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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band.

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Der landwirtschaftliche Kongreß und die ländliche
Arbeiterfrage.

In dem Augenblicke, in welchem unverhüllt und ohne Scheu die Sonder¬
interessen und Sondertendenzen der Agrarier ans Licht des Tages treten und
<K>le bisher vorgehaltene Maske selbst ablegen, -- in diesem Augenblick mag
es den Lesern dieser Bl. wünschenswert!) sein an die Präludien der agrari¬
schen Bewegung und an den von den Agrariern getriebenen Mißbrauch mit
anderen Bezeichnungen erinnert zu werden. Wenn man aus den offiziellen
Aeußerungen, die hier in Frage kommen, und aus sonstigen zuverlässigen
Mittheilungen ein Bild der Vorgänge aus den Zusammenkünften und Ver¬
einigungen der sog. Landwirthe gewonnen hat, staunt man über die Aus¬
dauer und Zähigkeit der Agrarier ebenso sehr, als über die Nachgiebigkeit der
anderen Elemente, die sich von jenen Herren lange Zeit haben mißbrauchen
lassen.

Es kann nicht auffallen, daß diejenigen, die dem Ackerbau und der
'Landwirthschaft leben, im öffentlichen Leben, in Gemeinde und Kreis und
Provinz, und nicht weniger in den maßgebenden parlamentarischen Körper¬
schaften die speziellen Interessen und Rücksichten ihres Standes und ihres
Gewerbes geltend gemacht zu sehen wünschen. Als Zeichen eines gesunden
öffentlichen Lebens sehen wir es an, wenn auch aus diesen Kreisen Ver¬
einigungen zu Stande kommen, welche die allen Genossen dieses Gewerbes ge¬
meinsamen Angelegenheiten besprechen und berathen und an geeigneter Stelle
bei passender Gelegenheit vertreten. Die landwirthschaftlichen Vereine und
Vereinsverbände sind berechtigte und nützliche Einrichtungen. Bekanntlich er¬
freuen dieselben sich großer Blüthe und allseitig anerkannter Wirksamkeit.
Eine Art offizieller Vertretung ist in Preußen der Landwirthschaft zu Theil
geworden im Lar d es öko n omieco l legiu in, auf dessen Organisation hier
/''"zugehen nicht nöthig erscheint. Daß auch neben diesen Organen die Jn-


Grenzboten Hi. 187V. S6
Der landwirtschaftliche Kongreß und die ländliche
Arbeiterfrage.

In dem Augenblicke, in welchem unverhüllt und ohne Scheu die Sonder¬
interessen und Sondertendenzen der Agrarier ans Licht des Tages treten und
<K>le bisher vorgehaltene Maske selbst ablegen, — in diesem Augenblick mag
es den Lesern dieser Bl. wünschenswert!) sein an die Präludien der agrari¬
schen Bewegung und an den von den Agrariern getriebenen Mißbrauch mit
anderen Bezeichnungen erinnert zu werden. Wenn man aus den offiziellen
Aeußerungen, die hier in Frage kommen, und aus sonstigen zuverlässigen
Mittheilungen ein Bild der Vorgänge aus den Zusammenkünften und Ver¬
einigungen der sog. Landwirthe gewonnen hat, staunt man über die Aus¬
dauer und Zähigkeit der Agrarier ebenso sehr, als über die Nachgiebigkeit der
anderen Elemente, die sich von jenen Herren lange Zeit haben mißbrauchen
lassen.

Es kann nicht auffallen, daß diejenigen, die dem Ackerbau und der
'Landwirthschaft leben, im öffentlichen Leben, in Gemeinde und Kreis und
Provinz, und nicht weniger in den maßgebenden parlamentarischen Körper¬
schaften die speziellen Interessen und Rücksichten ihres Standes und ihres
Gewerbes geltend gemacht zu sehen wünschen. Als Zeichen eines gesunden
öffentlichen Lebens sehen wir es an, wenn auch aus diesen Kreisen Ver¬
einigungen zu Stande kommen, welche die allen Genossen dieses Gewerbes ge¬
meinsamen Angelegenheiten besprechen und berathen und an geeigneter Stelle
bei passender Gelegenheit vertreten. Die landwirthschaftlichen Vereine und
Vereinsverbände sind berechtigte und nützliche Einrichtungen. Bekanntlich er¬
freuen dieselben sich großer Blüthe und allseitig anerkannter Wirksamkeit.
Eine Art offizieller Vertretung ist in Preußen der Landwirthschaft zu Theil
geworden im Lar d es öko n omieco l legiu in, auf dessen Organisation hier
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[0449] Der landwirtschaftliche Kongreß und die ländliche Arbeiterfrage. In dem Augenblicke, in welchem unverhüllt und ohne Scheu die Sonder¬ interessen und Sondertendenzen der Agrarier ans Licht des Tages treten und <K>le bisher vorgehaltene Maske selbst ablegen, — in diesem Augenblick mag es den Lesern dieser Bl. wünschenswert!) sein an die Präludien der agrari¬ schen Bewegung und an den von den Agrariern getriebenen Mißbrauch mit anderen Bezeichnungen erinnert zu werden. Wenn man aus den offiziellen Aeußerungen, die hier in Frage kommen, und aus sonstigen zuverlässigen Mittheilungen ein Bild der Vorgänge aus den Zusammenkünften und Ver¬ einigungen der sog. Landwirthe gewonnen hat, staunt man über die Aus¬ dauer und Zähigkeit der Agrarier ebenso sehr, als über die Nachgiebigkeit der anderen Elemente, die sich von jenen Herren lange Zeit haben mißbrauchen lassen. Es kann nicht auffallen, daß diejenigen, die dem Ackerbau und der 'Landwirthschaft leben, im öffentlichen Leben, in Gemeinde und Kreis und Provinz, und nicht weniger in den maßgebenden parlamentarischen Körper¬ schaften die speziellen Interessen und Rücksichten ihres Standes und ihres Gewerbes geltend gemacht zu sehen wünschen. Als Zeichen eines gesunden öffentlichen Lebens sehen wir es an, wenn auch aus diesen Kreisen Ver¬ einigungen zu Stande kommen, welche die allen Genossen dieses Gewerbes ge¬ meinsamen Angelegenheiten besprechen und berathen und an geeigneter Stelle bei passender Gelegenheit vertreten. Die landwirthschaftlichen Vereine und Vereinsverbände sind berechtigte und nützliche Einrichtungen. Bekanntlich er¬ freuen dieselben sich großer Blüthe und allseitig anerkannter Wirksamkeit. Eine Art offizieller Vertretung ist in Preußen der Landwirthschaft zu Theil geworden im Lar d es öko n omieco l legiu in, auf dessen Organisation hier /''«zugehen nicht nöthig erscheint. Daß auch neben diesen Organen die Jn- Grenzboten Hi. 187V. S6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157684/449>, abgerufen am 25.04.2024.