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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band.

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in der als peinlich behandelten Sache eine Appellation an das Reichs-
kammergericht nicht zulässig war.

Azuardo hat gegen dies Erkenntniß zwar auch noch die Revision ein¬
gelegt. Es ist über dieselbe auch verfahren, eine Entscheidung auf dieselbe
aber nicht gegeben worden.

Diese Beispiele werden genügen, um uns ein recht anmuthiges Bild der
guten alten Rechtspflege zu verschaffen.




Kuh dem Leben eines "Iompejaners.
i.
Von Dr. R. Schoener in Rom.

An einem Sommerabend voll campanischer Wärme, Farbengluth und
Duftschwere kehrte ich aus den Weingeländen, die den Fuß des Vesuv um¬
säumen, nach einer ermüdenden Wanderung über seine Lavafelder zurück.
Zwischen den schwarzgrauen, aus Lava und vulkanischen Schlacken errichteten
Mauern, welche die Gärten einschließen, lenkte ich meinen Schritt nach den
Ruinen von Pompeji, die ich ruhig und ausgestorben vor mir liegen sah.
Es herrschte die tiefste Stille in der Landschaft. Kein Ton eines Vogels,
nicht das Zirpen einer Cicade, selbst nicht der langgezogene Gesang, den man
sonst von nah oder fern herübertönen hört, war zu vernehmen. Die Ei¬
dechsen, die im heißen Sonnenstrahl auf Mauern und Wegen hin und her
huschend Alles zu beleben pflegen, waren im Abendschatten verschwunden;
kein Luftzug berührte das dichte Laub der Simonen - und Lorbeerbäume und
der Weinreben, die schwerbeladen von Aesten und Mauern herniederhtngen,
ganz in den Schatten eingehüllt, den sie Mittags so lockend darbieten, und
nur die Berge ringsum und die ernsten hohen Wipfel der Pinien strahlten
Noch die Sonnengluth zurück.

Zuweilen schaute ich mich um, den Vesuv zu betrachten, der in bläuliche,
violette und rothe Farben getaucht war, die zwischen und über dem dunkeln
Grün aufleuchteten. Dann sah ich, daß die Rauchwolke, die während des
Tages leicht und weiß aufgewirbelt war, gleich einer Pinie den majestätischen
Gipfel krönend, jetzt sich gesenkt hatte, wie eine riesige feurige Schlange zur
Seite des Berges hinabwallte und mir den Anblick des Meeres und der
Inseln verbarg.


in der als peinlich behandelten Sache eine Appellation an das Reichs-
kammergericht nicht zulässig war.

Azuardo hat gegen dies Erkenntniß zwar auch noch die Revision ein¬
gelegt. Es ist über dieselbe auch verfahren, eine Entscheidung auf dieselbe
aber nicht gegeben worden.

Diese Beispiele werden genügen, um uns ein recht anmuthiges Bild der
guten alten Rechtspflege zu verschaffen.




Kuh dem Leben eines "Iompejaners.
i.
Von Dr. R. Schoener in Rom.

An einem Sommerabend voll campanischer Wärme, Farbengluth und
Duftschwere kehrte ich aus den Weingeländen, die den Fuß des Vesuv um¬
säumen, nach einer ermüdenden Wanderung über seine Lavafelder zurück.
Zwischen den schwarzgrauen, aus Lava und vulkanischen Schlacken errichteten
Mauern, welche die Gärten einschließen, lenkte ich meinen Schritt nach den
Ruinen von Pompeji, die ich ruhig und ausgestorben vor mir liegen sah.
Es herrschte die tiefste Stille in der Landschaft. Kein Ton eines Vogels,
nicht das Zirpen einer Cicade, selbst nicht der langgezogene Gesang, den man
sonst von nah oder fern herübertönen hört, war zu vernehmen. Die Ei¬
dechsen, die im heißen Sonnenstrahl auf Mauern und Wegen hin und her
huschend Alles zu beleben pflegen, waren im Abendschatten verschwunden;
kein Luftzug berührte das dichte Laub der Simonen - und Lorbeerbäume und
der Weinreben, die schwerbeladen von Aesten und Mauern herniederhtngen,
ganz in den Schatten eingehüllt, den sie Mittags so lockend darbieten, und
nur die Berge ringsum und die ernsten hohen Wipfel der Pinien strahlten
Noch die Sonnengluth zurück.

Zuweilen schaute ich mich um, den Vesuv zu betrachten, der in bläuliche,
violette und rothe Farben getaucht war, die zwischen und über dem dunkeln
Grün aufleuchteten. Dann sah ich, daß die Rauchwolke, die während des
Tages leicht und weiß aufgewirbelt war, gleich einer Pinie den majestätischen
Gipfel krönend, jetzt sich gesenkt hatte, wie eine riesige feurige Schlange zur
Seite des Berges hinabwallte und mir den Anblick des Meeres und der
Inseln verbarg.


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[0257] in der als peinlich behandelten Sache eine Appellation an das Reichs- kammergericht nicht zulässig war. Azuardo hat gegen dies Erkenntniß zwar auch noch die Revision ein¬ gelegt. Es ist über dieselbe auch verfahren, eine Entscheidung auf dieselbe aber nicht gegeben worden. Diese Beispiele werden genügen, um uns ein recht anmuthiges Bild der guten alten Rechtspflege zu verschaffen. Kuh dem Leben eines "Iompejaners. i. Von Dr. R. Schoener in Rom. An einem Sommerabend voll campanischer Wärme, Farbengluth und Duftschwere kehrte ich aus den Weingeländen, die den Fuß des Vesuv um¬ säumen, nach einer ermüdenden Wanderung über seine Lavafelder zurück. Zwischen den schwarzgrauen, aus Lava und vulkanischen Schlacken errichteten Mauern, welche die Gärten einschließen, lenkte ich meinen Schritt nach den Ruinen von Pompeji, die ich ruhig und ausgestorben vor mir liegen sah. Es herrschte die tiefste Stille in der Landschaft. Kein Ton eines Vogels, nicht das Zirpen einer Cicade, selbst nicht der langgezogene Gesang, den man sonst von nah oder fern herübertönen hört, war zu vernehmen. Die Ei¬ dechsen, die im heißen Sonnenstrahl auf Mauern und Wegen hin und her huschend Alles zu beleben pflegen, waren im Abendschatten verschwunden; kein Luftzug berührte das dichte Laub der Simonen - und Lorbeerbäume und der Weinreben, die schwerbeladen von Aesten und Mauern herniederhtngen, ganz in den Schatten eingehüllt, den sie Mittags so lockend darbieten, und nur die Berge ringsum und die ernsten hohen Wipfel der Pinien strahlten Noch die Sonnengluth zurück. Zuweilen schaute ich mich um, den Vesuv zu betrachten, der in bläuliche, violette und rothe Farben getaucht war, die zwischen und über dem dunkeln Grün aufleuchteten. Dann sah ich, daß die Rauchwolke, die während des Tages leicht und weiß aufgewirbelt war, gleich einer Pinie den majestätischen Gipfel krönend, jetzt sich gesenkt hatte, wie eine riesige feurige Schlange zur Seite des Berges hinabwallte und mir den Anblick des Meeres und der Inseln verbarg.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157686/257>, abgerufen am 29.04.2024.