worden. Im Testamente des Vaters unseres Dichters
heißt er Shaksspear, und der Notar, welcher den letzten Willen des Poeten
selbst aufzeichnete, schreibt ihn Shackspeare. White ist der Meinung, die
älteste Schreibung sei Shaksper oder Shakspere gewesen, und während des
Lebens des Dichters hätte sich mit dessen steigendem Ruhme der Name in
seinen Buchstaben und seiner Aussprache anders, nach damaligen Begriffen
vornehmer, gestaltet. In der Wappenverleihungs-Urkunde, die dem Vater
des Dichters vom Heroldsamte zuging, ist derselbe Shakespeare geschrieben,


SH-K-jp-r?

Die hieroglyphische Frage dieser Überschrift wird wohl keinen Leser lange
in Zweifel lassen, daß sie ausführlicher lautet: welche Vokale sind' zwischen
diese Buchstaben und Buchstabenpaare einzuschalten, wenn wir den Namen
des größten dramatischen Dichters der christlichen Zeit, den das englische Volk
den „Schwan vom Avon" nennt, richtig schreiben wollen? Bei dem seltsamen
Wesen der englischen Orthographie ist das in der That eine Frage. Gäbe
es für jeden Laut der englischen Sprache einen Buchstaben, und schriebe man,
wie man spricht, wie das die Deutschen und einige andere vernünftige Leute
thun, so wäre die Sache ganz einfach. Wie die Dinge liegen, hat George
Wise in einer Abhandlung „Ine ^uwZrg.xn ot 'Mllig.in LKaKösxöare" uns
belehrt, daß man nach der englischen Orthographie den Namen vier tausend Mal
anders und immer wieder anders schreiben kann, und Richard Grant White
führt in seinem Werke „Zneckssxöaro's Lenolar" die folgenden Beispiele als
einige von den Schreibungen an, in welchen derselbe wirklich in alten Doku¬
menten vorkommt:

Chaksper,Shagspere,Shaxper,
Shaksvere,Shaxpur,Shakspear,
Shaxpere,Shaksper,Shaxpeare,
Shakspire,Shaxsper,Shakspcere,
Shaxspere,Shackspeare,Shaxburd,
Schakspere,Saxvere,Shackspeyr,
Shakespere,Shakespire,Shakespear,
Shakespeare,Shakespeire,Shakesper,
Schakespeyr,Shackesveare,Shackespere,
Shaxespeare,Shakespear,Shakyspere.

Man bemerke, daß in der Mehrzahl der von White angeführten Bei¬
spiele der Name geschrieben ist, als ob die erste Sylbe wie Schär auszu¬
sprechen wäre, und das gilt namentlich von der Schreibweise der älteren
Documente, von denen man annehmen muß, sie schrieben den Namen, wie
er wirklich gesprochen worden. Im Testamente des Vaters unseres Dichters
heißt er Shaksspear, und der Notar, welcher den letzten Willen des Poeten
selbst aufzeichnete, schreibt ihn Shackspeare. White ist der Meinung, die
älteste Schreibung sei Shaksper oder Shakspere gewesen, und während des
Lebens des Dichters hätte sich mit dessen steigendem Ruhme der Name in
seinen Buchstaben und seiner Aussprache anders, nach damaligen Begriffen
vornehmer, gestaltet. In der Wappenverleihungs-Urkunde, die dem Vater
des Dichters vom Heroldsamte zuging, ist derselbe Shakespeare geschrieben,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/396>, abgerufen am 18.04.2024.