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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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Gesellschaft und der geistreichen Kreise in Paris, die sich um die Herzogin
von Maine gruppirten, und hierauf die vornehmen quietistischen und pietistischen
Gesellschaften in Westdeutschland mit ihren Damen. Ein weiteres Kapitel
führt uns an die deutschen Höfe des vorigen Jahrhunderts und bringt Por¬
träts u. A. von Sophie von Hannover und Sophie Charlotte von Preußen.
Wieder ein anderes beschäftigt sich mit den hervorragenden Frauen aus der
ersten Zeit Ludwigs des Fünfzehnten. Dann werden wir in die geistige
Bewegung der damaligen französischen Gesellschaft eingeführt; die Stellung
der Frauen zur Philosophie der Zeit und der Salon der Marquise von
Lambert werden geschildert, Frau Fontaine - Martel geht an uns vorüber,
wir blicken in die lustigen Abende bei Frau Denis und in das Neuigkeits-
bureau der Madame Doublet u. d. Das nächste Kapitel zeigt uns Voltaire
und seine "göttliche Emilie." Im weiteren Verlauf betrachtet der Verfasser
die Geistesbildung der deutschen Frauen in der ersten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts und -- in etwas wunderlicher Verbindung in demselben Ab¬
schnitte -- die Frauenmoden unter Ludwig dem Fünfzehnten. Das Schlu߬
capitel endlich hat es zunächst mit Friedrich Wilhelm I. von Preußen und seiner
geschichtlichen Bedeutung für Preußen und Deutschland zu thun, bespricht
dann sein Verhältniß zu seiner Gemahlin und seinen Kindern und endigt
mit einem Bilde der Markgräfin Wilhelmine von Baireuth, der bekannten
Schwester Friedrichs des Großen. Etwas Neues über den Gegenstand des
Buches erfahren wir in allem dem nicht. Aber der Verfasser weiß im Ganzen
hübsch zu erzählen und lebhaft zu schildern. Nur hätte er in der Heran¬
ziehung von Personen und Verhältnissen, die nur mittelbar zu den Frauen
des achtzehnten Jahrhunderts in Beziehung stehen und nur zum Verständniß
der letzteren erwähnt und characterisirt werden mußten, sich kürzer fassen
sollen. Was soll z. B. in Capitel 4 die breite Erzählung vom vertrockneten
Lutherthum und seinen Zionswächtern, und was hat die ausführliche Charac-
teristik des Vaters Friedrichs des Großen, der wir im Schlußcapitel begegnen,
während hier von Wilhelmine von Baireuth nur aus 6 Seiten die Rede
ist, in einem Buche zu suchen, das uns vor Allem Frauen schildern will?


Das Gastmahl des Trimalchio. Ein Cultur- und Sittengemälde aus der Zeit
des Kaisers Nero. Nach den Satiren des Petronius von Heinrich Merkens.
Jena, Hermann Costenoble, 1876.

Die Satiren des Petronius sind, wie wir den Philologen und Historikern
unter unsern Lesern nicht zu sagen brauchen, ein getreues und ungemein
lebendiges Bild der Sitten, die um die Mitte des ersten Jahrhunderts unsrer
Zeitrechnung in den Kreisen der reichen Römer herrschten, und das Gastmahl
des Trimalchio ist ein Bruchstück oder eine Episode dieses culturgeschichtlichen


Gesellschaft und der geistreichen Kreise in Paris, die sich um die Herzogin
von Maine gruppirten, und hierauf die vornehmen quietistischen und pietistischen
Gesellschaften in Westdeutschland mit ihren Damen. Ein weiteres Kapitel
führt uns an die deutschen Höfe des vorigen Jahrhunderts und bringt Por¬
träts u. A. von Sophie von Hannover und Sophie Charlotte von Preußen.
Wieder ein anderes beschäftigt sich mit den hervorragenden Frauen aus der
ersten Zeit Ludwigs des Fünfzehnten. Dann werden wir in die geistige
Bewegung der damaligen französischen Gesellschaft eingeführt; die Stellung
der Frauen zur Philosophie der Zeit und der Salon der Marquise von
Lambert werden geschildert, Frau Fontaine - Martel geht an uns vorüber,
wir blicken in die lustigen Abende bei Frau Denis und in das Neuigkeits-
bureau der Madame Doublet u. d. Das nächste Kapitel zeigt uns Voltaire
und seine „göttliche Emilie." Im weiteren Verlauf betrachtet der Verfasser
die Geistesbildung der deutschen Frauen in der ersten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts und — in etwas wunderlicher Verbindung in demselben Ab¬
schnitte — die Frauenmoden unter Ludwig dem Fünfzehnten. Das Schlu߬
capitel endlich hat es zunächst mit Friedrich Wilhelm I. von Preußen und seiner
geschichtlichen Bedeutung für Preußen und Deutschland zu thun, bespricht
dann sein Verhältniß zu seiner Gemahlin und seinen Kindern und endigt
mit einem Bilde der Markgräfin Wilhelmine von Baireuth, der bekannten
Schwester Friedrichs des Großen. Etwas Neues über den Gegenstand des
Buches erfahren wir in allem dem nicht. Aber der Verfasser weiß im Ganzen
hübsch zu erzählen und lebhaft zu schildern. Nur hätte er in der Heran¬
ziehung von Personen und Verhältnissen, die nur mittelbar zu den Frauen
des achtzehnten Jahrhunderts in Beziehung stehen und nur zum Verständniß
der letzteren erwähnt und characterisirt werden mußten, sich kürzer fassen
sollen. Was soll z. B. in Capitel 4 die breite Erzählung vom vertrockneten
Lutherthum und seinen Zionswächtern, und was hat die ausführliche Charac-
teristik des Vaters Friedrichs des Großen, der wir im Schlußcapitel begegnen,
während hier von Wilhelmine von Baireuth nur aus 6 Seiten die Rede
ist, in einem Buche zu suchen, das uns vor Allem Frauen schildern will?


Das Gastmahl des Trimalchio. Ein Cultur- und Sittengemälde aus der Zeit
des Kaisers Nero. Nach den Satiren des Petronius von Heinrich Merkens.
Jena, Hermann Costenoble, 1876.

Die Satiren des Petronius sind, wie wir den Philologen und Historikern
unter unsern Lesern nicht zu sagen brauchen, ein getreues und ungemein
lebendiges Bild der Sitten, die um die Mitte des ersten Jahrhunderts unsrer
Zeitrechnung in den Kreisen der reichen Römer herrschten, und das Gastmahl
des Trimalchio ist ein Bruchstück oder eine Episode dieses culturgeschichtlichen


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[0159] Gesellschaft und der geistreichen Kreise in Paris, die sich um die Herzogin von Maine gruppirten, und hierauf die vornehmen quietistischen und pietistischen Gesellschaften in Westdeutschland mit ihren Damen. Ein weiteres Kapitel führt uns an die deutschen Höfe des vorigen Jahrhunderts und bringt Por¬ träts u. A. von Sophie von Hannover und Sophie Charlotte von Preußen. Wieder ein anderes beschäftigt sich mit den hervorragenden Frauen aus der ersten Zeit Ludwigs des Fünfzehnten. Dann werden wir in die geistige Bewegung der damaligen französischen Gesellschaft eingeführt; die Stellung der Frauen zur Philosophie der Zeit und der Salon der Marquise von Lambert werden geschildert, Frau Fontaine - Martel geht an uns vorüber, wir blicken in die lustigen Abende bei Frau Denis und in das Neuigkeits- bureau der Madame Doublet u. d. Das nächste Kapitel zeigt uns Voltaire und seine „göttliche Emilie." Im weiteren Verlauf betrachtet der Verfasser die Geistesbildung der deutschen Frauen in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts und — in etwas wunderlicher Verbindung in demselben Ab¬ schnitte — die Frauenmoden unter Ludwig dem Fünfzehnten. Das Schlu߬ capitel endlich hat es zunächst mit Friedrich Wilhelm I. von Preußen und seiner geschichtlichen Bedeutung für Preußen und Deutschland zu thun, bespricht dann sein Verhältniß zu seiner Gemahlin und seinen Kindern und endigt mit einem Bilde der Markgräfin Wilhelmine von Baireuth, der bekannten Schwester Friedrichs des Großen. Etwas Neues über den Gegenstand des Buches erfahren wir in allem dem nicht. Aber der Verfasser weiß im Ganzen hübsch zu erzählen und lebhaft zu schildern. Nur hätte er in der Heran¬ ziehung von Personen und Verhältnissen, die nur mittelbar zu den Frauen des achtzehnten Jahrhunderts in Beziehung stehen und nur zum Verständniß der letzteren erwähnt und characterisirt werden mußten, sich kürzer fassen sollen. Was soll z. B. in Capitel 4 die breite Erzählung vom vertrockneten Lutherthum und seinen Zionswächtern, und was hat die ausführliche Charac- teristik des Vaters Friedrichs des Großen, der wir im Schlußcapitel begegnen, während hier von Wilhelmine von Baireuth nur aus 6 Seiten die Rede ist, in einem Buche zu suchen, das uns vor Allem Frauen schildern will? Das Gastmahl des Trimalchio. Ein Cultur- und Sittengemälde aus der Zeit des Kaisers Nero. Nach den Satiren des Petronius von Heinrich Merkens. Jena, Hermann Costenoble, 1876. Die Satiren des Petronius sind, wie wir den Philologen und Historikern unter unsern Lesern nicht zu sagen brauchen, ein getreues und ungemein lebendiges Bild der Sitten, die um die Mitte des ersten Jahrhunderts unsrer Zeitrechnung in den Kreisen der reichen Römer herrschten, und das Gastmahl des Trimalchio ist ein Bruchstück oder eine Episode dieses culturgeschichtlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/159>, abgerufen am 29.04.2024.